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WOMAN.AT- Interview mit Marie Theres Kroetz-Relin
von Miriam Berger, erschienen am 15.10.04


Dass es ein Schweinchen aufs Cover des neuen Buches der streitbaren Queen of the House geschafft hat, liegt allerdings weniger an dieser Seelenverwandtschaft, als an dem Sprichwort, das auch dem Buch denTitel gibt: „If Pigs Could Fly“- seufzt man im englischsprachigen Raum wenn man Unmögliches möglich machen will. „Wenn Schweine fliegen könnten“ hat sich auch Maria Schells Tochter auf die Fahnen geheftet, um ihren Aufstand zu proben. Mit der Hausfrauenrevolution will die Frau des deutschen Dramatikers Franz Xaver Kroetz,58, und Mutter von Josephine,16, Magdalena,12 und Ferdinand 9 weit über 15 Millionen Hausfrauen in Deutschland und Österreich vernetzen. Das unattraktive Image der „Managerinnen zum Nulltarif“ soll mit vereinten Kräften aufpoliert werden.
Dass ausgerechnet die schöne Tochter von Maria Schell und Regisseur Veit Relin die aufgelegten Pfade Richtung Leinwand verließ und Applaus gegen Kochtopfgeklapper eingetauscht hat, mag an ihrer eigenen Kindheit liegen. „Meine Mutter stand voll im Beruf und immer hieß es wieder Abschied nehmen“, erinnert sie sich. „Mir war es ein Bedürfnis, meinen Kindern den Vorrang zu geben.“ Dass ihre Berufung nicht nur unbezahllt und einsam sondern sich zusätzlich auch nicht grad als Renomee erwies –„die allgemeine Meinung lautet doch, daß eine Hausfrau eh nicht viel tut-„ stank ihr eines Tages gewaltig. Und mit wachsendem Grimm zettelte sie die Hausfrauenrevolution an, deren aktuellster Zündstoff das handfeste aber durchaus humorvolle Buch ist. Gesammelte Geschichten aus ihrer – und der Feder vieler anderer Beteiligter. Denn im Gegensatz zu den „armen Schweinen“ können sich Hausfrauen dagegen wehren, „in die Pfanne gehaun“ zu werden. In WOMAN erzählt Marie Theres Kroetz-Relin, Österreicherin mit Schweizer Staatsbürgerschaft und Wohnsitzen in Teneriffa und am Chiemesee, warum ihr die häusliche Bühne die liebste ist.
„ bin die tochter von...“
Woman: Es ist Mittag und Sie haben sicher schon einiges erledigt.?
Kroetz-Relin: Naja, drei Kinder in die Schule verfrachten ist jeden Tag eine Aktion. Dann war ich einkaufen, hab alles geschleppt und eingeräumt und jetzt räum ich grad auf. Sie wissen eh: Die Kinder lassen alles liegen!
Woman: Keine Haushaltshilfe?
Kroetz-Relin: Nein, nie gehabt. Mit einer Nanny ist halt doch ständig eine fremde Person im Haus.
Woman: Für die Hausfrauenrevolution geht sicher auch Zeit drauf.
Kroetz-Relin: Das ist schon fast ein Fulltime-Job. Das Internet-Forum gibt’s jetzt fast zwei Jahre. Ich hab mir damit genau die Arbeit geschaffen, von der ich immer geträumt habe. Austausch mit anderen Menschen, das Hirn trocknet nicht ein und trotzdem muß ich nicht aus dem Haus.
Woman: Vom Schauspielerberuf träumten Sie nie ?
Kroetz-Relin: Nein. Ich bin Schauspielerin geworden, weil ich vorbelastet war. Bei 13 Schauspielern in der Familie! Aber auch wenn ich gleich einmal die Goldene Kamera bekam, hätte ich letztlich doch nicht mehr erreichen können, als diverse TV-Serien zu bedienen. Bei meiner Mutter waren die Zeiten noch anders. Sie hat eine Weltkarriere gemacht. Wer kann das heute schon von sich sagen, außer ein paar in Hollywood.
Woman: Und das Agieren vor der Kamera geht Ihnen nie ab?
Kroetz-Relin: Nein. An die ganz großen Rollen komm ich nicht ran und da ist mir eine Karriere als Hausfrauen -Revolutionärin weitaus lieber. Wir haben durch das Forum schon so viele Leben positiv verändert. Da pfeif ich doch drauf vor der Kamera herumzuspringen und mich bevormunden lassen zu müssen.
Woman: Da stellen die Hausfrauen ein besseres Publikum?
Kroetz-Relin: Allein in Deutschland gibt’s 15 Millionen Nur - Hausfrauen, in Österreich haben wir auch viele ganz tolle Mitglieder.
Woman: Worum geht’s genau?
