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Wolfgang Hoehn

Keine Hausfrau
(Gast im Geist der HFR)

I.

Er: "Das ist doch Blödsinn. Das bringt doch nichts."
Sie: "Mir fehlt aber etwas..."
Er: "Was denn?"
Sie: "Ich weiß nicht genau. Ein Freund? Jemand, der mir zuhört? Der mich versteht?"
Er nimmt sie in den Arm.
Er: "Aber ich verstehe dich doch..."
Sie (zaudernd): "Nicht wirklich..."
Er (rückt wieder von ihr ab): "Nicht? Dann halt nicht. Hm..."
Sie (seufzt unglücklich): "..."
Er: "Magst du mal wieder zu deiner Freundin nach Hamburg fahren?"
Sie (augenverdrehend): "DAS fehlt mir nicht. Das meinte ich nicht."
Er (ungeduldiger werdend. Sieht auf dir Uhr: Aha, der Film fängt gleich an.): "Um was geht es denn nun?" (vor sich hin murmelnd) "... hm..., Moment, das war am Samstag Anfang des Monats, ... genau..., plus fünf Tage, zwei Wochen dazu..., nein, das ist es doch nicht..."
Sie (erbost): "Hör auf damit! DARAN liegt es gewiss nicht."
Er (mit unschuldiger Miene): "Woran...?"
Sie: "Du kannst dir das ja doch nicht einprägen. Außerdem merkst du es gar nicht, wenn ich es dir nicht sage!"
Er: "Ich merke das sehr wohl! Zum Beispiel zufällig genau letztes Mal."
Sie: "Ja. Weil ich dann 'nicht einsatzbereit' war, wie du es so nett umschreibst."
Er steht auf, holt sich ein Bier. Setzt sich plumpsend wieder aufs Sofa. Sie legt das Magazin wieder weg.
Er: "In Ordnung, du kriegst deinen PC. Aber keine Hausfrau, die akkurat ihren Haushalt erledigt, hat für so was Zeit!"


II.

HFR: "'Ja eben, drum!' sollte die Antwort lauten. Deswegen machen wir das ja. Deswegen machen WIR es. Man muss sich Zeit dafür nehmen. Wie sollte man sonst etwas ändern daran."
Er: "Wer 'wir'? Wer spricht da?"
HFR: "Hier spricht dein schlechtes Gewissen, du ignorantes Arschloch, das Sprachrohr der Hausfrauen, die REVOLUTION ALLER HAUSGEHALTENEN!"
Er (grinsend): "Revolution? Revoltierende Hausfrauen? Wogegen denn? Dagegen, dass sie ein nettes Heim in eigener Regie bewirtschaften dürfen? Das ist nicht besonders schlau, eher kontraproduktiv."
HFR: "Das sehen wir nicht so."
Er: "Ach ja? Und wem soll das nützen, wenn ein paar wenige Engagierte sich amüsieren? Und unter dem Deckmantel, sich für andere einzusetzen, ihr eigenes Ding durchziehen, um Spaß zu haben? Glaubt ihr ernsthaft daran, etwas damit zu verändern?"
HFR: "Am Ablauf lässt sich wenig ändern, das mag richtig sein. Aber an der Qualität der Wahrnehmung."
Er: "Ich will eigentlich nicht, dass sich etwas ändert. Es geht uns doch gut. So, wie es ist."
Sie (mutig aufbegehrend): "DIR geht es gut, so wie es ist!"
Er: "Geht es dir denn nicht gut, so wie es ist?"
Sie: "Doch. Ja. Eigentlich schon..."
Er: "Na also. Siehst du. Warum also etwas ändern?"
HFR: "Weil das Wort 'eigentlich' ein versteckter Aufschrei ist."
Sie: "Mir fehlt etwas."
Er (bass erstaunt): "Dir fehlt etwas? Was fehlt dir denn? Du hast doch alles. Alles, was du wolltest: Familie, Geld (wofür du nicht mal zu arbeiten brauchst), ein trautes Heim, Freunde, kannst Leute einladen, welche besuchen, Urlaub zweimal im Jahr, Oma hilft dir hin und wieder, was fehlt dir eigentlich?"
Sie: "Ich weiß nicht..."
Er: "Also, wenn du es nicht genau weißt, kann es nicht so wichtig sein. Mir fehlt auch einiges. Meine Abende mit meinen Freunden so wie früher. Feiern bis tief in die Nacht. Diese, wie soll ich sagen, Ungebundenheit, zumindest das Ungebundenheitsgefühl, nix für Ungut, du verstehst mich schon, gell? Ich konnte auch viel mehr machen früher. Das ist halt so, wenn man Familie hat, dass nix mehr wie früher ist."
Sie: "Ich meinte ja auch nur. Ich dachte, du verstehst das. Ich hocke nur immer zu Hause herum. Alles dreht sich um Familie, Essen, Einkauf, Planung."
Er: "Aber das wolltest du doch, oder?"
Sie: "Ja, schon. Aber darum geht es doch gar nicht."
Er: "Worum dann?"
Sie: "Darum, dass mir das alles zu viel wird und zu wenig ist!"


