Oje. Da ist es wieder, das Ende einer großen Liebe! Ich rede auf meine heulende Freundin ein, versuche sie aufzubauen, nehme sie in den Arm und trockne die Tränen. Sie wechselt zwischen Schluchzen und wilder Wut, schimpft auf den Mann, der ihr das alles antut und beweint im gleichen Atemzug den großen Verlust.
„Na was denn nun?“ denke ich mir und bin froh, keinen Mann an meiner Seite zu haben. Eine SMS nach der anderen jagt durchs Handy, je nach Nachricht schreit oder heult die Freundin auf. Mir wird das ganze Liebestrara zu viel, ich verabschiede mich mit einem „Bin immer für Dich da.“ und steige in mein Auto. Mein eigenes Liebesleben geht mir durch den Kopf - nein danke, bloß nicht dran denken. Im Autoradio jault mir James Blunt sein „You’re beautiful“ entgegen - im Video geht er wegen seiner Schönen sogar ins Wasser! Ja,ja, die Liebe. Seit Jahrtausenden wird sie besungen: mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt. Gibt es überhaupt einen Song, ein Lied ohne Liebe? Zuhause angekommen gönne ich mir zur Entspannung eine Runde Fernsehen, aber auch hier schwappt mir ein Liebesdrama nach dem Anderen entgegen: von der Vorabendserie bis zum Spielfilm. Schließlich lande ich in einer Talkshow, in der mir irgendeine Promi-Tussi erklärt, warum sie sich von ihrem Typen getrennt hat. Oh nein. Fernseher aus und Zeitung her: Schon wieder Lovestory? Och, Prinzessin Stephanie geht zurück zu ihrem Ex? Hey, hallo, ich habe heute keinen Bock auf Liebe! Zeitung weg, ein bisschen raus an die Luft, auf den Dorfplatz. Mein Töchterchen schwebt mit verklärtem Blick in ungefähr 5 Zentimeter Höhe an mir vorbei. Oje, die hat´s erwischt! Und ich mache mir in der Abendsonne Gedanken über die Liebe:
„Ist schon merkwürdig: unvoreingenommen werden wir geboren, offen für alles. Wir bekommen einen Namen, füllen diesen im Laufe unseres Lebens mit „Inhalt“ und identifizieren uns damit. Die ersten Strickmuster vom „Mann/Frau-Dasein“ werden uns durch unsere Eltern vorgelebt. Egal ob schön oder schrecklich, wir speichern sie ab und übernehmen Einiges, oft ungewollt. Und später machen wir oft unsere Kindheit für unser Leben verantwortlich. Aber irgendwann betritt ein fremder Name dein Leben: ein Blick - bingo! Das Herz rast, man verliebt sich, und plötzlich verändert dieser Name die Sichtweise auf dein ganzes bisheriges Leben! Gefühle, Gerüche, Erinnerungen, Erlebtes und Erträumtes, Liebeslieder und Telefonnummern – alles bekommt einen neuen Blickwinkel! Er oder sie kann den hässlichsten Vornamen, Bierbauch und Glatze, kurze Beine und keine Brüste, dafür aber den fettesten Hintern haben oder in der widerlichsten Strasse der Welt wohnen - das alles ist dir völlig egal, denn du bist soeben deinem Traumbild begegnet!
Die Liebe hat einen Namen bekommen, und an diesem Namen klebst du. Er gibt dir ein neues und intensives Lebensgefühl: Freude, Leidenschaft, Träume, Tränen, Hoffnung... Jeder geliebte Name wird dich kennzeichnen und verändern. Besser: DU wirst Dich verändern. Aus der Namensfindung zweier Menschen, werden weitere kleine Namen entstehen. Namen, die DU diesmal aussuchst und prägst- eins, zwei, drei oder mehr...
