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Texte : Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
Veröffentlicht von MarieTheres am 14.05.2009 19:15 (513 x gelesen)

Oder eine neue „unsere Wohnung“?

Karl und Elisabeth hatten sich beim Tanztee im Seniorenclub kennen gelernt. Karl war deutlich älter als seine Freundin...
Es war aber kein Grund, sich nicht gern zu haben - im Gegenteil!

Elisabeth hatte viel Kummer in ihrem Leben ertragen müssen und war dankbar, dass Karl sich nun so liebevoll ihrer annahm. In vielen Gesprächen stellten beide fest, dass eine gewisse Harmonie zwischen ihnen vorhanden war – sie wussten, es war mehr als nur „sich mögen“...

Sie besuchten sich gegenseitig, verbrachten dann auch aufregende Nächte miteinander. Karl fürchtete erst ein bisschen die Kommentare der Nachbarn, wenn ruchbar würde, dass eine Frau bei ihm über Nacht blieb.
Aber die gemeinsamen Erlebnisse wogen doch schwerer und beide genossen das Leben miteinander sehr... Einzig eine Nachbarin, die es wohl auch auf Karl abgesehen hatte, machte ein paar spitze Bemerkungen, über die Elisabeth und er herzhaft lachen konnten. Der Neid war klar zu spüren...

Beide konnten sich alles erzählen. Elisabeth gestand ihre Schusseligkeiten, die sie immer wieder zum Kopfschütteln brachte... „Stell dir vor, Karl - gestern stand ich in der Küche, sah aus den Fenster und sinnierte minutenlang vor mich hin. Dann holte ich mich in die Gegenwart zurück und ich wusste nicht mehr, ob ich gerade in die Küche gekommen war, oder ob ich gehen wollte...!“ Karl nahm sie liebevoll in den Arm. „Ach Liesi - passiert mir doch auch! Ich wollte mir einen Cappuccino aufgießen, gab alles in die Tasse, trug sie an den Computer - und da merkte ich erst, dass ich vergessen hatte, das heiße Wasser zuzugießen!“...

Auch ihre „Roststellen“ gaben beide preis. Karl litt zeitweise unter Rheumaschüben. „Aber nur bei feuchtem Wetter, dann will die rechte Schulter nicht so recht!“ Elisabeth erzählte von ihren Problemen mit dem Ischias-Nerv. „Der quält mich oft tagelang, dann kann ich nachts vor Schmerzen nicht schlafen!“

Bald schon gingen ihre Gespräche immer mehr Richtung Zukunft. Sie wussten, es war nicht mehr so arg viel Zeit, die Liebe miteinander leben zu können. Was tun? Heiraten? Nein, davon wollten sie nicht reden... Aber eine gemeinsame Wohnung, oder?

Daraus entstand die große Frage:
Meine Wohnung? Deine Wohnung? Oder eine neue „unsere Wohnung“?

Elisabeth hatte eine Menge, worüber sie nachdenken musste. Karl auch, aber er sah sein „Mädchen“ immer in seiner Nähe, damit er auf sie achten könne...

Sein Mädchen dagegen war sich nicht sicher... Sie wollte kein Leben mehr ohne ihren Karl - aber Tag und Nacht zusammen? Keinen Freiraum mehr haben - sie nicht - er auch nicht? Elisabeth dachte daran, dass Karl so sehr ordentlich war. Alles war wohlsortiert und aufgeräumt, sie konnte Karl nach allem fragen - er wusste sofort, in welchen Schubladen er greifen musste, um die Gebrauchsanweisung für die Waschmaschine zu finden. Er wusste, wie man „honi soit qui mal y pense“ übersetzt - sein Französisch war nahezu perfekt. Elisabeth hatte auch Französischunterricht gehabt, aber das meiste vergessen...
Sie war auch nicht so sehr ordentlich - manchmal war es eben wichtiger, eine kleine Geschichte aufzuschreiben als die Küche zu putzen. Es machte ihr auch nichts aus, das Geschirr vom Abendbrot „bis morgen“ stehen zu lassen. Für Karl undenkbar!

Elisabeth wog sorgfältig ab.
Karl hatte seine Wohnung nur ein paar Gehminuten entfernt. Elisabeth war nicht mehr so sehr gut zu Fuß, fuhr aber ein kleines Auto.

Und so kam es, wie es kommen sollte:

Jeder blieb in seinen vier Wänden, beide ersetzten nur ihr Einzelbett durch ein größeres...
Hatten sie die Nacht miteinander verbracht, wurde dort natürlich auch in aller Ruhe gefrühstückt und der kommende Tag besprochen, Pläne gemacht und Gemeinsames beratschlagt...
Dann ging der „Besuch“ in seine Wohnung und machte die alltäglichen Arbeiten. Elisabeth konnte ihr Bastelmaterial ausbreiten und auch mal liegen lassen oder sich auf die Couch legen, wenn der Rücken zwickte, während Karl am Computer saß, sein Forum besuchte oder versuchte, irgendwelche technischen Dinge in den Griff zu kriegen...