III. (Innerer Monolog)

Sie: "Ich wusste es. Alles nur Fassade. Hehre Ziele. Es wird sich nie etwas ändern. Im Grunde soll sich ja auch nicht so viel ändern. Ich möchte nur nicht das Gefühl haben, mein Leben zu verschwenden. Ich weiß, dass ich es nicht verschwende, aber mir fehlt Halt, Anerkennung, mich ärgert die Selbstverständlichkeit, mit der mein Dasein abgegolten wird. Ich bin ein Faktor, welcher der Rechnung Produktivität zu einem grandiosen Ergebnis verhilft, aber ich bin als dieser Faktor bloß eine feste Konstante, mit der wie selbstverständlich herummultipliziert wird, ohne sie groß zu hinterfragen, der man keine Bedeutung zumisst, während anderen Variablen Unterstützung aus allen Bereichen zuteil wird. Man sorgt sich nicht um mich, weil ich zuverlässig bin. Man kalkuliert mit mir als wäre ich wie automatisch integriert, eine serienmäßige Ausstattung, der man keine besondere Beachtung zukommen lassen muss. Eine Verlässlichkeit, die man mit ein paar banalen verwelkenden oder kalorienreichen Aufmerksamkeiten honorieren und abspeisen kann. Dabei bin ich nicht einmal unkündbar. Ich bin theoretisch jederzeit ersetzbar durch ein gleichwertiges Austauschmodell, sozial unabgesichert, wenig geachtet, schlecht aus-, weil nicht weitergebildet, und am Ende der erziehungstechnischen Phase, wenn das Humankapital in den allgemeinen Wertschöpfungsprozess eingegliedert wird, gibt man mir das Gefühl, überflüssig geworden zu sein. Wenn das nicht nach REVOLUTION schreit! Ich möchte mehr Bestätigung erhalten, Ansehen erhalten. Warum ist die Hausfrau zum Beispiel nicht an eine Art Adelige? Von besonderem Adel von genau dem Augenblick an, wo sie sich Haushalt, Ehe, Familie widmet? Das wäre endlich einmal ein wohl begründbarer Adel. Unser Humanadel."


IV.

Er: "So viele Adelige auf einem Haufen? Das gibt doch nur Ärger..."
HFR: "Worauf du wetten kannst. Hast du ihn nicht öfter schon in deinem 'trautem Heim'? Was glaubst du, warum die Atmosphäre so geladen ist? Warum sich ständig alles ums Gleiche dreht? Warum sich nichts ändert? Weil sich nichts für das Zentrum des Verbunds Familie ändert, weil die Zusammenhälterin Perspektiven braucht."
Sie: "Also ich würde das jetzt nicht so krass ausdrücken, sonst kriege ich ja nur wieder Ärger..."
HFR: "Ohne Ärger wird sich nichts ändern. Man muss etwas tun, um Veränderungen zu bewirken."
Er: "Jetzt mal ehrlich: Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, am Status einer Hausfrau rütteln zu können? Wie soll das gehen?"
HFR: "Ganz einfach: Den Anfang darfst du jetzt machen. Deine Frau wird für zwei Tage gehen: Samstag und Sonntag. In diesen 48 Stunden darfst du den Haushalt schmeißen. Deine Klamotten für Montag liegen übrigens bei der übrigen Schmutzwäsche. Eingekauft müsste auch werden. Deine zwei Kinder essen am Wochenende übrigens gerne zu Hause ihre Lieblingsspeisen, frage sie danach. Bier ist aus und vergiss den Hund nicht. Auch nicht die übrigen regelmäßigen Arbeiten, die so anfallen, wir kommen am Montag wieder und kontrollieren, ob es so sauber ist wie jetzt."
Er: "Aber das ist zu viel. Ich habe das nie gelernt. Und außerdem: Ich habe die ganze Woche gearbeitet. Soll ich auch noch am Wochenende schuften?"
HFR: "Deine Frau hat es auch nicht gelehrt bekommen. Und warum nicht am Wochenende arbeiten? Das macht deine Frau doch sonst auch..."


