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Presse : Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie das erlebt hätte...
Veröffentlicht von anja am 23.04.2006 13:21 (646 x gelesen)

Der Tod meiner Mutter veränderte schlagartig meine Lebens-Sichtweise: Bis dahin stand ich im Sandkasten und schaufelte viele kleine Löffel Sand in mein Förmchen - „Backe, backe Kuchen“ - ganz selbstverständlich. Ich sammelte ein buntes Leben und klopfte mit meinem „Energie-Schäufelchen“ auf den Sand.
Am 26. April 2005 wurde mein Lebens-Sand von Tränen durchtränkt, als ich mich endgültig von meiner Mutter verabschieden musste.

Ich nahm also die Form und kippte sie um: mein Lebenskuchen stand vor mir. Der Inhalt war der gleiche geblieben, aber der Blick darauf ein anderer geworden. Mir wurde klar, dass gar nichts „selbstverständlich“ ist: Die Grundlage für unsere Existenz in dieser Gesellschaft ist die Arbeit der Frauen, aber diese wird sowohl qualitativ als auch quantitativ unterbewertet und ihre Leistung viel zu wenig wahrgenommen. So auch bei meiner Mutter: In Deutschland wurde Maria Schell gern in die Heile-Welt-Schublade gestopft und als „Seelchen“ abgestempelt. Dabei hatte sich doch diese große Seele mit ihren Filmen in viele Herzen gespielt!
Ich war dankbar, dass wenigstens meine Hommage sie noch erreichte: einen Tag vor ihrem Tod erschien mein Text „Eine lebende Legende ruht sich aus. Viva la Mamma!“ in Die Aktuelle.

Dass die Filmlegende endlich die Ehre erhält, die ihr gebührt, dafür sorgt nun mein Bruder Oliver Schell. Ein Gespräch unter Geschwistern:

M.Th.: Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt plant eine große Ausstellung. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?

Oliver: Noch zu Muttis Lebzeiten entstand die Idee zu dieser Ausstellung. Gunther Fette, ein langjähriger Freund der Familie, arbeitet mit dem Deutschen Filmmuseum zusammen und trat mit dieser Idee an Maximilian und mich heran, aber damals wurde nichts daraus.
Nach Mutti's Tod war der Zeitpunkt erreicht, ihr ein Denkmal zu setzen, damit diese große Schauspielerin nicht in Vergessenheit gerät. Es gab erneut Gespräche und Maximilian sagte seine Unterstützung zu. Er brachte mich mit Hans-Peter Reichmann zusammen, der mich mit der Ersterfassung des Nachlasses beauftragte.

M.Th.: Wie hast Du den Nachlass ausgesucht?

Oliver: Ich habe zunächst versucht mir einen Überblick zu verschaffen, was überhaupt noch alles vorhanden ist. Die Vorgabe des Museums war, sich hauptsächlich auf jene Dinge zu konzentrieren, die mit Ihrem beruflichen Schaffen zu tun haben, also Drehbücher, Film- und Bühnenfotos, Auszeichnungen, Plakate, Verträge, Notizen, Requisiten, sowie natürlich die ganze Presse - von Kritiken über Klatsch, die Korrespondenz mit Theateragenturen, Filmstudios, Agenten und so weiter. Dabei sollte aber versucht werden, neben dem "Weltstar" auch die "private" Seite der Maria Schell zu zeigen. Also ging ich auf die Suche und fand Fotos, Dokumente, Briefe und diverse Gegenstände, die ein Bild von ihr abseits der Öffentlichkeit ermöglichen.

M.Th.: Mit wem hast Du den Nachlass ausgesucht?

Oliver: Ich habe Sarah (seine Tochter) mit auf die Alm genommen. Sie war mir durch ihre schnelle Auffassungsgabe, ihr präzises "Sich-Hinein-Denken" und ihren enormen Fleiß eine große Hilfe. Sarah besucht die Fachoberschule für gestaltende Kunst in München und schreibt dieses Jahr ihr Fachabitur. Für sie war es eine schöne Gelegenheit, sich mit dem Leben und beruflichen Wirken ihrer Großmutter, die sie ja leider nur noch im Stadium der Krankheit erlebt hatte, auseinander zu setzen.

