Vivian Heusserer - Die Revolution der Hausfrauen

Datum 13.03.2006 23:44 | Kategorie: Presse

Wenn man das Wort Hausfrauenrevolution in „Google“ eingibt, bekommt man mittlerweile mehr als 950 Seiten zur Auswahl. Dieses scheinbare Unwort wurde von Marie Theres Kroetz Relin kreiert und stark gemacht. Sie arbeitet mit einer Eselsgeduld und viel Einsatz für ihresgleichen, für die Hausfrauen, deren schwere Arbeit immer noch zuwenig Anerkennung und Verankerung in der Gesellschaft findet.
Marie Theres lebt seit mehr als zehn Jahren in einem kanarischen Haus in der Nähe von Garachico und hat den Beruf der Schauspielerin längst an den Nagel gehängt, obwohl sie richtige Erfolgschancen hatte: „Ich umgebe mich lieber mit Hausfrauen, die spielen ihr Leben nicht!“

Wenn Schweine fliegen könnten

Ihr Leben lang musste die engagierte hübsche Frau mit dem Attribut „Tochter von“ oder „Frau von“ leben. Sie ist nunmal der Sprößling von Maria Schell und die Ehefrau von Franz Xaver Kroetz, einem bedeutenden Dichter und Regisseur aus Bayern.
Aber in erster Linie ist sie Marie Theres, eine authentische Persönlichkeit mit starkem Charakter, viel Willenskraft und Myriaden von verrückten Ideen.
Diese werden oft in Form von ungewöhnlichen Projekten in die Realität umgesetzt, schwirren nicht etwa ziellos im Cyberspace und auf der Webpage der „Revoluzzer-Hausfrauen“ herum.
Das Buch „If pigs could fly“ stellt eine Sammlung der Grundideen dieser Bewegung dar. Das Logo der Hausfrauenrevolution ist ein Schwein, zumal dieses Haustier mit der Frau am Herd viel gemeinsam hat, so die Herausgeberin des Buches Marie Theres Kroetz-Relin:
„Es ist ein Buch von Menschen für Menschen: Authentische Texte, mal heiter, mal nachdenklich, auch traurig, oft frech und sehr lebendig! Es kann von jedem gelesen werdern, ist aber vor allem für Menschen, die etwas über Hausfrauen, Mütter, Beziehungen, Ehe, Erotik, den Alltag, die Einsamkeit wissen wollen. Jede/r wird sich irgendwo selber wieder finden in diesem Buch, denn jeder hat doch irgendwo auch eine Hausfrau daheim.“
Hier sprechen Hausfrauen und –männer, Journalisten, Autoren, Mütter und andere Experten über ihre ureigenen Erfahrungen mit der Haus-und-Hof-Zwischenwelt rund um die Familie. Natürlich werden auch Themen wie Emanzipation ins rechte Licht gerückt, ungewollte Vereinsamung, verbale Gewalt, Drogensucht und Krankheit oder etwa Frustration in der „Endstation Hausfrau“.
Für die angesprochenen Frauen geht es richtig ans Eingemachte. Wie eine Userin der Webseite sehr treffend beschreibt, muss sich eine kritische Masse bilden, um etwas im Inneren und in der Öffentlichkeit zu bewirken:
„Wenn wir uns unserer Fähigkeiten, die über die Haushaltsführung hinausgehen, bewußt sind, können wir uns auch besser artikulieren und damit an der Gestaltung unserer Umwelt beteiligen. Denn darum geht es in meinen Augen: Es reicht nicht aus, sich über diesen oder jenen Mißstand zu beklagen, wir müssen uns Gleichgesinnte suchen und versuchen, uns die Welt nach unseren Vorstellungen einzurichten.“

Zusammenhalten um zu verändern

Gemeinsam mit tausenden Frauen, die sich in ihrer Rolle als Gesellschaftsmanagerinnen nur bedingt wohl fühlen, kämpft Marie Theres für Anerkennung, für eine gerechte Entlohnung und für mehr Respekt gegenüber einem tragenden Pfeiler unserer postmodernen Lebenswelt.
Begonnen hat alles mit einer Seite im Internet und einer simplen Idee. Inzwischen ist die Revolution zu einer großen, lebendigen und stets wachsenden Community geworden, zu einer wahren Bewegung von Hausfrauen aus aller Welt.
Unter dem Motto „Zusammenhalten um zu verändern“ treffen sie sich in der „Kneipe im Schlafanzug“ zum chatten und kommentieren im bewegten Forum diverse Themen aus ihrer Erfahrungswelt.