V.

Montag.
Er (Augen tiefer gelegt, ein wenig kleinlaut): "Was wollt ihr nun wirklich mit der Revolution bezwecken?"
HFR: "Sag uns erst, ob du verstehst, worüber wir vor zwei Tagen gesprochen haben."
Er: "Na ja. So in etwa. Aber wie soll das gehen: Familie, Haushalt, Ehe - wenn nicht eine Hausfrau da ist, die sich um alles kümmert. Ich kann das nicht zusätzlich machen. Das ist zu viel Arbeit. Das sind ja mindestens noch einmal 40 Stunden pro Woche..."
Sie (lächelnd): "Mindestens..."
HFR: "Ist die Arbeit schön?"
Er: "Sie ist nicht unschön. Aber man ist den ganzen Tag wie auf Abruf. Man muss jederzeit bereit sein. Samstag zum Bespiel. Als die Kinder endlich draußen waren, gekocht, gespült, aufgeräumt, der Garten versorgt, das Klo geputzt war, als ich mich kurz mal hinsetzen wollte, um eine Zigarette zu rauchen, kam die Kleine und wollte mit mir ein Schiff bauen. Ich liebe sie, aber ich hätte sie..., hätte sie... Na, ihr wisst schon. So ging das dann am Nachmittag weiter. Der Schwimmbadbesuch war ein Alptraum, die ganze Organisation, ständig aufpassen müssen, puh. Am Abend war ich nach Essen machen, Spülen, Kinder ins Bett bringen sogar zu müde für ein zweites Bier! Am Sonntag das gleiche wieder nur in grün... Man kommt zu gar nichts und am Ende hat man doch nichts weiter erreicht, als alles auf dem Niveau vom Vortag zu halten. Oder das vom Vortag des Vortags. Und immer, wenn es mal nicht so gut aussieht, bekommt man ein schlechtes Gewissen... Schrecklich..."
HFR: "Du hast soeben das Leben der Frau beschrieben - nur ohne Ehemann und ohne dessen Kommentare und Zusatzschmutz und -arbeit bereitende Anwesenheit. Das Leben einer Frau, an deren Seite du jahrelang gefurzt, gerülpst, gesabbert und herumgemäkelt hast. Deine oberflächliche Wahrnehmung war nicht nur verletzend, sie hat diejenige, die du einmal zu lieben vorgabst oder noch liebst, wer weiß das schon, du zeigst es ja fast nie, und wenn, dann in reichlich egoistischen Augenblicken, zu dem gemacht, was man allgemein herablassend und ein wenig verächtlich als 'Hausfrau' bezeichnet. Zu dem, worüber du in zwei Tagen mehr gelernt hast als in vielen Jahren Ehe. Du trägst aktive Mitschuld am Bild, das Menschen dieser Gesellschaft sich von einer Hausfrau machen."
Er: (schweigt)
HFR: "Wir unterbreiten dir einen Vorschlag..."
Er (sieht bekümmert auf seine Zehen): "Welchen denn?"
HFR: "Ab sofort handelst, redest und vor allem: denkst du nicht mehr derart oberflächlich, selbstverständlich und herablassend über das Leben und die Arbeit deiner Frau..."
Er: "...das mach ich gerne!"
HFR: "Moment. Das schließt alle anderen Hausfrauen mit ein, also Mütter, die scheinbar gelangweilt und wie im Urlaub auf Spielplatzbänken oder an Kaffeetischen sitzen. Denn die hocken da nicht aus purem Vergnügen oder Eigeninteresse, sondern aus ganz spezifischem Grund. Ansonsten säßen sie gewiss woanders und nicht an der Seite ihrer Kinder. So wie du an Tischen deines eigenen Interesses sitzt."
Er (kleinlaut): "Ich versuche es. Aber das ist schwer."
HFR: "Es ist noch schwerer, dafür zu sorgen, dass du es schwer findest. Aber das macht nichts, das machen wir gerne. Es liegt ja in unserem Interesse: dem der Hausfrauenrevolution. Alles klar? Um es dir einfach zu machen, bekommst ein Handbuch, das dir ein wenig die Augen öffnen wird, das Handbuch heißt IF PIGS COULD FLY. Und vergiss nicht zwischen den Zeilen zu lesen, zwischen denen des Buches und denen der Aussagen deiner Frau..."



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