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Gabriele Belz-Hammer
ADHS und Legasthenie
Über uns gibt es so einiges zu berichten!

Christian (13) unser großer, war schon von Geburt an ein sehr süßes aber anstrengendes Kind (schreien, nicht schlafen, über Tisch und Bänke).
Als er 2 1/2 J. alt war, hatten wir den Verdacht, dass er hyperaktiv ist. Ein sehr erfahrener Kinderarzt stellte das auch prompt fest. Sofort begannen wir mit Ergotherapie und Förderung. Die Ergotherapeutin stellte dann Koordinationsprobleme, Gleichgewichtsstörungen, Grob- u. Feinmotorische Störungen usw. fest. Das hieß 2 x wöchentlich Termine. Ich ging in keine Krabbelgruppe, Spielkreis o.ä., denn Christian fiel dort negativ auf und ich hatte keine Lust, mich immer für ihn zu rechtfertigen. Wichtig ist auch noch bis heute, dass wir darauf achten, was er isst und trinkt: er sollte keine Farb- und Konservierungsstoffe sowie andere Zusätze zu sich nehmen, das kann fatale Folgen haben. Wir stellten schnell fest, was erlaubt und was verboten ist.

Bevor er zur Schule kam konsultierten wir eine Kinderpsychologin. Die testete Christian aus und diagnostizierte ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit Hyperaktivität). Mit diesem Befund begannen wir bei ihr verschiedene Therapien.
Christian ist ein begabtes und sehr musikalisches Kind, spielt super Klavier, möchte in Wien studieren und Lehrer werden (Die Wurzeln meiner Mutter sind in Wien und wir verbringen sehr gern viel Zeit dort. Ich liebe diese Stadt!).
Die Schulzeit war bis jetzt zur 8. Klasse (Gymnasium) sehr Nerven aufreibend und anstrengend! Ich musste mich voll auf die Hausaufgabenkämpfe einstellen, die täglich ca. 4 Std. dauerten für Stoff, der gut in 1. Std. erledigt werden kann. Heute ist er in der Lage, Hausaufgaben allein zu erledigen und sich auch einigermaßen gut auf Arbeiten vorzubereiten.
Ich (Wir) haben durchgehalten und auch Christian war GOTT SEI DANK von Anfang an immer therapiewillig. Auch heute geht er noch in 3-wöchigen Abständen zur Therapie. Aber natürlich gestaltete sich auch das Leben vor und nach der Schule im ganz normalen Alltag immer wahnsinnig chaotisch und es gibt auch heute noch Momente, in denen er sich sehr schlecht unter Kontrolle hat und sich nicht steuern kann.
Wir sind trotz allem sehr stolz auf Christian, dass er diese Entwicklung genommen hat.

Florian ist 10 Jahre alt, besucht das Gymnasium und ist Legastheniker.
Legasthenie ist eine Lese- u. Rechtschreibschwäche, die sich bei jedem anders darstellt. Legasthenie ist bei uns in Hessen anerkannt und gesetzlich verankert.
Ende der 1. Klasse wurde uns bewusst, dass Florian nur sehr widerwillig las und sich auch beim Schreiben sehr schwer tat. Für die Lehrer war er nur faul. Wir beobachteten das Ganze und wendeten uns wieder an die Kinderpsychologin. Florian hatte mittlerweile einige Misserfolge einstecken müssen, mit denen er sehr schlecht fertig geworden ist. Wir brauchten Hilfe. Er wurde getestet und es stellte sich heraus, dass er sehr stark betroffen ist. Vor allem Rechtschreibung ist ein großes Problem für ihn.
Bei beiden Kindern konnten wir die Erfahrung machen, dass sich Eltern engagieren müssen. Beide Kinder hätten Schiffbruch erlitten wenn wir uns nicht intensiv bis heute um sie gekümmert hätten. Es ist schon erschreckend wie borniert und ignorant viele Lehrer aber auch die Gesellschaft mit diesen Problemen umgeht. Ich habe kämpfen gelernt und bin immer wieder stolz wenn ich meine beiden tollen Jungs anschaue. Der Glaube an meine Kinder und die Kraft der Familie hat mir dabei geholfen nicht alles hinzunehmen. Es gab und gibt auch heute noch Momente in denen ich völlig erschöpft und völlig aufgelöst bin, aber dann tröste ich mich immer damit, dass es Familien gibt, die mit ganz anderen Schicksalsschlägen fertig werden müssen.
Wir hatten das riesige Glück die richtigen Ärzte und Therapeuten kennen zu lernen, ohne die hätten wir nicht so kämpfen können. Eine Psychologin, die einem mit ihrem Team immer zur Seite steht und auch immer ansprechbar ist, ist keine Selbstverständlichkeit! Danke dafür an dieser Stelle!
Durch die Auseinandersetzung mit ADHS konnte ich große Parallelen zu meinem großen Sohn feststellen. Ich hatte auch früher in der Schule ähnliche Probleme (Vielleicht bin ich auch deswegen so zur Kämpferin geworden). Zu meiner Zeit wusste man noch nichts von ADHS. Da hatte ich einfach Hummeln im Hintern. Meine Schulzeit war eine furchtbare Zeit, ich erinnere mich nur sehr ungern daran. Auch meine Ausbildung zur Stenosekretärin war nicht das Gelbe vom Ei, das merkte ich schnell. Habe aber trotzdem anschließend als kaufmännische Angestellte weitergearbeitet, bis zum ersten Kind.
Jetzt habe ich mich (nach einem Vortrag von Frau Cordula Neuhaus- Therapeutin und Schriftstellerin zum Thema ADHS) in der Uni-Klinik Freiburg austesten lassen. Die Diagnose ADHS gibt mir Klärung. Es gibt einige, auch med. Probleme, zu denen ich jetzt eine Erklärung habe: In den letzten Jahren war ich z.B. wegen Migräne, Reizdarm, Depressionen, Verstimmungen, Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen usw. in ärztlicher Behandlung. Helfen konnte mir keiner richtig.
Jetzt weiß ich, warum ich in meinem Leben durch alle Prüfungen mindestens einmal durchgefallen bin, und warum ich so eine starke Selbstkritik und ein sehr geringes Selbstwertgefühl habe. Dabei weiß ich, dass es nicht an mangelnder Intelligenz gelegen hat.
Jetzt werde ich eine Therapie beginnen und freue mich schon auf die neuen Dinge, die in Angriff nehmen werde. Wir ADHS Menschen haben ja auch viele tolle Seiten. Wir sind sehr spontan, impulsiv, kreativ, gerecht, offen für andere usw. Ich werde jetzt suchen und für meine Zukunft vielleicht beruflich nochmals einen neuen Weg gehen. Mal schauen.
Das war ein kleiner, doch ziemlich langer Einblick in unser Leben. Sicherlich wären wir nicht so weit gekommen, wenn ich jeden Tag zur Arbeit gehetzt wäre. Eine Doppelbelastung funktioniert nicht ohne Abstriche!!! Nicht die Erzieher im Kindergarten, noch die Lehrer in der Schule sind allein für die Erziehung unserer Kinder zuständig und verantwortlich. Wir Eltern tragen den größten Teil. Ich finde es toll, wenn meine Jungs sich bei mir bedanken und sich freuen, dass ich mir die Zeit für sie nehme.
Wir müssen erkämpfen das Mütter und Hausfrauen für ihre Arbeit geachtet, entlohnt und für die Zukunft abgesichert werden!

So jetzt muss ich mich ums Mittagessen kümmern.