Marie Theres Kroetz Relin - Die Taktlücke!

Datum 28.09.2009 17:05 | Kategorie: Texte

Ich befand mich in einer absoluten Lebenslücke. Nichts klappte, keine einzige Hoffnungslücke war in Sicht. Ich empfand mein Leben als überflüssig und fühlte mich wie ein Lückenbüßer unserer Gesellschaft. Ich war von Lücken umgeben und die Story von dem angeblichen Glücke ließ auf sich warten. Wahrscheinlich war die Finanzlücke, sprich: die Ebbe in meinen Geldbeutel, daran schuld. Oder die Beziehungslücke, denn einen Mann hatte ich auch nicht. Nicht mal eine Textlücke konnte ich haben, denn als Schauspielerin bekam ich keinen Job. Lückenlos reihte sich eine Pechsträhne an die andere in mein Leben.
Und als ich auch noch in meinem Spiegelbild Zahnlücken entdeckte, die ich gar nicht habe, dachte ich: „Nun ist aber Schluss mit lustig!“

Gesetzeslücken, Freizeitlücken, Bildungslücken, Kulturlücken – mein Hirn wurde täglich lückenhafter, ich wurde zum Lückenspalter meines Selbstbewusstseins und war gefangen in einer gigantischen Gedächtnislücke. Ja, ja, bloß nicht mit dem eigenen Ich auseinandersetzen! Ist ja auch weit bequemer, als irgendetwas zu verändern.

Als ich dann auch noch meinen Grabstein vor Augen sah, auf dem geschrieben stand: „Sie hinterlässt eine Lücke“, war es endgültig aus mit meinem „Depri“, den ich monatelang wie einen Kinderwagen durch die Gegend schob.
„Zerpflücke nicht Dein Leben, sondern pflücke die Früchte Deines Lebens, Frau!“, appellierte ich an mich selbst. „Such Dir eine Marktlücke, fülle Deine Lücken aus, hab Mut zur Lücke und nutze nicht jede Zeitlücke zum Jammern! Guck zum Himmel und warte, bis die Wolkenlücke einen Lichtstrahl durchlässt ...“

Ich konnte meinem Gesäusel echt nicht mehr zuhören und fand wenigstens eine Parklücke, am Stachus. Aber selbst bei dieser dachte ich: „Und diese Lücke, die ich lasse, wird mich voll ersetzen ...“

Ich war echt nicht mehr zu retten.

Als ich recherchierte, woher das Wort „Lücke“ stammt, und entdeckte, dass es eng verwandt mit dem Wort „Loch“ ist, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Mein Leben war einfach nicht mehr intakt. Irgendwie muss ich aus dem aus dem Takt gekommen sein. Ich benahm mich absolut taktlos mir selbst gegenüber und das war taktisch unklug.

Ich erinnerte mich an einem Satz von Curt Goetz: „Takt ist die Fähigkeit, einem anderen auf die Beine zu helfen, ohne ihm dabei auf die Füße zu treten.“ – Ja genau, das bräuchte ich – jetzt! Und da ich eh schon eine Parklücke am Stachus ergattert hatte, konnte ich einen Schritt weiter gehen, nämlich den zur Taktlücke, um wenigsten Kontakt aufzunehmen.
Vorsichtig fragte ich nach, ob man einem so frustriertem Weib mir wie mir irgendein Taktgefühl beibringen könnte?

Taktvoll gab man mir Antwort. Und ich lernte schnell, den Takt zu halten, mit dem Puls- oder Taktschlag zu leben und das ganz ohne Taktstock, oder die baguett, wie man im französischen denselben nennt. Taktgemäß im Taktschritt, taktgleich. Dank der Taktik meiner Lehrer,
Marcus und Bärbel. Die beiden taktierten mich vorsichtig Richtung Leben und ich habe weit mehr gelernt, als nur zu tanzen. Ich habe gelernt, mich hinzusetzen, während ich aufstehe und aufzustehen, während ich mich hinsetze. Ich habe meinen Körper neu entdeckt und Muskeln kennengelernt, von denen ich nicht mal eine Ahnung hatte, dass es sie gibt. Ich habe innere Blockaden erkannt, die sich in meiner Körperhaltung widerspiegeln. Und dass Hemmungen Grenzen bedeuten, die aber jederzeit mit Leichtfüßigkeit überschritten werden können.

Kurz: Die Taktlücke hat mein Leben verändert und mein Bewusstsein erweitert. Und ich wünsche jedem Schüler, der diese Schule betritt, dass es ihm ähnlich ergehen möge, und sei es „nur“ der Freude wegen. Aber den Spaß gibt’s eh gratis dazu....

Übrigens: "Tanzen ist der vertikale Ausdruck für ein horizontales Verlangen." – Na, wenn ich das schon früher gewusst hätte! :- )


© Marie Theres Kroetz Relin, September 2009 - Dixiemania needs Die Taktlücke




P.S.:

Eröffnungsfeier

Samstag, 10. Oktober 2009
Eintritt frei

20:15–1:00 Tanz mit DJ, Shows und vielen Gästen
Tag der offenen Tür

und

Sonntag, 11. Oktober 2009

Reinschnuppern in Standard, Latein, Boogie, Swing, Lindy Hop, Balboa, Shag, ...

Beim Tag der offenen Tür habt ihr die Gelegenheit, die Taktlücke kennen zu lernen und verschiedene Tänze auszuprobieren:

1100-1130 Boogie Woogie
1145-1215 Collegiate Shag
1245-1315 Disco Fox
1330-1400 Langsamer Walzer
1415-1445 Lindy Hop
1500-1530 Balboa
1545-1615 Latino (Rhumba, Mambo, Salsa)
1630-1700 Foxtrott

Die Taktlücke
Sonnenstr. 7 / 4.Stock
(Eingang bei der Eldorado Kino Passage)
80331 München
089 / 50 50 22
taktluecke@worldofswing.com



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