Florian Weder - Montag, Klick!

Datum 26.02.2009 18:32 | Kategorie: Texte

So, Montag haben wir. Und angefangen hat er wie ein Montag wenn man frei hat halt so anfängt. Gestern ist es noch spät geworden. Irgendwas hochinteressantes lief in der Glotze - so interessant dass ich es heute nicht mehr weiß. Aber gut, man hat ja Urlaub.
Kann man ja etwas länger schlafen. Wer aber Kinder hat weiß wie sehr es diese interessiert ob man denn nun ausgeschlafen ist, Urlaub hat oder nicht. Um 07:15 also dröhnt ein Schrei durch die Wohnung: "Papa, Alina wach!!!". Ja, Papa ist jetzt auch wach...
Da die Kleine aber recht gut gelaunt war, hatte sich die Verzweiflung über das nicht aufgehen wollende zweite Auge in Grenzen gehalten.
So ging alles seinen Alltagsgang.
Alina anziehen, was zwar dauert bis ich das aus dem Schrank gegruschtelt habe was Madame heute gerne tragen möchte, aber ok.
Das allmorgendliche Geschrei beim Zähneputzen, wenn Papa nachputzt, ist ja inzwischen zu einem Ritual geworden und stört uns beide eigentlich nicht mehr wirklich.
Beim Frühstücken kam mir die glorreiche Idee einen Tagesplan aufzustellen, damit wir zwei nicht ganz sinnlos rumdümpeln. Punkt eins auf meine Liste war Aquarium saubermachen, damit die Fische wieder sehen wo sie hin schwimmen.
Zwischendurch habe ich einem Freund eine sms geschrieben ob er denn nicht auf nen Kaffee vorbeikommen wolle, weil wir ja beide Urlaub haben.
Gesagt - getan begann ich mich eifrig mit dem Becken auseinanderzusetzen. Die Kleine glaubte ich gut versorgt mit den Katzen und ihrem Babybell.
Nach etwa zwanzig Minuten war ich gerade dabei mich mit dem Aquariumfilter in der Dusche zu beschäftigen, als mir diese ungewöhnliche Ruhe auffiel, die allen Eltern auffällt die kleine Kinder haben.
"Papa nass!".
Denkpause. In meinem Geist habe ich kombiniert was ist, wenn eine Zweijährige allein mit einem offenen Aquarium im Büro ist und sagt "Papa nass!". Ich kam zu keinem guten Ergebnis.
Alina, triefend und mit einer Wasserpflanze in der Hand pflatschte mir aus dem Büro entgegen. Denkpause.
Nein, das ist jetzt nicht wahr. Ein kleiner Blick ins Büro offenbarte mir, dass im- jetzt nur noch halbvollen - 200 Liter Becken der Saugschlauch noch hing und es fröhlich herausplätscherte. 25m² Seenlandschaft. Alina mit einem Klaps auf den Hintern schreiend ins Wohnzimmer verfrachtet, warf ich alle Handtücher die fand ins Büro und versuchte zu verhindern, dass ich dem der unter uns wohnt eine Dusche ins Wohnzimmer baue, was offensichtlich funktioniert hat.
Die Katastrophe zumindest mal begonnen zu bereinigen, kam ich auf die nächste tolle Idee. Kaffee machen, Kaffee hilft immer.
Nachdem ich - wie sich zeigen sollte zu schnell - die Kaffeemaschine angeworfen habe, holte ich Alina aus dem Wohnzimmer, die sich- klatschnass wie sie war - auf der Couch breitgemacht hatte.
Denkpause. "Nein dafür kann sie jetzt nichts, nein, nein."
Also mitsamt Kind hoch in Alinas Zimmer und sie ausgezogen, dabei festgestellt, dass sie wie die Nordseeverkäuferin riecht die ich mal kannte.
Es klingelt. "Der Kumpel bestimmt". Also mit nackigem Kind aufm Arm wieder runter, per Knopf die Haustür unten aufgemacht und ins Treppenhaus gerufen "Schlüssel steckt". Wohnungstür wieder zu, mitsamt sichtlich frierendem Kind wieder hoch. Unten geht die Tür auf und ein "Halloo?" einer mir unbekannten Stimme hallte durch die Wohnung.
