
Hauke Brost über den "kleinen" Unterschied
Datum 10.09.2006 22:16 | Kategorie: Texte
| Was ist der Unterschied zwischen "Wie Frauen ticken" und Eva Hermans neuem Buch?
Hier 10 provokante Thesen des Autoren Hauke Brost. Es handelt sich um seine persönliche Meinung.
1.) Beide Bücher erscheinen fast gleichzeitig im September 2006. Das ist Zufall, aber auch ein Symptom: Die Diskussion über die Rolle der Frau im Spannungsfeld zwischen Familie und Beruf ist hoch aktuell und noch lange nicht ausdiskutiert. Beide Bücher erreichten die Bestsellerlisten. 2.) Eva Herman gibt in ihrem viel diskutierten Buch ihre eigene Meinung und Sichtweise wieder. Das ist legitim. "Wie Frauen ticken" ist eine weitgehend tendenzfreie Aufzeichnung von vielen verschiedenen Frauen-Ansichten; das Buch ist das Resultat von über 1000 Interviews zu über 100 Themen.
3.) Weil wir Autoren sozusagen "meinungsfrei" an das Thema Frau heran gegangen sind, finden sich in unserem Buch keine marktschreierischen, zur kontroversen Diskussion einladenden Thesen, sondern eher nüchterne (teilweise auch lustige) Beschreibungen des weiblichen Alltags und der weiblichen Psyche im Deutschland 2006.
4.) "Wie Frauen ticken" ist ein Buch, das sich an Männer richtet: Sie sollen ihre Partnerinnen künftig besser verstehen. Eva Hermans Buch richtet sich an Frauen und will ihnen die Thesen der Autorin nahe bringen - zugegebenermaßen hin und wieder etwas von oben herab.
5.) Meiner Meinung nach macht Eva Herman einen entscheidenden Fehler: Sie übersieht, dass in diesem Lande Millionen Frauen leben, deren Situationen einfach nicht miteinander zu vergleichen sind. Unterschiedliche Lebensläufe und -standards, Befindlichkeiten, Ausbildungs-Vorgeschichten und Fernziele müssten berücksichtigt werden, um tatsächlich nützliche Ratschläge zum Thema Frau / Familie / Karriere zu geben.
6.) Eva Herman hat neben der Erziehung ihres Kindes als Tagesschau-Sprecherin gearbeitet und hatte ein Kindermädchen. Die Co-Autorin des Buches "Wie Frauen ticken", Marie Theres Kroetz Relin, hat wegen ihrer drei Kinder ihre Karriere als Schauspielerin abgebrochen und hatte kein Kindermädchen. 18 Jahre später hat sie sich von ihrem Mann getrennt und ist seitdem alleinerziehende Mutter. Obwohl sie also im Grunde den Weg gegangen ist, den Eva Herman (was Kinder angeht) empfiehlt, darf sie als entschiedene Gegnerin von deren Thesen gelten.
7.) Eva Hermans Buch ist ein Ratgeber. "Wie Frauen ticken" ist eine Tatbestandsaufnahme.
8.) Auch wenn sie es so deutlich nicht sagt: Eva Herman erzeugt ein schlechtes Gewissen bei Frauen, die versuchen, Kinder und Beruf zu vereinen. "Wie Frauen ticken" ruft nachdrücklich dazu auf, Kinder und Beruf zu vereinen und zeigt Wege auf, wie es (mit Hilfe der Männer!) funktionieren kann.
9.) Auch im Detail widersprechen sich die beiden Bücher: Eva Herman rät dazu, Kinder "nicht zu früh" in Krippe oder Kindergarten zu schicken und malt das Bild von psychisch gestörten, gestressten Kindern. "Wie Frauen ticken" beklagt, dass der Mutterschutz in Deutschland zu lange dauert, da hierdurch weibliche Arbeitsplätze für Unternehmen unattraktiv werden und fordert die flächendeckende Versorgung mit Kinderbetreuungsmöglichkeiten zum frühest möglichen Zeitpunkt.
10.) Was das Thema "Männer und Haushalt" angeht, so irrt Eva Herman. Wir Männer sind für Haushaltsarbeiten nicht ungeeigneter, sondern geeigneter als Frauen (geht alles schneller und rationeller, wenn wir das machen). Schließlich: Wenn Eva Herman fordert, Frauen sollten öfter mal "einfach den Mund halten", so frage ich mich als Mann: Hat diese Frau im Zuge ihrer Karriere vielleicht nicht nur zwei Buchstaben aus ihrem Nachnamen, sondern eventuell auch den Verstand verloren? Und musste sie ihren Job bei der "Tagesschau" vielleicht deshalb an den Nagel hängen, weil sie einfach nicht mehr weiß, was sie sagt?
Eva Hermans Buch führt Frauen ins Gestern zurück. "Wie Frauen ticken" führt sie in eine bessere Zukunft, in der Frau und Mann gleichberechtigt sind und sich die Aufgaben teilen. Das ist aus meiner Sicht der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Bestsellern aus dem Herbst 2006.
© Hauke Brost
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