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Gudrun Schilken

Shopping beim Gynäkologen


Gestern war ich ausgiebig shoppen – beim Gynäkologen!
Erstaunlich, was man bei einem Arztbesuch neuerdings alles einkaufen kann, wenn man einem geschäftstüchtigem unter die Hände gerät.
Dabei war ich ganz unbedarft zu diesem Besuch gelangt. Zwei Wochen vorher wurde ich von der sehr freundlichen Arzthelferin telefonisch kontaktiert mit dem Hinweis, dass doch meine Krebsvorsorge nun fällig sei. "Wie aufmerksam!" dachte ich und freute mich über das Interesse meines Arztes an meiner Gesundheit. Fast schien es mir, dass er nur mich, da ich so eine außerordentlich freundliche, leicht zu handhabende Patientin, darauf hinweisen ließ. An und für sich halte ich nicht gar so viel von Vorsorgeuntersuchungen. Wer suchet, der findet. Und ich will lieber nichts finden lassen. So halte ich es lieber.
Aber dem netten Drängen der wie gesagt sehr netten Dame am Telefon konnte ich dann nicht widerstehen und wurde zum vereinbarten Termin in der Praxis vorstellig. Ich war die erste Kundin an diesem Tag und wurde freudig empfangen. So freudig wie ich damals empfangen hatte, ich meine meine Kinder.
Zunächst musste ich meinen Krankenkassen-Obulos entrichten. 10 Euro waren schon mal weg. Dann drückte man mir ein Merkblatt mit angebotenen Untersuchungen in die Hand. Untersuchungen, die unbedingt ratsam seien, aber von den Krankenkassen nun nicht mehr getragen würden. Ich las mich durch die Liste. Da gab es spezielle Ultraschalluntersuchungen, Hormonspiegel-Bestimmungen, Stuhluntersuchungen einfach, Stuhluntersuchungen spezial und noch eine Reihe von Untersuchungen, unter denen ich mir nichts Rechtes vorstellen konnte. Eindringlichen Wortes wurde angemahnt, möglichst jedes dieser Angebote wahrzunehmen, sonst.....Hmm, das Leben ist an sich lebensgefährlich und diese Untersuchungen machten das Leben nur wesentlich ungefährlicher. Ist jedenfalls meine Meinung. An der Rezeption wies ich launischen Wortes darauf hin, dass ich "nix Schlimmes" kriegen wollte und mich deshalb auch keine Krankheit dahinraffen würde (Ich bin grenzenlose Optimistin gepaart mit einer ordentlichen Portion Leichtsinn!) Darauf erntete ich einen sehr aber sehr besorgten Blick und ich solle mir das doch im Wartezimmer lieber noch einmal überlegen. Dort hinge übrigens auch die Preisliste aus.
Nun war ich aber doch unsicher geworden. Konnte ich es mir erlauben, derart leichtsinnig mit mir umzugehen? Mein Blick fiel auf die Preisliste. Konnte ich es mir erlauben, derart kostspielige Untersuchungen machen zu lassen?
Ach, die zwei goldenen Herzen in meiner Brust, die weder durch Buerlicicthin noch durch Doppelherz gestärkt waren (so was wollen mir meine Kinder partout am Muttertag nicht schenken!) kämpften miteinander um die Gesundheit der unteren Etage. Schließlich entschied ich mich für zwei Sonografien im Bauchbereich, um kleinste Veränderungen in der Gebärmutter aufzuspüren und für einen Hormonspiegel. In den Spiegel guckte ich einfach immer gern – es war sehr interessant, was es dort jedes Mal aufs Neue zu entdecken gab. Hormonspiegel – das konnte ich mir ja schon mal zum Nikolaus schenken. So weit weg war dieses Fest nicht mehr.
Stolz schwenkte ich meinen Einkaufszettel mit den angekreuzten Untersuchungen und sauste zurück zur Rezeption. Ei, da lachte das muntere Fräulein an der Rezeption und sie war endlich zufrieden mit mir. Sie konnte auch gleich einen neuen Termin vereinbaren, denn für diese Ultraschalluntersuchungen war viel Zeit vom Herrn Doktor vonnöten. "Das soll schließlich sorgfältig gemacht werden" gab sie mir zu verstehen. Und nun sollte ich noch bisschen warten, bis der "Chef" mich rufen würde.
Im Wartezimmer stöberte ich die anspruchsvollen Wellness Zeitschriften durch und dann fiel mein Blick auf die Pinnwand. Hui, dort konnte man noch viel mehr einkaufen. Es gab ein SANA Gesundheits- und Anti-Aging-Programm. Hier konnte man daran teilnehmen. Wow! Welche ungeahnten Möglichkeiten sich bei einem einfachen Frauenarzt-Besuch mir da auftaten. Eigentlich hatte ich in letzter Zeit mal über eine Schönheits-OP nachgedacht. Sicherlich war ich da hier auch bestens aufgehoben. Vielleicht gab es ein Spezial-Paket mit Sonderangeboten. 5 Untersuchungen plus eine Schönheits-OP gratis. Oder umgekehrt. Bevor ich mich meinen verlockenden Gedanken hingeben konnte, wurde ich gerufen. Nun durfte ich mich "obenrum" und anschließend "untenrum" frei machen. Zur Auflockerung der Untersuchung hatte der Doc wohl gelernt, müsse man Patientinnen in ein Gespräch verwickeln und so plauderte er munter mit mir über den letzten Urlaub und über den noch anstehenden Urlaub während er "untenrum" in mir rumwühlte und suchte, ob es was zu finden gab. Er fand auch etwas Beunruhigendes, was mich aber nicht beunruhigen sollte, denn letztes Mal hätten wir ja auch etwas Auffälliges gefunden, was jetzt nicht mehr vorhanden wäre. Ja, wo war denn das Myom plötzlich hin? (Ich kann es Ihnen verraten, ich hab ihm gesagt, es solle verschwinden. Das gehöre da nicht hin.)
Alles war gut. Alles ist gut. Und ich solle zur Kontrolle dann im nächsten Quartal mal wieder kommen. Das hatte der Herr Doktor ganz gern, dass ich im nächsten Quartal mal wieder komme. Nur so jedes Quartal hatte ich denn doch keine Lust dazu.
Wir verabschiedeten uns wie alte Freunde. Schließlich kannten meine Gebärmutter und der weiße Mann sich doch sehr viel näher, als ich dieses zickige Weibsteil und ich schloss mich lieber dem freundschaftlichen Ton der beiden an obwohl mir so ganz ehrlich gesagt doch nicht danach war. Über die Schönheits-OP wollte ich doch lieber noch ein wenig nachdenken, bevor ich sie zur Sprache bringe. Wer weiß, vielleicht findet er beim Einsetzen des Brustimplantates das Silikon nicht wieder.