Denkpause. "Wasn nu los???". Alina - inzischen sichtlich gereizt - in eine Decke gewickelt, stolperte ich über die Katze die Treppe runter. Da standen zwei lustige Gestalten in unserer Wohnung, er etwa Mitte fünfzig und sie ungefähr 20. Der Art von Besuch, der irgendwie alles sein kann: Zivilpolizei, Zeitungsverkäufer, neue Nachbarn oder sonstwas. "Ja???". Der Alte, der mit einem Auge das schwimmende Büro musterte guckte nochmal im Kreis um dann zu fragen: "Ich würde mich gerne mit ihnen über Gott unterhalten, sie haben doch bestimmt kurz Zeit."
Denkpause. Siehst du nicht wie es hier aussieht, du Idiot? Das ich ein schreiendes Kind auf dem Arm halte, mein Aquarium in der halben Wohnung verteilt ist und ich nasse Socken habe?
"Nein, habe ich nicht. Auf Wiedersehen."
"Aber sie haben doch ein Kind, da müssen sie doch Zeit für Gott haben!"
Denkpause. "Klick!" Dieses "Klick" in meinem Kopf mag ich gar nicht. Das ist dieses "Klick" wo ich Möbel demoliere, Fernseher aus Fenstern werfe und Anzeigen kassiere.
"Raus hier! Aber ganz schnell!"
"Aber..." Mein Blick hat ihm anscheinend gereicht um das Weite zu suchen. Sein Gemotze habe ich nicht mehr verstanden. Gott sei Dank hatte ich Alina auf dem Arm. "Papa, Alina heiha!"
Ja Kleine. Jetzt darfst du heiha machen. Meine Süße warm eingepackt und ins Bett verfrachtet, wollte ich mir in der Küche einen Kaffee holen. Soviel zum Thema schnell Kaffee machen.
Eine große Kanne sollte es werden. Viel Kaffee fürs Aufräumen. Der viele Kaffee hat sich in der halben Küche verteilt weil ich die Kanne nicht richtig in die Maschine gestellt hatte.
Denkpause. "Aaaargh!!!" Also doch Bier. War ja einfach.
Die Küche grob gereinigt erstmal wieder trockene Socken angezogen, um dann festzustellen, dass die eine Katze das Wasser im Büro ganz furchtbar lustig findet und die zweite versucht, sich aus dem offenen, nur noch halbvollen Aquarium einen Fisch zu angeln. Eine am Genick, die zweite am Hinterlauf gepackt und sie beide ins Gästezimmer geworfen, wo sie immer noch leicht lädiert ihren Tag fristen. Inzwischen aus der Senseo Kaffee geholt, hab ich mich auf den Balkon verzogen, um erstmal eine zu rauchen. "Das ist alles nicht zu glauben. Schlimmer geht’s ja nicht mehr" dachte ich so bei mir. Dachte ich.
Das Wohnzimmer trockengelegt fiel mir auf, dass sich da unter dem Ikea - Expedit - Regal Wasser gesammelt hat. Schlecht auf Laminat... Was macht der intelligente Mann? Richtig, Regal mit der einen Hand anheben um mit der anderen drunter das Wasser aufzuwischen. "Rrrööömmmms". Das Regal gekippt, drei Blumentöpfe in tausend Teile explodiert und die kleinen Palmen machen sich gut zwischen dem Dekosand-Erden-Kerzen-Kabel-Gemisch.
Denkpause. "Durchatmen, Durchatmen, Durchatmen, Klick!" Kaffee holen, achja da war ja was. Gibts ja keinen. "Klick, klick, klick!" Hinsetzen, Augen zumachen und runterkommen. Kleine schläft noch, wenigstens das.
Also wieder aufräumen, wieder putzen, wieder wischen. Das ganze Kleinzeug das noch heil geblieben ist ausm Regal auch saubermachen. Als ich die Palmen in Tüten packte fiel mir mein Handy auf - nun mehr einem Erdklumpen gleich, das sich es gemütlich gemacht hat zischen Kerzenwachs und Räucherstäbchen. Also das auch in mühseliger Kleinstarbeit wieder reinigen.
Nachdem jetzt alles wieder halbwegs fit ist, die Fische wieder Wasser haben und ich mir Kaffee gemacht habe, sind vier Stunden vergangen und nicht wirklich viel ist passiert an meinem ersten freien Tag.
Aber Lust hab ich keine mehr an meiner Liste weiterzumachen. Jetzt noch zwei Maschinen voll Handtücher waschen, im Keller Blumentöpfe suchen, gucken, ob die Katzen noch laufen können, Essen machen.
Ach ja da war ja was.
"Paapaa!!! Alina wach!!!"


© Florian Weder




Dieser Artikel stammt von Hausfrauenrevolution
http://hausfrauenrevolution.com/html

Die URL für diesen Artikel ist:
http://hausfrauenrevolution.com/html/article.php?storyid=512