Warum ich gestern nicht einkaufen war, kann ich heute auch nicht mehr sagen.
Da ich die Nacht lieber mit Freunden durchgequatscht hatte, anstatt mehr als nur 3 Stunden zu schlafen, hat mich der Krach vor meinem Schlafzimmerfenster zwar beizeiten doch unsanft geweckt.
Warum hat sich diese Schlampe von Nachbarin nicht endlich ein neues Auto gekauft!!
Jedes Mal wenn ihr Seat Panda oder Fiat Marbella nicht ansprang, sprang sie unseren gemeinsamen Nachbar an, damit er ihr helfen tut.
Das tat er immer wieder, lautstark wie es seine Art ist und wie sie es wohl besonders mag.
Anfangs sabberte der Motor, um dann irgendwann scheppernd aufzuheulen. Dann vibrierten meine alten Fensterscheiben und ich sprang endlich aus dem Bett, was bleibt einem sonst anderes übrig. So auch heute.
Ich schnappte mir die Klamotten vom Vorabend und ab Richtung Bad.
Mein Kopf dröhnte, das muss ich nicht extra betonen.
Als ich im Bad in den Spiegel blickte, wolle ich ihm nicht glauben und haute lieber wieder ab. Ich nahm ein Aspirin, setzte Kaffee auf und floh nach draußen auf den Balkon. Die Sonne stach schon morgens um 7 Uhr, welche Gemeinheit.
Das war der Augenblick in dem ich beschloss, in den größten Einkaufsladen zu fahren der einigermaßen bequem mit dem Rad zu erreichen ist.
Letzteres gab ich sofort wieder auf, denn mein hämmernder Kopf vergällte mir das Radfahren. Also das Auto. Gut.
Real? Warum nicht. Da ist es kühl und nirgendwo Sonne und um diese Zeit noch ruhig. Das war dann auch der Fall.
Nur ältere, gemächlich schlendernde Paare, der Mann in Tennissocken und Badelatschen, die Frau in Caprihose, weiß, mit geblümtem T-Shirt, Sonnenbrille auf gelbblondiertem Haar und beide meist dunkelbraun vom Frühsommer-Rentner-Urlaub.
Ich düste durch die Regale, mein Wägelchen fuhr diesmal sogar nicht um jede Ecke, sammelte schnell ein was ich glaubte zu brauchen und kurz vor der Kasse erinnerte ich mich, dass ich gestern die letzten Flaschen Merlot mit zur Party genommen hatte. Ich suchte verzweifelt nach meiner Lieblingsmarke, und die freundliche Einräumerin erklärte mir unaufgefordert, man hätte bei Real das Weinsortiment geändert.
Ich wollte nicht aufgeben und nachdem ich ihr in allen Details "meinen" Wein beschrieb, kniete sie sich vor das unterste Regal, räumte es aus und brachte 6 Flaschen von meinem Merlot ans Licht. Drei nahm ich mit, doch an der Kasse entschied ich mich, noch eine vierte dazu zu tun.
Leider hatte die Dame den Merlot wieder in die hinterste und tiefste Ecke verbannt. Sie musste nochmals hinknien, diesmal unter leichtem Murren, und stellte mir die Flasche unsanft vor die Füße. Ich lächelte sie an und meinte, sie sollte die beiden letzten Flaschen gut horten, 2005 sei der beste Jahrgang gewesen, ich würde in fünf Jahren wiederkommen, dann könnten wir sie gemeinsam leeren.
Sie lachte sogar. Nett, oder?!
Noch Rosen beim Blumenhändler, ich hatte es meiner Freundin versprochen! Die Schlange vor der Kasse war lang und die Kassiererin war Floristin gleichzeitig. Muß ich betonen, dass sie dabei war, in aller Ruhe einen wunderschönen Strauß zu binden?!
Ich haute ab ohne Blumen, mein Kopf ließ mir keine andere Wahl.
Beim hinausfahren entschied ich jedoch, noch zu tanken, denn hier war die einzig günstige Tankstelle weit und breit.
Wie schon öfters vorgekommen, vergesse ich auf welcher Seite mein Tankdeckel ist und prompt landete beim Schlauchrausziehen, Restbenzin auf meinem Rock. Es war der neue, drei Tage alt, extra für die Party gestern Abend erstanden, im SSV!
Hätte ich heut Morgen bloß die Klamotten von der Party liegen lassen und lieber nach der alten Jeans gegriffen....
An der Autokasse wusste ich plötzlich den Code meiner EC-Karte nicht mehr. Nach zweimaligem Versuch reichte ich meine zweite EC-Karte rein von einem fast leergefegten Konto. Dass mir der Code auch nicht mehr einfiel, das ist ja wohl klar.
Kein Bargeld, keine Karten, eine verständlicherweise bös dreinblickende Kassiererin und hinter mir eine Autokolonne von genervten "Vollgetankten".
Ich ließ meinen Ausweis zurück, man war so freundlich das anzunehmen.
Ich raste durch Rot über die Kreuzung nach Hause. Hinter mir blinkte es.
Die Polizei.
Ich fuhr an die Seite, blockierte die Busspur, der Bus kam wie bestellt und hupte. Ich fuhr weiter, der Polizist, alleiniger Insasse, hinterher und als ich ihm meinen Ausweis zeigen wollte, hatte ich keinen, logisch.
Er sah sich meinen Führerschein sehr genau an und meinte, beweisen könnte er es mir jetzt nicht, doch ich sollte mich in Acht nehmen, er hätte Namen und Autonummer notiert.
Ich fuhr geknickt nach Hause.
