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Texte : BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zufriedenes Ganzes
Veröffentlicht von MarieTheres am 21.09.2008 12:30 (634 x gelesen)

„Klappe!“, ruft Regisseur Josef Vilsmaier und springt hinter dem Monitor hervor. Er ist zufrieden mit meiner Leistung. Ich auch, denn erstens stand ich ewig nicht mehr vor der Kamera, zweitens ist es nicht leicht, drei Sätze auf vier Minuten zu spielen, und drittens ... „Eine Schnapsklappe nach Drehschluss geht auf mich!“, rufe ich dem Team zu. Es ist für eine Schauspielerin bei einer 2-Tagesrolle eher ungewöhnlich, ein Gläschen Prosecco springen zu lassen, aber es gibt etwas zu feiern.

„Heute vor einem Jahr ...“, beginne ich meine Ansprache, „stand ich mit dem werten Hauptdarsteller vor dem Scheidungsrichter. Heute stand ich mit Franz und meiner Tochter für Die Geschichte vom Brandner Kasper vor laufender Kamera und spielte seine „verstorbene Frau“ im Paradies. Das wäre zu Ehezeiten gar nicht möglich gewesen! Auf diese paradiesischen Zustände will ich anstoßen!“ Ich proste fröhlich meinem Exgatten zu.
Cut. Ein Film im Film? Nein, meine Realität! Auch wenn mein Gastauftritt im endgültigen Film nur noch zwei Sekunden dauert, es hat Spaß gemacht. Immerhin war ich jungen Jahren eine erfolgreiche Schauspielerin, bis ich mich in meinen Dichter verliebte und eine steile Karriere als dreifache Mutter startete. Kurz: Ich mutierte zur besseren Hälfte. Mit zirka 35 Jahren nahmen die zufriedenen Mutterhormone ab, ich begann zu denken und die Unzufriedenheit kam: Was, wenn die Ehe nicht mehr glatt läuft? – Magere Aussichten offenbarten sich. Kein Beruf, kein eigenes Einkommen, keine Rente. Das muss sich ändern!
Step one: Ich kaufte mir einen Computer. Wozu braucht eine Hausfrau einen Computer? Na, damit frau sich mit der Technik beschäftigen kann, z.B. um die Hausfrauenrevolution.com ins Leben zu rufen. Das war Step two. Meine Homepage wurde über Nacht ein Erfolg, denn es gab viele Artgenossinnen, die nach Anerkennung, Kreativität und Unabhängigkeit strebten. Step three: Ich begann zu schreiben und erschrieb mir einen Beruf. Jetzt war ich finanziell unabhängig und konnte – Step four – die Scheidung einreichen.
Sie war harmonisch-tränenreich und wurde zugleich der berufliche Einstieg meiner Tochter. Josephine schrieb für Bild den Exklusiv-Scheidungsbericht, wurde daraufhin von einem Verlag entdeckt und schrieb ihr Romandebüt mit gerade mal 19 Jahren: „Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich bloß in ihr zurechtfinden – Eine Geschichte für Scheidungskinder“.
Es ist schon eine Erfolgstory der besonderen Art! Heute verstehen mein Ex-Göttergatte und ich uns hervorragend. Übers Jahr betreue ich die Kinder und im Sommer heißt es für zwei Monate: „Hotel Mama“ geschlossen! Die Kids gebe ich bei F.X. ab und mache Urlaub! Das hätte ich mal während der Ehe sagen sollen: „Du Schatzi, ich bin dann mal weg.“
Während sie ihren Vater genießen, der mittlerweile perfekt kocht, putzt, wäscht und auf ein ordentliches Ferienprogramm achtet, kann ich z.B. reisen, mich auf die Suche nach meinen Ahnen begeben und in Ruhe an meinem (mittlerweile fertigen) Buch schreiben: „Wie im Nebel befangen – ich puzzle mir die Schells“. By the way, ich bin stolz, aus einer so tollen Familie zu stammen und mein Adelstitel „von“ (Exfrau von, Tochter von ...) ist mir richtig ans Herz gewachsen.
Wieder ein Happy End. Bei so viel Gefühlsduselei werden Sie sich fragen, warum die Gute nicht verheiratet blieb? Ganz einfach: Im ersten Stadium der Liebe war jeder noch eine Persönlichkeit. Drum hat man sich ja verliebt! Zu Beginn verlangt keiner eine Veränderung. Erst mit dem Zusammenleben kommen die Probleme, spätestens dann, wenn beide Zahnbürsten im gleichen Glas landen. Mit dem Alltag und den Kindern schleicht sich die Gewohnheit ein und einer beginnt sich zu „verstellen“, einen Teil von sich aufgeben. Voilá – schon lebt man in einer Abhängigkeit. Finanziell und emotionell. Diese führt früher oder später zur Unzufriedenheit. Man verliert sich in der Verstellung und vergisst dabei sich selbst. Man sucht einen Schuldigen für die eigene Misere, Vorwürfe mutieren lawinenartig zum Streit und solange man streitet, hat man sich wenigstens noch etwas zu sagen. Erst, wenn das Schweigen ausbricht und die Ohnmacht, gepaart mit Gleichgültigkeit, sich ausbreitet, beginnt der Zerfall der Beziehung. Da hilft nur noch eins: zurück zu den Wurzeln. Das bedeutet Arbeit: weiter lernen, weiter kämpfen. Manche Paare schaffen das sogar innerhalb einer Beziehung.
Aber Vorsicht, auch vor Singles macht die Unzufriedenheit nicht halt! Drum mache ich, trotz Beruf und Kindern, regelmäßig meine Träume wahr: Ich lerne Klavier, Gesang, gehe zum Salsa-Kurs und lerne sogar fliegen! Vor kurzem hab ich die erste Prüfung fürs Gleitschirmfliegen bestanden und kann mich fast Pilotin nennen, rein theoretischer Natur. Hätte mir jemand vor drei Jahren gesagt, dass ich freiwillig in die Luft gehen würde, trotz Höhenangst, ich hätte ihn ausgelacht. Doch wer lernt, bleibt nicht stehen und lernt sogar fliegen.
Und die Moral von der G’schicht? Lieber ein zufriedenes Ganzes als zwei geschrottete Hälften!