M.Th.: Welche Gefühle löste die Suche nach „Mamis Spuren“ in dir aus?

Oliver: Da die Ersterfassung des Nachlasses schon relativ kurz nach Muttis Tod stattfand, hatte ich ein wenig Bammel, die erste Person zu sein, die das Haus betritt. Es war ja alles verschlossen worden- zugezogene Vorhänge und Zutritt für niemanden- um ihr Zuhause vor neugierigen Blicken zu bewahren. Aber als Sarah und ich zu arbeiten begannen, war es wie ein "Nachhausekommen": Ich habe mich in Muttis Haus sofort warm und geborgen gefühlt, da war von "Tod" und "Krankheit" nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, es war eher so, als ob Muttis Seele in jedem Winkel ihres Hauses gerufen hätte "Schön, dass ihr das macht, ich danke euch!" Klingt merkwürdig, aber es war wirklich schön, so kurz nach Muttis Tod in ihren Räumen den Grundstein zu ihrem Denkmal setzen zu dürfen.

M.Th.: Wie hast Du Mami, privat und beruflich, in Erinnerung?

Oliver: Ich erinnere mich in erster Linie an einen Freund, allerdings einen schwierigen Freund. Ich habe Mutti über alles geliebt. Sie war in der Lage, meine tiefsten Gefühle, Gedanken und Ängste zu verstehen und sie setzte dieses Verständnis für mich in Hilfe, Worte und auch Taten um. Aber durch ihren Beruf, ihrer "Berufung" und dem Drang nach "mehr Leben" konnte sie mir diese Hilfe nicht in der Kontinuität geben, wie ich es eigentlich gebraucht hätte.
In ihrer Arbeitsweise war sie eine große Verfechterin der Methode von Stanislawski: sie hat sich immer hundertprozentig in ihre jeweilige Rolle begeben, sie lebte sie mitsamt der erdachten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Jede Rolle wurde so zu ihrer eigenen „Wahrheit“, gepaart mit ihrer Begabung wirkte sie für ihr Publikum immer glaubhaft.
Aber für uns Kinder war es streckenweise schon schwierig. Denn Kinder brauchen eine Mutter deren Seele DA ist, und nicht irgendwo gerade in der Seelenwelt einer "Gruschenka" steckt. Heute verstehe ich Mutti, sie konnte nicht anders handeln. Sie war, auf ihre Weise, die beste Mutter.

M.Th.: Was erhoffst Du Dir von der Ausstellung?

Oliver: Mit dieser Ausstellung wird einer großen Schauspielerin des 20. Jahrhunderts ein würdiges Denkmal gesetzt. Man darf nicht vergessen, dass Mutti nach dem 2. Weltkrieg, als wirklich alles in Schutt und Asche lag, den in jeder Hinsicht ausgehungerten Menschen die Hoffnung wieder gegeben hat. Die Ausstellung soll an eine Frau erinnern, die sich, vermutlich unbewusst, dazu entschlossen hat, durch ihre Schauspielerei den Menschen zu zeigen, dass es immer noch Liebe und Hoffnung gibt! Und deshalb wurde sie so geliebt.





© M.Th. Kroetz Relin 14.04.05

Info zur Ausstellung:
Im Deutschen Filmmuseum Frankfurt wird vom 30. Januar bis Ende Juni 2007 auf 300 Quadrat-Meter der Nachlass des künstlerischen Schaffens von Maria Schell ausgestellt. Der Besucher hat neben dem Einblick in ihre Arbeitsweise auch die Möglichkeit, die Filme im hauseigenen Kino zu sehen. Ein 240 Seiten umfassender Katalog mit Texten namhafter Historiker und Kollegen wird die Ausstellung dokumentieren.

