
Petra Plaum- Ab heute eine Göttin
Datum 10.04.2008 09:53 | Kategorie: Texte
| Selbstbewusst! Wer! Ich? Na klar doch! Seit heute, acht Uhr siebenundzwanzig. Da las ich in meiner Lieblingsillustrierten nämlich einen Artikel zum Thema „Weck die Göttin in dir“. Den las ich gar nicht erst zu Ende, sondern machte mir auch so meine Gedanken. Eine Göttin! Klar, eigentlich bin ich ja eine Göttin! Fruchtbar, schöpferisch, wohlgerundet...ab heute nicht mehr „zu dick“, sondern „wohlgerundet“. Alles eine Sache der Auffassung! Oder habt ihr schon mal eine dürre Göttin gesehen? Als Göttin räumte ich den Tisch nicht ab, sondern schlurfte erst mal ins Badezimmer. Rekelte mich in der Badewanne. Benutzte nicht nur die Ylang-Ylang-Bodylotion, die ich vor Jahren geschenkt bekommen und die seither ungeöffnet auf sinnliche Stunden gewartet hatte, sondern auch eine Beautymaske, den halb eingetrockneten Nagellack und ordentlich Schminke. Lockenwickler dazu. Dazu trank ich ein Piccolo Sekt. Das macht müde. Also wanderte ich ins Bett, um ein göttliches Nickerchen zu genießen. Das Telefon weckte mich leider unsanft: „Hier der Kindergarten, Sie haben vergessen, Ihre Söhne abzuholen.“ Auweia! Fast hätte ich meine divinöse Ruhe verloren. Dann aber dachte ich daran, wie lange die beiden nun schon allmorgendlich in den Kindergarten gehen und dass ich sie bisher doch jedes einzelne Mal pünktlich von dort nach Hause chauffiert hatte. Müssen Göttinnen perfekt sein? Nein! „Hey, Mama, du siehst cool aus“, begrüßte mich auch prompt der Ältere. Dass wir zu McDonalds fuhren, weil ich weder das Frühstücksgeschirr abgeräumt noch den Kühlschrank gefüllt hatte, fanden beide ,, arschgeil“. Ausnahmsweise ließ ich ihnen den Kraftausdruck durchgehen. Göttinnen stehen über so was drüber. Den Nachmittag machten wir es uns himmlisch gemütlich: Die Buben kickten im Garten. Ich las auf dem Sofa. Eine Göttin muss sich ja bilden, alles Irdische überblicken. Während ich im Internet neue Klamotten bestellte, durften die Buben chipsessend ferngucken, und zum Dank für die ungewohnt lange Zeit vor der Glotze spülten sie mir das Frühstücksgeschirr blitzblank. Die kleine Lache auf dem Boden ließ ich lufttrocknen. Göttinnen kriechen nicht auf allen Vieren auf dem Boden rum, um ein wenig Spülwasser aufzuwischen, das doch von alleine irgendwann verdampft! Leider kam dann mein Mann. „Nichts zum Abendessen da?“ Er runzelte die Stirne. Seine Miene hellte sich auf, als er mich genauer ansah. „Schick bist du heute!“ Dann runzelte er die Stirn erneut. „Hab ich was vergessen? Namenstag? Geburtstag? Oder etwa... den Hochzeitstag?“ – „Nein, ich habe heute einfach meinen Göttinnen-Tag“, verkündete ich nonchalant. Er schüttelte den Kopf, murmelte etwas, was wie „Frauen und ihre Spinnereien“ klang und holte sich eine Tiefkühlpizza aus dem Eisfach. Seine Gelassenheit verflog mit jedem Schritt, den er durch die Wohnung machte. Durch das ungeputzte Bad. Das vollgekrümelte Wohnzimmer. Das Schlafzimmer, wo zwei Decken noch immer darauf warteten, zusammengelegt zu werden. „Wie sieht’s denn hier aus?“ – „Göttinnen putzen nicht“, meinte ich und huschte zu den Buben ins Kinderzimmer. Gute-Nacht-Geschichten erzählen Göttinnen nämlich sehr wohl. Mein Mann putzte. Als ich ins Bett huschte, hatte ich eine Idee und schmiegte mich an ihn an. „Zu müde“, knurrte er nur. „Diese Putzerei nach dem langen Tag im Büro! Hoffentlich bist du morgen wieder normal!“ Und ich? Schnappte mir den Vibrator, ebenfalls so ein halbvergessenes Geschenk alter Freundinnen. Anfangs knirschte er etwas, war wohl ein wenig eingerostet. Dann aber funktionierte er...wie im Himmel. Nun weiß ich auch, warum die meisten Göttinnen allermeistens als Singles leben!
© Petra Plaum
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