Kroetz-Relin: Wir müssen zu unserem Beruf stehen, das Wort Hausfrau mit Stolz aussprechen. Wenn wir einmal streiken, wird’ s nämlich eng. Wir haben ein wahnsinniges Fachwissen, sind Ehefrau, Mutter, Geliebte, Muse, Putzfrau, Köchin, Seelsorgerin, Krankenschwester, Gärtnerin, Chauffeurin, Event-Veranstalterin, Sekretärin, Ernährungsexpertin, und Improvisationstalent.
Woman: Das für Null Anerkennung?
Kroetz-Relin: Unsere Gesellschaft wird doch insgesamt immer familienfeindlicher. Von den Betreuungsmöglichkeiten angefangen bis zu den Lebenshaltungskosten. Wer sich heute für Kinder entscheidet, zahlt doch nur drauf. Ist es ein Wunder, daß immer weniger Frauen eine Motivation haben, Kinder in die Welt zu setzen?
Woman: Wie war das bei Ihnen?
Kroetz-Relin: Das erste Kind war nicht geplant, da war ich 21. Aber mein Mutterinstinkt war gleich so ausgeprägt, dass ich wußte: Kinder haben für mich Vorrang.
Woman: Viele Frauen versuchen erfolgreich Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen ?
Kroetz-Relin: Auch ok! Ohne Hilfe ist es allerdings ziemlich schwierig.Wer keine Oma hat und kein Kindermädchen ... Wie auch immer: Wenn man sich bewußt für die Familie entscheidet, muß das ebenso anerkannt werden.
Woman: Irgendwann brauchen einen die Kinder nicht mehr so?
Kroetz-Relin: Es kommt der Punkt, da muss man beginnen loszulassen. Da meldet sich dann wieder, was man all die Jahre zu rückgedrängt hat. Die eigene Kreativität. Die braucht unbedingt ihr Ventil, sonst wird man sehr unglücklich.
Woman: Leicht gesagt...
Kroetz-Relin: Ja leider? Wie viele Hausfrauen leiden an Isolation und Einsamkeit, die Chancen wieder in einen Beruf einzusteigen sindauch nicht rosig. Das sind alles Punkte, die wir mit unserem mittlerweile riesigen Netz an Hausfrauen angehen.
Woman: Haben Sie das hausfräuliche Wissen von der Mutter?
Kroetz-Relin: Von meiner Oma, sie hat mich geprägt. Sie hat jung das erste Kind bekommen, ich auch. Sie hat für ihre Kinder die Schauspielkarriere aufgegeben, ich auch. Sie war mit einem Dichter verheiratet, ich bin es auch. Zuletzt wohnte sie auf der Alm in Kärnten, wo jetzt meine Mutter lebt..
Woman: Waren Sie als Kind auf ihre Mutter böse, weil sie so wenig Zeit hatte?
Kroetz-Relin: Böse kann man nicht sagen. Aber ich mußte immer wieder Abschied nehmen, das war sehr schwer. Sie war ja oft monatelang unterwegs. Sie hat geschrieben und angerufen aber sie war eben nicht da, wenn ich Probleme hatte. Aber ich war stolz auf meine berühmte Mama. Auch wenn ich mein Leben lang die Tochter von bin. Ich nenne das meinen Adelstitel (lacht).
Woman: Besuchen Sie Ihre Mutter häufig?
Kroetz-Relin: Schon. Und wir telefonieren regelmäßig.
Woman: Es muß schwer sein, sie als Pflegefall zu erleben.?
Kroetz-Relin: Das ist sehr schwer. Die Mami lebt in einer Art Dämmerzustand, in einer anderen Welt Aber sie beschreibt mir diese Welt als schön und das ist ein Trost.
Woman: Sie erkennt Sie aber?
Kroetz-Relin: Das schon. In lichten Momenten können wir uns auch gut unterhalten. Da blüht sie richtig auf.
Woman: Unterstützt Sie Ihr Mann
Kroetz-Relin: Wenn ich nicht da bin betreut er alles. Er wurde auf seine alten Tage noch umgeschult auf Hausmann (lacht).
Woman: Wie schafft man es 16 Jahre glücklich verheiratet zu sein?
Kroetz-Relin: Indem man an der Liebe arbeitet. Als er merkte, dass ich Veränderung brauche, hat er mich unterstützt, nicht auf stur geschalten. Ein wichtiger Punkt im Zusammenleben ist auch: Nichts als selbstverständlich hinnehmen. Kritik ist so schnell hingeworfen und mit Lob tun wir uns schwer. Man muß auch in der Familie Danke sagen können!
Woman: Wofür zollen Sie sich selbst Anerkennung?
Kroetz-Relin: Dass ich heute trotz Trauma Abschied nehmen kann. Denn man erfährt tausende Abschiede im Leben. Von Menschen und von Lebensphasen. Das Gute ist, dass jeder Abschied auch für einen neuen Anfang steht.

Mit freundlicher Genehmigung von www.woman.at