© M.Th. Kroetz Relin erschienen in BILD AM SONNTAG, 21.9.08

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User Diskussion
puenktchen
Geschrieben am: 24.09.2008 22:36  Aktualisiert: 24.09.2008 23:50
User seit: 24.10.2005
aus:
Beiträge: 2227
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Ein toller Text und wenn es auch noch der Realität entspricht, was ja so scheint, dann Glückwunsch, leider ist die normale Realität viel schwieriger, ich erlebe das gerade bei meiner Umgebung, nicht so lustig.

Ich bin froh, dass bei mir nach 31 Jahren Ehe noch kein Alltag und kein Schweigen eingetreten ist, obwohl ich manchmal schon gerne ausbrechen würde, aber wirklich nur manchmal. Aber dieses Gefühl des Veränderns hat man wohl immer irgendwann mal, ganz egal, in welchen Umständen man lebt.

Noch immer bin ich ganz gerne verheiratet, auch mit dem gleichen Mann und ich hoffe für mich, es dauert noch sehr, sehr lange.

Es muss eben jeder für sich das finden, was für ihn persönlich gut ist, ein Rezept gibt es leider nicht, weder für die Ehe noch für ein Singledasein.

Hiermit wünsche ich allen Glück für ihr persönliches Leben, ich hoffe, es geht allen gut dabei.


Pünktchen
Gast
Geschrieben am: 24.09.2008 13:14  Aktualisiert: 24.09.2008 23:29
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Der Urmensch war einer Legende nach ein Kugelmensch und es gab keine zwei Geschlechter. Den Göttern wurde die vierarmige und vierbeinige Kugel allerdings zu mächtig und deshalb soll Zeus sie in der Mitte geteilt haben. Und seit dieser Zeit suchen die Männer (Frauen hatten damals offenbar noch nix zu suchen) ihre "bessere Hälfte"
lunka
Geschrieben am: 23.09.2008 20:38  Aktualisiert: 23.09.2008 22:52
User seit: 19.07.2007
aus:
Beiträge: 1222
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
M.Th., ich freue mich für dich.