Aber der graue Alltag stülpt sich langsam über die Welt der Verliebten. Jetzt beginnt die Arbeit an der Beziehung und vor Allem an sich selbst. Nicht einfach, wenn der pure Überlebenskampf im Vordergrund steht. Schwierig, wenn nur noch der Streit Leiden schafft und die anfängliche Leidenschaft vergessen lässt. Traurig, wenn nur einer von beiden sich weiter entwickelt, der andere aber stehen bleibt. Schrecklich, wenn die schleichende Abhängigkeit dominiert. Überflüssig, wenn die Beziehung stagniert.“ Plötzlich spüre ich eine Hand und strahlende Augen lächeln mich an. „Mama, ich bin so verliebt!“ Ein Schwall von Informationen über den neuen Traumann strömt mir entgegen. Ich freu mich und nehme mein Mädchen in den Arm. „Genieße es! Die Liebe ist der Leitfaden durch unser Leben. Liebe hat einen Namen. Und für Dich ab heute einen ganz Besonderen...“ hauche ich in ihr Ohr und drück sie ganz fest. „Ich hab Dich lieb, Mama.“ Ich gehe ins Haus und mein Hund begrüßt mich freudig. „Ja, Liebe hat einen Namen. Gell, Idefix?“ sage ich zu ihm, während ich ihn streichle. Mein Blick streift das Bücherregal, ich hätte jetzt Lust im Bett zu lesen. Da stehen natürlich auch viele Liebesromane. „Nö, das Thema ist für mich heute abgehakt, ich schnapp mir lieber ne Runde Schlaf.“ denk ich mir, rolle mich ein wie eine Katze und träume... und träume ...
Na, wovon wohl?
© M.Th. Kroetz Relin erschien in Die Aktuelle am 22..07.06 Heft NR. 30
User | Diskussion |
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Gast | Geschrieben am: 08.08.2006 15:05 Aktualisiert: 08.08.2006 15:56 |
![]() Hallo Schnuckel!
Ich kann Dich gut verstehen. Die Zweisamkeit bleibt im Alltag oft auf der Strecke, aber das MUß nicht so sein!!!! Ein Tip von mir: wenn Du irgendwie kannst, bringe Deine Kinder für ein Wochenende bei Verwandten oder Freunden unter, schaue vorher ins Internet, buche irgendein Hotel(vielleicht gibt es ein Romatik-Wochenend-Angebot), schnapp Dir Deinen Mann und klinke Dich mit ihm für 2 Tage vom Alltag aus. Ich habe es schon ausprobiert und ich sage Dir, es wirkt!!!!!!! Ein Wochenende kann Dir neue Kraft und das Kribbeln wieder bringen. ![]() Ganz liebe Grüße OmiHelene ![]() |
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Brigitta-B | Geschrieben am: 30.07.2006 13:32 Aktualisiert: 30.07.2006 15:03 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 4761 |
![]() M.Th. ganz toller Text, der sehr viel Wahrheit beinhaltet
![]() ![]() ![]() Aber es gibt auch Beziehungen, die selbst nach 32 Jahren des Zusammenlebens, bzw. nach bald 28 Jahren Ehe, vielen Hochs und Tiefs, nach wie vor intakt sind. Nein, sie sind es nicht einfach nur so geblieben, es erfordert Schwerstarbeit von beiden Seiten - meistens von Seiten der Frau mehr, als von Seiten des Mannes, denn er realisiert die Gefahr nicht so richtig - leider! Liebe, Liebe, was ist Liebe? Sicherlich nicht Verliebheit alleine! Damit hält eine Beziehung nicht lange. Zur wahren Liebe gehören Vertrauen, Freundschaft, gegenseitiger Respekt, Rücksichtnahme und vieles mehr, dann hält die Beziehung auch. Brigitta-Barcelona |
Fee | Geschrieben am: 29.07.2006 13:06 Aktualisiert: 29.07.2006 13:54 |
![]() ![]() User seit: 27.11.2005 aus: Zürcher Weinland Beiträge: 118 |
![]() @schnuckl
