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Erika Weder

Ein Spaziergang


Es liegt tatsächlich ein Hauch von Frühling in der Luft. Ein lauer Wind, hin und wieder ein paar Sonnenstrahlen.
Hannelore geht nach dem Einkauf nicht gleich heim. Im Park sollen die ersten Märzenbecher blühen. Schneeglöckchen fand sie schon vor ein paar Wochen, ein kleines Sträußchen hatte sie ihrem Mann auf das Grab gelegt. Im nächsten Monat war es zwei Jahre her, dass Peter ganz plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben war. An seinem Arbeitsplatz in der Stadtverwaltung.
Es war eine schlimme Zeit.

In Gedanken versunken geht Hannelore auf eine Bank zu, um sich ein bisschen auszuruhen. Schon seit vielen Jahren hat sie Probleme mit dem Rücken. Wahrscheinlich durch die Schwangerschaften, meint der Arzt. Dabei studierten die Söhne schon, ihre Tochter war verheiratet und hatte zwei Mädchen. Es vergingen oft Wochen, dass sie ihre Kinder nicht zu Gesicht bekam. Freunde hatte sie kaum. Mit ihrem Mann wurden die meisten Freundschaften begraben.

Hannelore atmet tief ein. Die frische Luft tut gut. Plötzlich ein Schrei: "Anne-Kathrin, du sollst doch nicht mit Steinen schmeißen! Nein, mit Sand auch nicht!“ Eine junge Mutter hatte sich auf einer zweiten Bank niedergelassen und beobachtet wohl ihre "Anne-Kathrin, lass die Steine liegen!“
Oh Gott, denkt Hanne, das arme Kind muss fast taub sein, so wie die Frau schreit!
"Anne-Kathrin, geh doch rutschen! – Was heißt das, da ist wer drauf? Warte ein bisschen, dann kannst du!“ Anne-Kathrin will nicht rutschen, sie strebt dem Klettergerüst zu. "Anne-Kathrin, mach dich bloß nicht schmutzig, wir müssen noch zu Oma! - Aber ganz bestimmt gehst du mit zu Oma!“
Nein, denkt Hannelore, das nicht! Sie steht auf und will ihren Weg fortsetzen."Sind die Kinder heutzutage nicht furchtbar?“ fragt die junge Frau, als Hanne an ihr vorbei geht. Sie lächelt nur und denkt sich: Wenn ich damals so nervös reagiert und gekreischt hätte, wären meine Kinder wohl auch furchtbar geworden...

Mit einem erleichterten Lächeln bemerkt die einsame Frau die ersten Märzenbecher und macht sich auf den Weg in ein Haus, in dem niemand mehr ein lautes Wort spricht...........