(bei mir ist es grad umgekehrt, ich traue mich nicht zu heiraten. Ich denke, dann fangen die Probleme an und dann denke ich an Scheidung. So leben wir schon eine zeitlang zusammen und spaßen, wann und ob wir heiraten . Obwohl er immernoch mein Außerwählter ist)

Weiterhin alles alles Gute,
deine Geschichte gibt anderen Frauen Mut, "Lieber ein zufriedenes Ganzes als zwei geschrottete Hälften"--> trifft voll ins Schwarze!
Gast
Geschrieben am: 23.09.2008 08:27  Aktualisiert: 23.09.2008 13:50
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Mir gefällt der Vergleich -bessere Hälfte- / -zufriedenes Ganzes-.
Ich hab mir zum ersten Mal ernsthaft über den Ausdruck "bessere Hälfte" Gedanken gemacht. Wer hat den eigentlich geprägt? Männer sagen ja oft "meine bessere Hälfte". Mal abgesehen davon, dass ich nicht irgendeine Hälfte meines Mannes sein möchte, frage ich ich mich:"Wissen mehr vielleicht doch ganz tief in ihrem Inneren, dass wir Frauen der bessere Part einer Beziehung sind?" Mein Mann würde an die Decke gehen, wenn ich ihn das fragen würde. Aber vorher kommt er nun wirklich dieser Ausdruck?

@minke, ich wünsche dir, dass es für dich ebenso gut weitergeht wie für Marie Theres. Ich bewundere deinen Mut, aber es ist ja bekanntlich nie zu spät für einen Neuanfang. Ich drück dir die Daumen.

Helga
Subura
Geschrieben am: 22.09.2008 12:24  Aktualisiert: 22.09.2008 12:56
User seit: 27.02.2007
aus: Niederrhein
Beiträge: 7887
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Minke: ... endlich!
minke52
Geschrieben am: 22.09.2008 00:21  Aktualisiert: 22.09.2008 09:59
User seit: 15.01.2006
aus: Sachsen
Beiträge: 2105
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Ein wunderbarer Text, der mir besonders unter die Haut geht. Denn auch ich habe mich gerade befreit - endlich, nach 27 Jahren - noch tobt der Nervenkrieg. Aber auch der wird vergehen und dann fange ich an zu leben.
Mit 56 Jahren ein bisschen spät, aber egal, lieber spät als nie!
LG minke
Subura
Geschrieben am: 21.09.2008 16:36  Aktualisiert: 22.09.2008 00:07
User seit: 27.02.2007
aus: Niederrhein
Beiträge: 7887
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Jep!!!
jippie
Geschrieben am: 21.09.2008 13:02  Aktualisiert: 21.09.2008 14:46
User seit: 30.12.2005
aus:
Beiträge: 3928
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Ich kann dir nur beipflichten.
Nie war ich zufriedener als jetzt:
Glücklich geschieden und finanziell unabhängig.
Ich genieße die Freiräume, die ich in der Ehe nie hatte und mir auch nie zu nehmen getraut hätte.
Auch mein Ex genießt die Zeit, ganz Vater sein zu dürfen.
Meine Tochter wächst mit zufriedenen Eltern auf, die zwar kein Paar mehr sind aber gerade deshalb zufrieden sind und sich ganz auf sie konzentrieren können.
Es ist schon irgendwie komisch.....
Blackforest
Geschrieben am: 21.09.2008 12:49  Aktualisiert: 21.09.2008 14:44
User seit: 23.10.2005
aus:
Beiträge: 1927
 Re: BILD AM SONNTAG: Vorher: bessere Hälfte – Nachher: zu...
Das habe ich noch nicht geschafft, als erster die Geschichte zu lesen. Aus Null wird eine Eins!
Das Leben ist ein Abenteuer, auch eine Ehe!
Grüße
Wolfgang End



 

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