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User Diskussion
Groebi
Geschrieben am: 26.04.2006 11:06  Aktualisiert: 26.04.2006 12:33
User seit: 27.10.2005
aus: Hamburg
Beiträge: 44
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Hallo Marie-Theres,
Ein wunderbares Gespräch unter Geschwistern.Leider war ich vor nun schon 15 Jahren(es kommt mir vor wie vor 1 Jahr) allein ,allerdings in engem Kontakt mit meiner Cousine,die meine Mutter sehr liebte.Noch heute tut es gut,Fotos ,Tagebuchaufzeichnungen mit gemeinsam durchzusehen .
Für Dich wird es fast täglich Erlebnisse,schöne,ernste Situationen geben,die Du mit Deiner Mutter erleben,besprechen möchtest.Und der stille Ausruf: das hätte ihr gefallen!
Da ich mit den Filmen Deiner Mutter groß geworden bin und mit zunehmenden Alter sie mehr und mehr zu schätzen weis,freue ich mich auf die Ausstellung in Frankfurt. Viele Grüße Moni
Gast
Geschrieben am: 26.04.2006 09:55  Aktualisiert: 26.04.2006 10:00
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Deine Mutter hat sich in die Herzen so vieler gespielt.
Ich dachte, heute an ihrem Todestag würde es einen Film mit ihr im ORF geben, einen Artikel in der Zeitung...
Das dem nicht so ist, ist sehr traurig.
Wie gut, dass Maria Schell zwei so tolle Kinder hat, so bekommt sie wenigstens diese tolle Ausstellung.
Mein Beileid.
MarieTheres
Geschrieben am: 26.04.2006 00:03  Aktualisiert: 26.04.2006 00:03
Webmaster
User seit: 03.10.2005
aus: Bayern - Teneriffa
Beiträge: 1399
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Es war ein langes und schweres Jahr ohne Dich, Mami. Drück Dich, wo auch immer Du gerade bist.

Heute vor einem Jahr ist meine Mutter gestorben.
Sie wäre in diesem Jahr 80. geworden.
Die Medien haben nicht darüber berichtet.
Merkwürdig.

Danke an Hedwig, Erika und vor allem Erna, für eure schönen Kommentare.

Gruß

M.Th.
erna
Geschrieben am: 24.04.2006 12:26  Aktualisiert: 24.04.2006 20:29
User seit: 24.10.2005
aus:
Beiträge: 90
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Maria Schell hat diese Ausstellung verdient.

Sie lebt auch in meiner Erinnerung weiter mit ihrer Ausstrahlung und ihrem einmaligen Lächeln.

LG. erna

Erika
Geschrieben am: 23.04.2006 22:37  Aktualisiert: 24.04.2006 08:52
User seit: 03.02.2006
aus:
Beiträge: 12428
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Dein Beitrag hat mich sehr beeindruckt. Ich weiß von meiner Mutti, wieviel Maria Schell den Menschen in der Nachkriegszeit bedeutet hat. Sie erzählt oft, wie knapp das Geld damals war, aber ins Kino zu gehen, war obligatorisch. Schließlich war es ein Film mit "der Schell".

Schön zu lesen, wie diese Frau auch von ihren Kindern geliebt wurde.

Liebe Grüße, Erika
Hedwig
Geschrieben am: 23.04.2006 17:17  Aktualisiert: 23.04.2006 17:57
User seit: 30.12.2005
aus:
Beiträge: 771
 Re: Marie Theres Kroetz Relin - Viva la Mamma- wenn sie d...
Die Ausführungen deines Bruders haben mich sehr berührt. Bisher habe ich deine Mutter nie als Mutter gesehen immer nur als das Seelchen des deutschen Films.
Was mich auch ganz stark interessieren würde, wären deine eigenen Gedanken über deine Mutter. Hast du darüber schon einmal etwas geschriebe? Wenn ja, wo kann ich es lesen?
Ich selbst habe meine Mutter sehr früh verloren, damals war ich 25 Jahre alt. Bis jetzt nach mehr als 25 Jahren habe ich den Verlust noch nicht richtig aufgearbeitet.
Frankfurt ist nicht so weit von mir, da werde ich mit Sicherheit die Ausstellung ansehen.

LG Hedwig



 

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