Gudrun Schilken: Schlüpfriges im Supermarkt

Datum 30.05.2006 12:30 | Kategorie: Texte

Ich war mal wieder da, wo die gute Hausfrau sich am Morgen gegen 11.00 Uhr hin begibt, im Supermarkt. Sie wissen schon, in dem, wo all die netten berufstätigen Hausfrauen für wenig Geld die Ware auspacken und einräumen. Sie wissen auch längst, dass einkaufen bei mir immer etwas länger dauert, da ich überall mein Schwätzchen halten muss.
Heute bei strahlendem Sonnenschein fahre ich also mit meiner Familienkutsche auf dem Parkplatz vor, halte Ausschau nach einem schönen Mann (das mache ich immer so, werde nur leider nie fündig) , bevor ich mir den Einkaufswagen schnappe und gehe über „Los“. Leider habe ich keine 200 Euro gekriegt, aber vielleicht gibt es heute ja eine positive „Ereigniskarte“.

In der Gemüseabteilung beschäftige ich mich mit dem jungen Gemüse, das leider nicht mehr jung ist, denn es weist schon erhebliche Mängel auf. Ist ja bei dem jungen Gemüse generell so, nicht wahr? Überall kleine Faulstellen. Aber wem sag ich das.
Neben mir sucht eine ältere Dame Zwiebeln aus Deutschland. Ich helfe mit beim Suchen. Leider leider gibt es nur Zwiebeln aus Australien. „Ich will aber deutsche Zwiebeln. Die müssen nicht aus Australien sein“ schimpft das weißhaarige Dämchen mit Silberfestiger in den Dauerwellen.
Hilflos lächele ich sie an. Ich möchte auch lieber Äpfel aus der Region und nicht aus Frankreich.
Aber die kriege ich nur beim Bauern direkt. Mir fehlen aufmunternde Worte des Trostes.
Beim Einkaufen hat sich bei mir eine gewisse Resignation eingestellt. Oft schon habe ich es gut gemeint und wollte meine Familie gesund ernähren. Aber kaum war der Paprikasalat gegessen, hörte ich die Schreckensmeldungen im Radio – „Frischer Paprika hat einen besonders hohen Anteil an Schadstoffen“. Vor Gurken wurde letzthin auch gewarnt. Bei den Tomaten muss ich auf der Hut vor Genmanipulation sein und und und ...
So bin ich zu dem Entschluss gekommen, meine Familie bunt gemischt zu vergiften und sorge deshalb für große Abwechslung im Speiseplan. Nach meiner selbstgestrickten Auffassung hilft eine täglich wechselnde Dosis Schadstoffe beim Überleben und immunisiert eventuell dann sogar meine Enkelkinder.
Vom Gemüsestand aus arbeite ich mich vor zu den Regalen mit den Konserven und dahinter zu den „Tütchen“, die Hausfrau immer herrliche Anregungen zu „Was koch ich denn heute?“ geben. Maggi und Knorr sei Dank gestaltet sich der tägliche Kochmarathon dadurch sehr viel angenehmer. Wenngleich mich die Werbung dafür abturnt. Die Hausfrau in der Werbung wird allgemein als der „Depp der Nation“ dargestellt. Und nicht nur der Nation, nein, international ist sie die „dumme Sau“. Ein durchaus intelligenter Allesfresser, der oftmals unter haarsträubenden Bedingungen sein Dasein fristet. Fristet – weil der Vertrag jederzeit aufgelöst werden kann. Nämlich dann, wenn eine jüngere Sau daherkommt und dem Eber erzählt, er könne bei ihr besser grunzen.
Nun denn, ich schweife ab. Es geht also super weiter im Markt.

In der hintersten Regalecke treffe ich Frau Freising. Sie ist eines der Allroundtalente in „meinem Supermarkt“. Wohl beleibt und immer mit einem strahlenden Lächeln begrüßt sie mich in ihrem weißen Kittel. Ihre Löckchen auf dem Kopf wippen freudig als wir unser Gespräch beginnen. Heute sollte daraus ein erotisches Abenteuer werden. Ja, jetzt werden sie neugierig! Und auch Männer lechzen nun danach, die Story eines Hausmütterchens weiterzulesen, was!
Na gut, ich erzähle weiter.
Wir fangen ganz harmlos an, die Frau Freising und ich. Das übliche Geplänkel über Küche, Kinder und ja auch dieses Thema haben wir gestreift – Kirche. Danach arbeiten wir uns vor zum Wetter. An jenem Tag ist freundliches Herbstwetter. Aber solch tückisches, das am Morgen eine warme Jacke, am Mittag höchstens ein T-Shirt und am Abend einen Wintermantel verlangt. Also höchste Flexibilität gewünscht. Kein Problem für eine Hausfrau. Aber für die Kinder!

