„Ich verstehe dich echt nicht!“ diskutiert Muttern mit sich selbst, während sie den 20 Kilo schweren Gleitschirm auf den Berg schleppt. „Du wolltest fliegen lernen und hast dir diesen Grundkurs gewünscht! Oder?“

Außer Atem kommt sie auf der Anhöhe an. Ein einmaliger Blick auf die Schweizer Berge liegt vor ihr. Sie atmet tief den Duft von frisch gemähtem Gras ein. „Mein Selbstbewusstsein ist weg. Ich hab´ das Gefühl, ich schaff´ das nicht.“, denkt sie verzweifelt. Trotzdem legt sie mit zitternden Händen den Schirm aus und bereitet sich für den Start vor, so wie alle Schüler. Ihr Herz springt vor Aufregung zwischen Hals und Magengrube hin und her. Wie paralysiert wiederholt sie das Sprichwort „Dem Adler wachsen die Schwingen im Flug.“, um ihren verlorenen Mut wiederzufinden. Die ersten Gleitschirme heben ab. Sehnsüchtig blickt Muttern in den Himmel, wie ein Kind, das bunten Luftballons hinterher schaut. Ihre Gedanken laufen Amok. „Ich kann nicht! Aber wer das sagt, setzt sich selbst Grenzen. Denk an die Hummel!“ rät ihr ihre innere Stimme. „Die Hummel hat 0,7 cm2 Flugfläche bei 1,2 g Gewicht. Nach den bekannten Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen. Aber die Hummel weiß das nicht und fliegt einfach!“ - „Bist Du bereit?“ hört sie ihren Fluglehrer durchs Funkgerät fragen. „Ja.“ murmelt sie leise. Und entschieden startet sie ihren Gleitschirm, hebt ab und sanft fliegt sie weit über ihre eigenen Grenzen.
Guten Flug, Muttern!


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Ikarus Flugschule Interlaken
Merci Häppy!

© Marie Theres Kroetz Relin, erschienen in Die Aktuelle Heft 35