Home
Frauen Kinder Kueche Wer Mail Impressum
Maenner Kultur Medi-Eck Anzeigen Chat Links

Brigitte Hieronimus

Prosecco-Nächte sind lang


Meine Zunge prickelt. Nein, nicht mein Bauchnabel. Der würde ohnehin nicht fassen, was meine Zunge erfasst. Sie taucht gerade ein. In ein Champagnerbad, und lässt sich umwerben, ohne ein Versprechen einzulösen. Sie ist ja nicht dumm!
Jan kommt pünktlich. Wie immer. Er hat eine Flasche Prosecco dabei. Schampus ist ihm zu teuer. Spanischen Cava kennt er nicht, und alles andere ist ihm suspekt. Grinsend umfasst er meinen Hüften, während ich mich artig für das Gesöff bedanke. Während er seine Jacke sorgfältig auf den Bügel hängt, haste ich in die Küche, um die angebrochene Champagnerflasche verschwinden zu lassen. Jan mag es nicht, wenn ich vor ihm ein Glas Wein oder Sekt trinke.
Er fragt, was es heute gibt. Ich beruhige ihn, indem ich versichere, dass es nichts Indisches, nichts Türkisches und nichts Südamerikanisches gäbe. Erleichtert lässt er sich auf den Küchenstuhl fallen. Ja, ich weiß, sein Tag war wie immer lang und unendlich anstrengend. Er musste sich den Abend für mich aber nicht freischaufeln. Seine Frau besucht grad ein Esoterikseminar, und seine Kinder sind bei seiner Mutter. Trotzdem stöhnt er. Jan gehört zu den Männern, die sich am Tage mit ihrem Missmut in den Vordergrund stellen. Gut gelaunt sind sie unerträglich.
Ob er den Prosecco öffnen soll? Natürlich, ich warte ja drauf. Mein Gott, wie oft hab ich ihm schon gesagt, dass er doch selbst entscheiden dürfe, ob und wann er die Flasche entkorken wolle. Aber nein, immer wieder fragt er mich. Dabei schiebt sich sein kleines Gesicht wichtigtuerisch aus dem weißen Hemdkragen hervor, und dann tut er mir gleich wieder leid, weil ich nicht will, das er sich so beschissen fühlt. Also ermutige ich ihn. Siegesgewiss holt er zwei Gläser aus dem Küchenschrank und beginnt, an dem Verschluss der Flasche herum zu zuppeln. Ich schaue weg. Ich weiß ja, wie ungeschickt er immer an meinem BH fummelt, bis er ihn endlich offen hat.
Also wende ich mich dem Kochen zu. Auf dem Schneidbrett liegen frische Bärlauchblätter. Daneben rote Zwiebeln und Knoblauch. Jan kommt auf mich zu, weil er mit mir anstoßen will. In diesem Moment liebe ich ihn. Eine zarte Röte überzieht sein schmales Gesicht, während er mir das Glas reicht. Ich weiß, was er gleich sagen wird, ich höre es trotzdem immer wieder gerne: „ Es ist so schön, bei dir zu sein, du weißt ja gar nicht, was für mich bedeutet, diese Nacht mit dir verbringen zu dürfen.“
Jan ist mein Bettgeselle. Wir sind aneinandergeschweißt. In guten wie in schlechten Tagen kommen wir nicht voneinander los. Er ist eigentlich lieb und nett und viel zu angepasst am Tage. Das Gegenteil von dem, was er mir in der Nacht anbietet. Da wird er zum Tier, da giert er nach mehr und ist bereit, mich zu zerfleischen. Aus diesem Grund wurde ich Vegetarierin.
Die Zwiebeln schmurgeln in bestem Olivenöl. Knoblauch gesellt sich leichtfertig dazu, bevor ich den Bärlauch dazwischen treten lasse. Ich gieße Brühe auf und warte ab, was passiert. Sie verbinden sich auf wunderbare Weise und tänzeln umeinander herum. Das ist der Zeitpunkt, wo ich handeln muss. Die Wahl fällt auf Creme fraiche, mindestens zwei Becher. Pfeffer aus Madagaskar, und Chili, vorsichtig eingesetzt, bringen den Tanz zum Sieden.
Jan umgreift mich von hinten. Ich lasse Suppe, Suppe sein und folge ihm, nicht ohne sie kleiner gestellt zu haben. Jan ist flink. Er kommt in Windeseile und verspricht mir schon vor dem Erguss, auf jeden Fall noch einmal zu kommen. Na ja. Oft schläft er vorher ein, um dann eine Stunde später grunzend und schnaufend, sein Versprechen einzulösen. Diesmal nicht. Diesmal hat er eine neue Variante. Ich vermute, dass er Viagra geschluckt hat. So einen Ständer hatte er schon seit Jahren nicht mehr. Ich lasse mir das gerne gefallen. Schließlich bin ich Jan treu und halte nach keinem anderen Ausschau. Es ist mir zu mühselig geworden. Mein Spatz in der Hand, ist jedenfalls besser, als die Taube auf dem Chat room Dach. Gemeinsam perlt unser Schweiß bis in den Bauchnabel.
Oh, Gott, die Suppe! Ich springe aus dem Bett, und rase in die Küche. Friedlich schmurgelt sie vor sich hin. Eilfertig gieße ich einen schäumenden Strahl Prosecco auf, und siehe da, sie bläht sich auf und wagt sich fast über den Topfrand hinaus. Der Duft des Bärlauchs erfüllt die Küche. Mein Schoß riecht nach Jan. Ich greife zwischen meine Beine. Nicht schlecht für einen Mann, der ständig unter Strom steht. Sperma unter Stress stinkt wie Gülle. Oder ätzt. Am nächsten Morgen wundert es dich, warum du Pickel in der Leiste hast. Jans Saft ist geschmeidig und sanft. Er kitzelt. Allein schon aus diesem Grund werde ich ihn nicht ziehen lassen.


Rezept für ein Bärlauch-Prosecco-Süppchen

Mindestens drei Hände voll Bärlauch
Eine rote Zwiebel
Drei frische Knoblauchzehen
Einen halben Liter Brühe
Zwei Becher Creme fraiche und ein Paket Frischkäse
Viele kräftige Schüsse Prosecco je nach Geschnack
Pfeffer, Salz und Chilipulver
Pinienkerne

Feingehackte Zwiebeln und Knoblauch in bestem Olivenöl andünsten
Ebenso feingehackten Bärlauch dazu fügen
Mit einem halben Liter Brühe auffüllen und mit Pfeffer, Salz und Chili würzen
Zehn Minuten schmurgeln lassen
Dann mit Creme fraiche und Frischkäse binden
Eine Tüte Pinienkerne ohne Fett in der Pfanne rösten
Kurz vor dem Servieren Prosecco in die Suppe gießen
In vorgewärmte Schüsseln füllen
Gebräunte Pinienkerne darüber streuen
Dazu passt Weißbrot oder Chiabatta
Und natürlich Prosecco... ohne Ende