Ein Anruf: „Wenn du zu Mittag kommst, mache ich unseren Kartoffelauflauf - für mich allein lohnt es nicht...!“ Elisabeth liebte Karls Kartoffelauflauf.
Es gab auch Abende, an denen sich einer der beiden zeitig verabschiedete und in sein eigenes Bett ging. Ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Man muss nicht dauernd aneinander hängen.

Morgens ein liebevoller Gruß per E-mail:
„Ich hab dich vermisst, kommst du frühstücken?“



© Erika Weder

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User Diskussion
lunka
Geschrieben am: 19.05.2009 10:57  Aktualisiert: 19.05.2009 13:41
User seit: 19.07.2007
aus:
Beiträge: 1222
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
eine super Lösung gefunden, wie ich finde.

Für dieses Alter gut geeignet. Kinder sind aus dem Haus, jeder hat sein Leben und man wohnt ja doch nebeneinander.
Praktisch ;-)









Gast
Geschrieben am: 16.05.2009 16:36  Aktualisiert: 16.05.2009 17:21
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
Ich finds einfach nur schön so etwas noch einmal zu erleben. Wird schon jeder der beiden in dem Alter wissen, was ersie will oder nicht.
Nach 12 Jahren Witwendasein hat meine Schwiegermutter einen Partner. So zahm wie sie jetzt ist, hab ich sie noch nie erlebt. Hoffentlich hält die Beziehung, profitieren wir alle von
Gast
Geschrieben am: 16.05.2009 08:04  Aktualisiert: 16.05.2009 13:21
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
Ghita, so seh ich das nicht. Sie leben ja nicht jeder für sich. Wenn man eine gewisse Zeit alleine gelebt hat, fällt es schwer plötzlich gemeinsam den ganzen Tag zu verbringen.
Das mit den 2 Wohnungen kann ich gut nachvollziehen.
Mein Mann arbeitet den ganzen Tag, wenn er dann in Pension geht, sind wir auch immer zusammen. Das macht mir schon irgendwie Angst. Ich bin es gewöhnt, viele Entscheidungen alleine zu treffen. Das hat jetzt nichts mit Liebe oder Nichtliebe zu tun, dass sind einfach so eingefahrene Dinge.
ghic
Geschrieben am: 15.05.2009 22:52  Aktualisiert: 16.05.2009 03:37
User seit: 18.01.2008
aus: Braunschweig
Beiträge: 124
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
und wenn Karl eines Morgens nicht mehr gut aufstehen kann und liegen bleiben muß, dann schreibt die email:
"Hallo Lieschen, dein Karlchen ist krank. Ich ruf schon mal den Doktor, mach also ein paar Kartoffeln weniger und kein gemeinsames Frühstück für die kommenden Wochen."

Und wenn dann nicht der eine oder andere gestorben ist, dann leben sie noch heute - jeder für sich.


"to eat the cake and keep it"
oder auch
"dusch mich aber mach mich nicht nass"

aber vielleicht sehe ich es ja auch zu eng.
Chacun à sa facon...!

In dem Sinne - schönes Wochenende.
Ich gehe allein im Schulgarten spazieren.
donkey
Geschrieben am: 15.05.2009 18:17  Aktualisiert: 15.05.2009 20:15
User seit: 18.10.2007
aus:
Beiträge: 1141
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
Ermutigend, dass Liebe alterslos ist....

Wohnung wann, wie, wo auch immer:

Der Start in ein gemeinsanes Leben.


Rinchen
Geschrieben am: 15.05.2009 14:28  Aktualisiert: 15.05.2009 20:14
User seit: 02.11.2005
aus:
Beiträge: 4727
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
... ein wunderbarer Beginn - und wie geht es weiter?
Aber - warum rufen sich die Beiden morgens nicht an? Ist ein liebevoll gesummtes .... der Kaffee ist fertig .... nicht viel zärtlicher als eine E-mail?

Den Beiden alles Glück der Welt - Erika geniesse jeden Tag.

Liebe Grüsse vom Rinchen
Gast
Geschrieben am: 15.05.2009 09:19  Aktualisiert: 15.05.2009 10:56
 Re: Erika Weder- Meine Wohnung? Deine Wohnung?
Eine richtig schöne Geschichte (Tatsachenbericht?) hast du da geschrieben.
Ich wünsche Karl und Elisabeth, dass sie sich noch ganz viele Jahre so liebevolle E-mails schreiben können.

liebe Grüße von Helga



 

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