Aus dem Untersuchungszimmer wurde ich zwecks Blutabnahme in das Laborzimmer weitergeleitet. Dort hüpfte eine frisch patientengeschulte Dame mit breitem Grinsen um mich herum. "Ja, welches Ärmchen nehmen wir denn? Suchen Sie sich eines aus!" schlug sie mir munter vor. Mir war egal, welchen meiner kräftigen Arme sie malträtieren wollte und ich meinte: "Vielleicht nehmen Sie den mit den besten Venen?" Während sie mir die Kanüle setzte fragte sie: "Na, und gleich geht es zur Arbeit?" Ich meinte irritiert "Ähm, ja. Zu Hause!" "Ach, Sie sind selbständig, was?" "Ähm, tja – ähm, ich bin Hausfrau" antwortete ich mit provokativer Betonung des Wortes HAUSFRAU. Sie schaltete um auf Platte B – Vollzeithausfrau braucht Anerkennung in der Gesellschaft. Sie hatte wohl ein sehr fortschrittliches Seminar besucht. (Wahrscheinlich hatte die "Hausfrauenrevolution" mal wieder die Finger drin.) "Ja, so. Da haben Sie ja jede Menge zu tun. So ein Haushalt ist viel Arbeit. Ja, ja. Kein Feierabend, immer weiter. Haben Sie Kinder?" Ich gestandene Frau von Mitte Vierzig habe Kinder, sogar drei. Das teilte ich ihr dann auch mit. "Ja, so. Drei kleine Kinder! Da gibt es ja wirklich viel zu tun." Eigentlich war sie jetzt fertig – mit ihrem Laber-Programm sowie mit der Blutabnahme und sie ließ die Worte langsam ausklingen. Ich musste aber unbedingt noch ergänzen, dass meine Kinder schon recht groß seien. "Ach, das hätte ich jetzt aber nicht von Ihnen gedacht. Sie sehen doch noch ganz gut aus. Da haben Sie sich aber gut gehalten."
So wackelte das Mütterchen im biblischen Alter von 44 Jahren aus der Arztpraxis und fragte sich, wie man wohl in dem Alter auszusehen hatte, wenn man dem "Alter entsprechend" und "nach drei Kindern" aussähe.

Natürlich stornierte ich die vereinbarten Termine und ließ mich in dieser Praxis nie mehr sehen.