Nun denn, wir besprechen die Folgen von undynamischen Menschen - sprich Kindern - an Herbsttagen. Besonders hervor hebt meine gute Supermarktseele die Pubertärling-Weibchen, die auch gern bei fallenden Temperaturen die Hüfthose mit Minitanga darunter nur mit einem bauchfreien Hemdchen bedeckten. „Hinterher haben sie dann die Nierenbeckenentzündung.“seufzt Frau Freising. Das sehe ich genauso. Wir besprechen daraufhin die Vernunft des Alters. Unseres nämlich. Höchst vernünftig fangen wir an zu gackern. Frau Freising schildert mir, wie wichtig ihr die warmen Schlüpfer seien – am besten aus Kochwäsche und in weiß. Ich ziehe mich etwas zurück. Weiße Kochwäscheunterhosen mag ich gar nicht.
Da wird Frau Freising ganz mutig und eröffnet mir, dass sie allerdings auch schwarze Schlüpfer besäße. Sie sagt immerzu „Schlüpfer“, ich sage „Slips“ oder „Höschen“. Bei Frau Freising passt aber auch „Schlüpfer“ besser.

Die schwarzen Unterhosen mag Herr Freising sehr viel lieber. Die haben nämlich Spitze daran. Herr Freising liebt es seine Frau zu lieben – und noch lieber liebt er sie schön verpackt. Frau Freising kann eine ganze Menge verpacken. Ich im Oberbereich nicht so. Damit ich auch mal wieder etwas zum Thema beisteuern kann erzähle ich von meiner Begeisterung für die Tchibo-Unterwäsche. Gerade letzthin hatte ich mir einen so hübschen BH mit Rosen gekauft. „Frau Freising, schauen sie her.“ Ich lasse Frau Freising in meine Bluse lugen.
Eine Spur mitleidig lächelnd beguckt sie mein B-Körbchen und sagt: „Für mich gibt es bei Tchibo ja nichts. Ich muss immer in Spezialläden einkaufen. Bei meiner Körbchengröße ....“ und ihr großer Busen nickte zustimmend.
Eine Spur mitleidig lächelnd stelle ich mir vor, in welch langweilig weißem BH passend zum warmen Schlüpfer all diese Herrlichkeit wohl verpackt sein würde.
Da geschieht das Unfassbare.
Frau Freising knöpft – getarnt durch den Rollcontainer mit dem noch einzuräumenden Brot, zwischen Spaghetti und Kühlregal – zunächst ihren Kittel und dann ihre karierte Bluse genüsslich auf. Ihre Augen schauen verträumt, vielleicht sogar eine klitzekleine Spur lüstern, und mein Blick fällt
auf die üppige Verführung, die manchen einkaufenden Herrn sicherlich dem Herzinfarkt nahe gebracht hätte. Auch meine Herzschläge geraten aus dem Takt.
Es präsentiert sich mir das Oberteil eines schwarzen Spitzenbodys, verziert mit neckischen roten Schleifchen an den Trägern! Kein Gedanke mehr an weiße Kochwäsche!
Ehe ich richtig hingucken kann (deshalb kann ich Ihnen jetzt auch nicht ausführlicher
von diesem sündigen Teil erzählen), hat die Supermarkt-Verführung ihre Auslagen auch schon wieder eingepackt. Ich schlucke kräftig, sehe ab nun Frau Freising in einem ganz anderen Licht. Neugierig geworden durch unser Geschnatter kommt der Filialleiter zwecks Arbeitskontrolle in den Gang. Wir zwei Frauen schauen uns verschwörerisch an und ich sage: „Also, in dem Regal hinter mir finde ich die Spaghetti. Vielen Dank.“
Dann schiebe ich meinen Einkaufswagen grinsend weiter.
Heute Mittag gibt es üppige Hefeklöße. Mir ist danach, ich weiß auch nicht, warum.

© Gudrun Schilken




Hefeklöße für 4 Personen

1 Paket Hefe (am besten frische!)
2 EL Zucker
_ l Milch
1 Prise Salz
50 g Butter
1/8 l Milch

Zunächst einmal das Mehl in eine Rührschüssel geben und dann in die Mitte eine Vertiefung drücken. In diese Vertiefung die Hefe hineinbröseln und anschließend die 2 EL Zucker darauf geben. Nun die lauwarme Milch darüber gießen. Anschließend Hefe, Zucker, Milch und ein bisschen Mehl vom Rand vorsichtig zu einem Brei verrühren. Danach die Schüssel mit einem frischen Küchentuch abdecken und 20 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Wenn die Zeit vorbei ist, Salz zufügen und das Ganze zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten. Im Anschluss daran wieder 30 Minuten zugedeckt ruhen lassen.
Nach Ablauf der halben Stunde den Teig sorgfältig durchkneten und zu sechs Klößen formen. Auf einer Fläche mit Mehl die Klöße wiederum ca. 10 Minuten gehen lassen. Die Ruhezeiten für den Teig müssen unbedingt eingehalten werden, damit die Knödel gut gelingen.
In einem reichlich großen Topf – oder auch aufgeteilt in zwei Töpfen – Butter schmelzen, den 1/8 l Milch darauf gießen und die Klöße hineingeben. Topf bzw. Töpfe mit Deckel schließen und die Hefeklöße bei kleiner Hitze knappe 30 Minuten garen. Während dieser Zeit bitte auf keinen Fall den Deckel vom Topf heben!
Die fertigen Klöße auf den Teller geben und mit heißen Kirschen oder Himbeeren (oder anderem Obst) übergießen und servieren. Sehr lecker sind die Klöße auch mit Vanillesauce.

© Gudrun Schilken hat heute 30.5.06 Geburtstag.





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