Traunstein – Montag, der 20. November, 10 Uhr in der Früh, Familiengericht Traunstein. Thema: Scheidung von Schauspieler und Dramatiker Franz Xaver Kroetz (60) und Bestseller-Autorin Marie Theres Kroetz-Relin (40)! Da wollte ich natürlich dabei sein. Schon allein, weil ich auch bei der Hochzeit war. Ganz oder gar nicht!

Also stand ich ordnungsgemäß um 8 Uhr auf und stieg etwas später schlaftrunken ins Auto meiner noch verheirateten Mutter.

Es war ein eiskalter Tag, es regnete – und ich war trotz Müdigkeit schon in absoluter Scheidungsstimmung. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Dann kam die Pleite: Ich durfte nicht mit und außerdem war der „Große Gerichtsaal“ nur ein mickriges Besprechungszimmer.

Da stand ich nun nicht ausgeschlafen in der Kälte mit dem Autoschlüssel, den meine Mutter mir noch schnell in die Hand gedrückt hatte („Falls es anfängt zu regnen ...“) – und noch dazu, ohne dabei zu sein.

Also packte ich meinen Krempel und überlegte, wo ich ein warmes Plätzchen finden konnte: im Einkaufszentrum! Ich kaufte mir zwei Jeans, zwei Pullover, gönnte mir einen Kaffee und war mein Geld los.

12.00 Uhr! Mein Handy! Es klingelte! Ich lief zum Gericht und stürzte die Stufen hoch, ging geradewegs auf das blöde Besprechungszimmer zu.

Und da ... Da waren die beiden, lächelten sich an, hatten Tränen in den Augen und lagen sich in den Armen! „Unglaublich“, dachte ich. „Ich glaub, ich bin im falschen Film.“

Die beiden verstanden sich so gut wie schon lange nicht mehr. Ich war etwas durcheinander, muss ich zugeben. Also schnappte ich mir die Kamera und schoss die ersten Scheidungsbilder: lustig, zufrieden, ein Team!

So was hätte selbst ich als Tochter nicht gedacht, aber wie man so schön sagt: Man soll nicht alles glauben, was man denkt!

Das Happy End: Bin nun erfolgreich glückliche Scheidungstochter und die Jeans passen!

© Josephine Kroetz erschienen in
BILD
am 22.11.06