„Schon Schweigen ist Betrug. Genug kann nie genügen!“ (Konstantin Wecker)

Die eigentliche Revolution an der Sache liegt in der Auflösung der Sprachlosigkeit, im Brechen des Schweigens. Frauen können sich über Alltagsprobleme, Beziehungskummer und Kindersorgen frei austauschen, finden in der Hausfrauenrevolution ein Sprachrohr, treffen Gleichgesinnte, die sie verstehen, ein richtiges Wort zum rechten Zeitpunkt für sie finden. Außerdem treffen im Forum die verschiedensten Menschen aufeinander in einem grenzenlosen „Geben und Nehmen“ von Anregungen, Ratschlägen und einfach lustigem Zeitvertreib.
Auf die Frage, was die Teilnehmerinnen immer wieder magisch auf ihre Lieblingsseite zieht, antworten einige unter ihnen wie folgt:

Durch das Internet haben die Frauen wieder Kontakt untereinander, sie können sich austauschen, Anregungen erhalten und merken, dass es ganz vielen Frauen ähnlich geht.
Die Hausfrauenrevolution macht Mut, es zu tun.
Damit meine ich die Beschäftigung mit sich selbst, mit Dingen, die frau sich immer schon gewünscht hat zu tun, sie ist ein Weg aus der Isolation.

Tolle User, so unterschiedlich, exotisch, laut, leise, begabte, zu bewundernde Leute denen man gerne zuhört, deren Fotos oder Zeichnungen man mit Freude anschaut und dann sogar welche, die nicht nur schreiben, sondern auch zum Schreiben ermutigen.
Einblicke in andere Lebensweisen und -weisheiten und vielleicht der ein oder andere Schubs in eine Richtung, in die man sich alleine nie getraut hätte.
Bücher werden aus Ecken geholt, die man fast vergessen hatte und natürlich die Idee „von Innen nach Aussen“.

Die Idee, sich zum Hausfrauendasein zu bekennen und es nicht weiterhin peinlich berührt zu gestehen, und durch regen Austausch an Sebstbewußtsein zu gewinnen, ist doch sehr schön!

...weil ich hier nette Frauen kennen gelernt hab,
ich in einer schweren Krise hier Halt gefunden hab und meinen Freundeskreis dadurch über ganz Deutschland und in die Welt hinaus vergrößert habe, weil ich gern nachts wenn alles schläft im Haus locker plaudere und mich im Chat mit lieben Menschen unterhalte.

Karriere machen als Hausfrau
Immer wieder betont die Initiatorin Kroetz-Relin ohne humoristischen Unterton ihre Karriere als Hausfrau. Sie hatte wohl anfangs nicht geahnt mit dieser Bewegung eine bunte Mischung quer durch die Gesellschaft anzusprechen: „Bei uns gibt es einfach alles: Nur-Hausfrauen, Mütter, kinderlose Frauen, Hausmänner, Kinder, berufstätige Frauen .....die Jüngste ist 12 und die Älteste 75 Jahre alt. Gerade diese Vielfältigkeit macht den Austausch so spannend.“ Der Aspekt der Einzigartikeit jedes Wesens muss in das klassische Bild mit einfließen. Mit ihrem aufgeweckten Lächeln vollendet sie ihren jugendlichen Spirit wenn sie voller Idealismus sagt: !Ich glaube, jede von uns ist einzigartig. Und wenn viele einzigartige Tropfen“ auf den heißen Stein fallen, dann wird es auch kräftig zischen. Es liegt an uns, wie weit wir bereit sind, das verstaubte Bild neu aufzupolieren.“
Dabei hat sie längst die Unmöglichkeit eingesehen, ein Gehalt vom Staat zu fordern, es geht ihr mehr um den Kampf um bessere Lebensbedingungen für Frauen und Kinder. Das wäre schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die dreifache Mutter findet, es sei an der Zeit für jede Frau, sich selbst zu organisieren. Und ganz im Sinne ihres ursprünglichen Revoluzzer-Gedankens möchte sie „den Politikern das Unwort Humankapital als Bezeichnung für unsere Kinder wieder entreißen“.
Teneriffa hat sie längst zum Lebensmittelpunkt für sich und ihre drei Kinder Josephine, Magdalena und Fernando gemacht. Sowohl privat als auch beruflich stellt die sympathische Querulantin Herausforderungen unter ein Motto von Che Guevara: „Seien wir realistisch. Versuchen wir das Unmögliche!“ Von dieser facettenreichen Insel im Atlantik aus steuert sie die internationale Bewegung für Frauen im großen Stile einer echten Lebenskünstlerin mit Charisma.
Buchtipp: „If pigs could fly“ von Marie Theres Kroetz-Relin.
Die Revolution der Hausfrauen: wütend und trotzig, humorvoll und zärtlich, authentisch und kreativ.
Multitalent zum Nulltarif: Pädagogin und Putzfrau, Köchin und Kinderärztin, Sekretärin und Buchhhalterin, Chauffeurin, Frisörin, Ernährungsexpertin, Inneineinrichterin, Psychotherapeutin, Muse und Event-Managerin, verständnisvolle Ehefrau und anspruchslose Geliebte – Hausfrau sein hat viele Gesichter. Stellvertretend für 15 Millionen deutsche „Nur-Hausfrauen“ ruft marie Theres Kroetz-Relin zu Solidarität und Veränderung auf und versamelt die ersten mutigsten, provozierendsten und spannendsten Texte aus der Bewegung.
Erschienen im Piper Verlag, erhältlich über die Redaktion von „Teneriffa genießen“


Mit freundlicher Genehmigung von Lifestyle Magazin Tenriffa geniessen und Vivian Heusserer, erschienen in Ausgabe 5 - 03/2006

Hier Teil 1 und hier Teil 2 - im Original als pdf - mit Fotos!




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