Mir geht es genau so.Ich bin seit 21 Jahren mit meinem Mann zusammen, seit 1989 verheiratet. Ich versuchte auch schon,mich mit Affären aus dieser ausweglosen Situation zu flüchten. Mein Mann weiss davon. Diese Aktion half mir aber auch nicht und ich wurde nicht glücklicher. Immerhin fingen wir damit an, regelmässig gemeinsam auswärts essen zu gehen. Wir fanden ein tolles Restaurant wo wir auf wundersame Weise IMMER ein Thema zu quatschen finden. Auch schon waren wir in anderen wo wir uns gegenseitig nur anschwiegen. Unsere Jungs ( die mein absolutes HIGHLIGHT sind ) werden ja auch schon 15 und 17 Jahre alt. Vielleicht finden wir bald Zeit für gemeinsame Intressen. Gebe die Hoffnung noch nicht auf. Den Jungs rate ich auf jeden Fall vom heiraten ab. Es verkompliziert vieles. Happy sein kann man auch ohne Trauschein. @ Marie-Theres wie wahr, toll geschrieben. Freue mich für das Liebesglück deiner Tochter. Eure Fee |
Blackforest | Geschrieben am: 28.07.2006 14:41 Aktualisiert: 28.07.2006 17:17 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 1927 |
![]() Hallo Marie Theres,
ich glaube, das ist wohl das Beste, was Du je geschrieben hast und auch wahr. Grüße Wolfgang End |
schnuckl | Geschrieben am: 28.07.2006 09:25 Aktualisiert: 28.07.2006 11:40 |
![]() ![]() User seit: 15.05.2006 aus: Saarland Beiträge: 335 |
![]() Hallo zusammen,
ich denke so oft, ich werde die Liebe, oder welche Vorstellungen damit verknüpft sind, nie begreifen, solange ich lebe. Ich habe festgestellt, die Erwartungen, die ich an meinen Partner habe, schaffen Probleme.Der kann das gar nicht leisten, also übe ich mich erstmal, mich selbst zu lieben und das zu tun, wozu ich Lust habe. Dann spüre ich, er hat auch Erwartungen, die er zwar nicht ausspricht, die sind aber da. Bin gerade dabei, nach knapp 11 Jahren Zusammensein festzustellen, das anfängliche Kribbeln oder was auch immer, ist weg. Nur noch Alltag, Kinderversorgung, Kinderbetreuung,Haushalt, Besprechen von organisatorischen Fragen. Ich habe seit Monaten keine Lust mehr auf Sex, fühle mich einfach in der Tretmühle. Dabei geht es uns gut... Ich bin gerne mit meinem Mann zusammen, nur dieses ursprüngliche Gefühl ist weg.... Ich würde es ja gerne herbeizaubern, will mit sonst gar keinem leben, doch abends bin ich einfach nur noch müde... Ja, ist das Liebe oder ist so das Leben?? Je älter ich werde, je mehr Fragen tun sich auf und je weniger Antworten finde ich. Ist ein sich damit Abfinden die Lösung? Und ist nicht jeder einmalig, so daß man gar keine Ratschläge (die ja auch wehtun können) erteilen kann? Mach jetzt mal Schluß, weil, wie gesagt, zur Zeit bin ich ein einziges Fragezeichen und bin froh, daß noch keins von meinen Kindern verliebt ist. Wüßte gar nicht, was ich dann raten soll... Vielleicht einfach nur den Moment genießen.... |
Gast | Geschrieben am: 28.07.2006 01:25 Aktualisiert: 28.07.2006 09:01 |
![]() Ja, so ist das im Leben eines jeden Menschens, mal früher mal später.
Im Laufe der Beziehung entwickelt sich eine(r) mehr, der Partner weniger, auf jeden Fall meistens in eine ganz andere Richtung. Schon seltsam das Leben und die Liebe. Am Anfang denkt man noch die kleinen Macken...sind sie nicht entzückend, gar unwiderstehlich...bis sich der Alltag einschleicht und man nur noch genervt ist. Mit Mühe versucht man den Partner in eine Richtung zu drängen, die man selbst für angemessen und richtig hält. Plötzlich schämt man sich für seinen Partner...was redet der denn jetzt für einen Stuss? Man sieht nur noch Fehler und unattraktives. Zeit zu gehen, denkt man sich und schon fängt das Leid an. Wer will schon jemanden absichtlich weh tun? Aber man will auch nicht untergehen, man hat nur das eine Leben. Been there, done that ![]() |
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