Josephine Kroetz - Jahreswechsel

Datum 04.02.2009 20:23 | Kategorie: Texte

Von Müttern und Durchblutungsphasen

Im alten Jahr war alles noch normal. Aber wenn einem durch den Wechsel die „guten“ Vorsätze gewisser Mütter in die Quere kommen, wird es anstrengend. Es gab eine Zeit da hat Mama noch gekocht, abgespült, gebügelt, ist mit den Hunden „Gassi“ gegangen und hat nur hin und wieder, wie das bei Müttern so üblich ist, einen tiefen Seufzer von sich gegeben: „Ach, wenn ich doch nicht immer alles alleine machen müsste“, was auf gut Deutsch heißt: „Wenn ihr kleinen Arschlöcher mir jetzt nicht sofort helft, dann kracht‘s!“
Ich dachte, dass wäre das Schlimmste auf der Welt - falsch gedacht - dann kam das neue Jahr:
Die ersten Wochen lebte Mama ihre „Mitte-Zwanzig-Phase“. Deshalb begann sie gleich in der Früh, mit einem widerlichen Gekreische, was eigentlich Singen sein sollte und machte dazu „Mega-coole-Sprünge“. Wenn das am Tag nur zwanzig Minuten gewesen wären, hätte ich jetzt ein gesundes Trommelfell. Da es sich aber um drei Stunden pro Tag handelte, leide ich nun unter starker Schwerhörigkeit, die in den nächsten Jahren zur Taubheit führen kann!
Von den restlichen Hausarbeiten brauchen wir gar nicht erst zu reden, denn diese kann eine „Mitte-Zwanzig-Jährige“ überhaupt nicht machen. Also wurde erst um drei Uhr gegessen und zwar Fast-Food: Pfannkuchen mit Nutella. Was das Abspülen angeht, sollte diese Arbeit dann in zwei bis drei Tagen von mir oder von meiner kleinen Schwester ausgeführt werden und zwar dann, wenn‘s die größten Schweine nicht mehr aushalten.
Das waren also die „Mama-mal-ganz-jung-Symptome“, die nach meiner Sicht nur dann auftreten konnten, wenn sie mehrere Tage den Spiegel mit ihren Jugendbildern verwechselte.
Dazu paarte sich der „Mutter-Tochter-unter-Vier-Augen-Zustand“. Dieser meldete sich zu Wort, wenn sie schlecht geschlafen hatte und sich ihrer Pflichten wieder bewusst wurde. In solchen Fällen bestand sie darauf, mich jetzt sofort aufzuklären:

„Süße?“
„Ja, Mami, was willst Du?“
„Ich finde es echt lustig eine soooo große Tochter zu haben...“
Dann kam der: „Du-weißt-schon-dass-du-mir-alles-sagen-kannst-Blick“.
„Ja, Mama.“
„Eine Frage, hast du eigentlich schon mal onaniert?“
„Mamiiiiii, du bist widerlich!“
Was glaubt die eigentlich? Dass ich blöd bin? Die tickt ja nicht mehr ganz sauber! Die denkt wohl ich lebe in der Eiszeit, wo‘s zu kalt war für solche Sachen!
„Bin ich gar nicht Schätzchen. Jetzt sag doch, hast du schon mal?“
„Mamiii..."
In so einer Situation hat man echt keinen Bock alles auszuplaudern, was man schon mal gemacht hat, noch dazu, wenn sie diesen „Mutter-Tochter-Blick“ auf hat und aber ganz geil ist auf News! Hast Du schon mal onaniert! Die denkt wohl die kleinen Töchterlein kriegen gar nichts mit vom elterlichen Gestöhne im Zimmer nebenan!
„Mami, ich glaube deine „guten Vorsätze“ haben den Höhepunkt erreicht! Kleiner Tipp: jede siebte Frau in Deutschland hat einen Vibrator... Natürlich rein statistisch gesehen. Ich geh jetzt mal mit den Hunden...“
Ätsch, Töchter sind halt auch nur Menschen!


© Josephine Kroetz erschienen in YAEZ Januar 2009



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