Beinahe zärtlich schraubt er den Tankdeckel seines Opels ab und steckt den Tankstutzen in die Öffnung. Er streckt seine Nase in den Benzindampf und lässt die goldene Flüssigkeit ins Auto laufen, bis es ihm durch ein „Klick“ zu verstehen gibt, dass es genug hat. Er und sein Auto verstehen sich wortlos.
Dann steigt er ein und will sich einreihen um wieder auf die Hauptstraße abbiegen zu können.
Aber was muss er da sehen? Vor ihm ein VW, und der blockiert nicht nur die Spur, auf der es gerade ausgeht, sondern steht auch noch fett auf seiner Abbiegespur.
Er reckt seinen Hals um zu sehen, wer in dem Auto vor ihm sitzt und seine Lippen formen die Worte: Frau am Steuer, Ungeheuer.
Jetzt wäre die perfekte Gelegenheit sich in der stark befahrenen Straße einzureihen, doch das Ungeheuer vor ihm bewegt ihren VW keinen Meter.
„Die will natürlich auf Nr. sicher gehen“, murmelt er. Energisch drückt er auf die Hupe und droht ihr mit der Faust. „Hopp jetzt!“ Die Frau bezieht das Gehupe nicht auf sich. Geduldig wartet sie auf die rote Welle und ihre Gedanken schweifen zu den Tannenzweigen ab, mit denen sie heute noch die Wohnung schmücken wird.
Selbst jemand, der keine Ahnung vom Lippenlesen hat, hätte die Botschaft des Opelfahrers verstanden: „Spinatwachtel! Fahr schon!“ Die paar Haare, die er noch hat, stehen in alle Richtungen und die Herzspezialisten würden sich angesichts seines roten Gesichts schon die Hände reiben, doch davon merkt er nichts. Er lässt die Fensterscheibe herunter und brüllt: „Jetzt fahr endlich du alte Schaßdackn!“ Kleine Schweiperlen stehen ihm auf der Stirn, er lässt den Motor verzweifelt aufröhren:“ Was macht die denn da vorne? Krampfadern zählen? Riechkolben pudern? Sich depperte Rezepte ausdenken? Darf denn das wahr sein?“
Er steigt jetzt aus. Er steigt jetzt aus. Er steigt jetzt aus.
Zornig fingert er an seinem Gurt, da setzt sich der VW in Bewegung und reiht sich nonchalant ein.
„Na endlich“, seufzt er und betätigt seinerseits den Blinker. Er will soeben seine Fahrt fortsetzen, da schickt sich eine Blondine in einem scharfen Mini an, vor ihm über die Straße zu gehen.
Schnell steigt er auf die Bremse, glättet sich gleichzeitig die Haare und geleitet die Blonde mit einer galanten Handbwegeung über die Straße.
„Nach ihnen, meine Dame“, flötet er, „ ich als Mann von Welt habe alle Zeit der Welt.“
© Ursula Tallafuß
User | Diskussion |
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Brigitta-B | Geschrieben am: 22.02.2007 23:44 Aktualisiert: 23.02.2007 12:16 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 4761 |
![]() Jeder Popel fährt einen Opel
![]() ![]() ![]() Brigitta-Barcelona |
Blackforest | Geschrieben am: 22.02.2007 17:56 Aktualisiert: 22.02.2007 21:31 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 1927 |
![]() Der hätte Polizist werden sollen!
Grüße Wolfgang End |