Als ich im Kofferraum nach der Tasche griff mit den Einkäufen, klirrte es so eigenartig. Vor meiner Eingangstür blickte ich nach unten und folgte dann mit den Augen einer dunkelroten Spur nach draußen. Der Wein!
Ja, eine Weinflasche war kaputt! Der Wein auf dem Mehl, im Käse und wo sonst noch auf allen Lebensmitteln. Und unübersehbar verteilt über die hellgrauen Flurfliesen.
Ich schmiss Tasche mit Inhalt ins Spülbecken, nahm Schrubber und Lappen und begann den Flur zu wischen und dann auch noch die Wohnung bis zum Spülbecken.
Danach versuchte ich zu retten, was vom Einkauf noch zu retten war - und ließ es wieder bleiben.
Dann wollte ich im Handy nach dem EC-Code sehen, der war dort unter einem Geheimnamen gespeichert. Handy platt! Und wo ist das Ladekabel?!!
Dann nahm ich mein Sparschwein und fand, ein Glück, genug Kleingeld, um den Sprit zahlen zu können.
Zurück zur Tankstelle, die Kassiererin sehr freundlich, nahm ohne Murren das Klimpergeld.
Doch ich vermisste die zweite meiner EC-Karten. Ich suchte das Auto ab, fuhr wieder nach Hause, danach wieder zurück zur Tanke, wo keine Karte zu finden war, zurück nach Hause, Bank angerufen und Karte sperren lassen. Was blieb mir denn Anderes übrig..?!
Ich will jetzt nicht erzählen, wie sich meine Kopfschmerzen in der Zwischenzeit anfühlten.
Eine Tasse Kaffee, dachte ich. Endlich, die erste an diesem chaotischen Morgen! Er war nicht mehr ganz heiß, doch ich trank die Tasse in einem Zug leer. Dann stellte ich fest: ich hatte nichts zum frühstücken gekauft.
Dann halt zu Fuß um die Ecke zum Bäcker. Der hatte kein Brot mehr, heute machte er ausnahmsweise früher Schluss. Ich nahm ein Rosinenbrötchen, dabei verabscheue ich Rosinen. In der Not frisst der Teufel Rosinen, oder so!
Ein Obststand an der Ecke, bot frische Kirschen und Himbeeren an. Die Kirschen waren so prall und schwarz, ich konnte nicht widerstehen. Der Händler überredete mich, den Rest zu kaufen, 2 Kilo.
Nun sitze ich hier, esse eine Kirsche nach der andern, habe dunke lgefleckte Finger, fast so dunkel wie die Weinflecke auf meinem neuen Rock der so gut nach Benzin duftet, mein Gedärm rebelliert, weil ich die Rosinenwecke doch nicht gegessen habe und die Kirschen sich mit dem Milchkaffe nicht vertragen.
Die Kopfschmerztabletten liegen mir auf dem Magen und der Hammer in meinem Schädel hat immer noch nicht Feierabend.
Heute Abend ist wieder Grillfest angesagt, dabei wollte ich vorher noch in die Stadt zur Christopher-Parade und davor noch aufräumen was von dem Einkauf noch in der Spüle liegt, bevor sich die Fliegen den Rest aufgeteilt haben.
Am besten wär’s, es fängt jetzt fürchterlich an zu regnen, dann hauen die Fliegen ab, ich fahr bestimmt nicht mehr Richtung Stadt, das Grillfest fällt ins Wasser und ich lege mich hin und schlaf mich aus und gönne meinem geplagten Köpfchen endlich Ruhe.
Denn ich habe auch kein Aspirin mehr und Paracetamol vertrage ich nicht.
Ich geh heut nicht mehr aus dem Haus, das ist beschlossene Sache!!!
Versteht ihr jetzt, dass das Leben nicht einfach ist....
Begreift ihr jetzt, warum es besser ist, vom Leben zu schreiben anstatt sich ihm zu stellen....
Wer nicht vom Leben überrascht werden will, sollte es meiden.
Ansonsten könnte es sein, es fällt einem ganz plötzlich auf den Kopf!
Und dann......?!!!!
PS.
Morgen wird im nahe gelegenen Park eine Bombe, ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft. Alle Anwohner werden evakuiert.
Was soll ich bloß machen?!
© Ghita Cleri
User | Diskussion |
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lunka | Geschrieben am: 02.08.2008 00:01 Aktualisiert: 02.08.2008 13:55 |
![]() ![]() User seit: 19.07.2007 aus: Beiträge: 1222 |
![]() ![]() wünsche ich dir ein schönes Wochenende! Ich kann es nachvollziehen, manchmal haut der Alltag (oder ein Samstag) einen einfach um. Aber dann kommen bessere Zeiten. Ja, das Leben ist tatsächlich nicht einfach. |
PetKro | Geschrieben am: 01.08.2008 16:58 Aktualisiert: 02.08.2008 13:54 |
![]() ![]() User seit: 23.05.2008 aus: Beiträge: 118 |
![]() Vor meinem geistigen Auge sehe ich regelrecht deine Gedanken
Purzelbaum schlagen und Achterbahn fahren. Und selbst beim Lesen wird einem ganz schwindelig. ![]() |
Blackforest | Geschrieben am: 30.07.2008 21:07 Aktualisiert: 30.07.2008 21:47 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 1927 |
![]() Ja der tägliche Wahnsinn! Aber alles ist in Wirklichkeit so wie man es kreiert.
Kreieren wir Chaos, so haben wir Chaos! Dazu kommen andere, die auch kreieren. Auf diese Art und Weise kommst du in das Chaos der anderen. Aber wehe du wirst Wirkung davon. Dann haben wir das 'Dick und Doof- Spiel'. Grüße Wolfgang End |