Man denkt ja immer, dass die Bürokratie nur in Deutschland gigantische Ausmaße annimmt. Aber weit gefehlt! Ein kleiner Einblick in den spanischen Alltag, Thema: „Ich geh mal schnell, die Autosteuer einzahlen.“ 10:45 Uhr: Losfahren. Baustelle. Warten. Im Ort Parkplatz suchen. Mist, alles voll. Neue Runde.
11:45 Uhr: Zur Bank. Schlange, anstellen, Langweile beim Warten. Endlich. „Ich möchte die Autosteuer bezahlen und künftig abbuchen lassen.“ – „Das geht nicht.“ – „Wie, das geht nicht?“ – „Sie können hier nur bis 11:00 Uhr bezahlen, steht doch drauf. Aber gehen Sie zum Amt soundso, dort können Sie bis 13:00 Uhr einzahlen.“ Weiter zum Amt soundso. Wieder anstehen. „Ich möchte, dass die Autosteuer abgebucht wird und das hier bezahlen.“ – „Macht soundso viel. Ne, Kreditkarte nehmen wir nicht, nur Bargeld.“ Gut, Kohle zusammen kratzen. „Und das ist die Abbuchungsgenehmigung fürs nächste Jahr. Damit müssen Sie zur Bank und diese abstempeln lassen.“ Hurra, zur Bank, da war ich doch eben! 12:30 Uhr: Erneutes Warten. „Ich brauch den Stempel für die Abbuchungsgenehmigung.“ – “Bitteschön.“ – „Und jetzt?“ – „Damit gehen Sie wieder zum Amt soundso.“ 12:55 Uhr: Amt soundso schließt in 5 Minuten! Hetz, lauf, geschafft. „Hier, nun mit Stempel der Bank!“ Lächeln. Das Papier wird abgestempelt. Uff. „Bitteschön, hier der Durchschlag, welchen Sie nur noch der Bank bringen müssen.“ – „Hä?“ Bank ist schon zu. Do it again, Mama. Fazit: Bürokratenesel sind international.
© Marie Theres Kroetz Relin, erschienen in Die Aktuelle Heft 12
User | Diskussion |
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ghic | Geschrieben am: 19.03.2009 12:02 Aktualisiert: 19.03.2009 23:03 |
![]() ![]() User seit: 18.01.2008 aus: Braunschweig Beiträge: 124 |
![]() Jedes Land hat seine ihm ganz eigene Bürokratie und die hat halt eben immer ein anderes Gesicht.
Hier in Deutschland beschränkt sie sich manchmal nicht nur aufs Gesicht, wenn ich das mal so platt ausdrücken darf. In den Jahren meiner "ausländischen" Leben, mußte ich mich immer wieder umstellen und das hat schon genervt. Die Lebenszeit die ich vor Schaltern und verschlossenen Türen verbrachte, will ich lieber nicht nachzählen. Und das macht das Leben doch auch interessant. Denn jedesmal bin ich Menschen begegnet die mir die Zeit sehr interessant "vertrieben" oder aber mich Neues lehrten oder nur ein paar nette Worte hatten (die unnetten vergesse ich oder lache heute drüber). Schlußendlich ist es das, was mir dazu in Erinnerung bleibt. Busfahrten zu Tageszeiten an denen ich arbeitete, Schlangen vor Schaltern mit Menschen die mit mir Rezepte tauschten oder den neuesten Klatsch oder über eine gute Ausstellung oder das Fernsehprogramm debattierten (weil ich es mir selten anschaute) usw. Im Rückblick ist alles viel schöner als in dem Augenblick wo mir manchmal doch fast die Nerven durchgingen. Im Endeffekt stehe ich heute immer noch lieber Schlange als im Internet alles zu regeln und im Laufe des Tages mit keinem Menschen gesprochen zu haben, es sei denn, ich hätte nach Telefon, Handy oder Webcam gegriffen. Denn rausgehen kann ich ja nicht, wenn das Leben sich nur virtuell online abspielt! So, nun geh ich in die norddeutsche Sonne raus und nehm den Bus nach Hause.... ![]() |
Brigitta-B | Geschrieben am: 17.03.2009 11:58 Aktualisiert: 17.03.2009 12:08 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 4761 |
![]() Spanische Gegendarstellung vom Festland:
Man erhält schon im Januar den Bescheid, dass man bezahlen muss, WANN man spätestens bezahlen muss, bzw. dass man es billiger kriegt, wenn man bis Ende März bezahlt, UND dass man ab sofort per Internet bezahlen kann. Also, das ist ja irre, das mache ich doch gleich, weil den Scheiß, den Muttern auf der Insel gerade beschrieben hat, den mache ich nicht auch nochmals mit - nachdem ich den -zig mal schon mitgemacht habe! Kurze Zeit später wird einem per E-mail mitgeteilt, dass sie - die Behörde - einem dann per Ende März die Autosteuer vom Konto abbuchen wird. Alles klar, soweit, so gut. ... so gegen Ende April wundert man sich, dass man von der Behörde immer noch keinen Beleg über die Abbuchung, bzw. über die bezahlte Steuer erhalten hat ... den Abbuchungsbeleg von der Bank, den hat man ja. Es steht aber ausdrücklich in den Bestimmungen, dass dieser KEIN AMTLICHES DOKUMENT ist, d.h. im Falle einer polizeilichen Kontrolle, würde er nicht gelten! ... d.h. die Bezahlung der Autosteuer ist damit zwar um sehr vieles leichter gemacht worden, aber man muss verd.... doch noch aufs Amt, um sich den elenden Steuerbestätigungsschein abzuholen, wenn man nicht Gefahr laufen will, bei einer Polizeikontrolle ins offene Messer zu laufen. Ha, und da steht man nun Schlange wie nie zuvor, weil immer mehr und mehr Leute diesen Weg der Bezahlung wahrnehmen. Das Amt hat bei dieser Umstellung der Bezahlung jedoch tonnenweise Leute abgebaut, d.h. es ist nun nur noch ein Schalter offen bei uns draußen auf dem Land ![]() ![]() Brigitta-Barcelona |
Gast | Geschrieben am: 15.03.2009 08:15 Aktualisiert: 15.03.2009 21:13 |
![]() Und ich dachte immer, Bürokratie sei eine deutsche Erfindung
![]() Danke für die Aufklärung Gruss Helga |
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lunka | Geschrieben am: 14.03.2009 23:45 Aktualisiert: 15.03.2009 21:12 |
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