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Interview mit Gudrun Schillken von Carmen Moeller-Sendler
erschienen im Westfälischen Anzeiger am 10.03.04

Die Revolution der Hausfrauen
Gudrun Schilken liest im Kulturbahnhof


Hamm (cms). Eigentlich war zur VHS-Lesung "If pigs could fly – die Hausfrauenrevolution" deren Erfinderin Marie-Theres Kroetz-Relin angekündigt. Statt ihrer wird nun Gudrun Schilken am Montag, 14. März um 19.30 Uhr, in den Kulturbahnhof kommen. Die 44-jährige Mitautorin des Buches ist ebenfalls keine Unbekannte: Vor einigen Wochen war Thomas Gottschalk im Rahmen der ZDF-Serie "Gottschalk zieht ein" bei ihr und den drei Söhnen Philip (18), Nick (6) und Max (15) in Warstein-Allagen zu Gast. Mit dem Wochenblatt sprach sie über fliegende Schweine, das tägliche Durchwurschteln und die Hosen der Aufnahmeleiterin.

"If pigs could fly – wenn Schweine fliegen könnten". Was bedeutet das Motto Ihrer Revolution, das auch der Buchtitel ist?
Gudrun Schilken: Schweine können ja nicht fliegen. Es geht also darum, das Unmögliche möglich zu machen.

Was genau ist denn nun die Hausfrauenrevolution?
Schilken: Meine persönliche Rettung vor dem Ertrinken in der Linsensuppe! Nein, im Ernst: Das ist eine Internet-Bewegung, eine Plattform für Frauen hinter dem Herd, die der Einsamkeit in diesem Beruf entfliehen wollen. In jedem Büro gibt es schließlich Ansprechpartner, mit denen man mal eben quatschen kann. Wir aber müssen telefonieren oder den Arbeitsplatz Haushalt verlassen. Oder uns eben im Internet austauschen...

Und da muss es gleich eine Revolution sein?
Schilken: Ich sehe das Wort Revolution eigentlich als provokativen Begriff, damit man eher hinschaut. Sonst interessiert sich doch kein Schwein für die Frauen, die seit Generationen still vor sich hin leiden! Marie-Theres, die die Hausfrauenrevolution angezettelt hat, weiß das und tritt in Talk-Shows wie bei Kerner & Co. sehr energisch auf. Wer Fernseharbeit nicht kennt, denkt sich: Was macht die da? Aber wir haben viel Zulauf dadurch gekriegt, eben weil sie so provokant und laut ist. Wer immer lieb ist, wird nicht wahrgenommen. Wir sehen das aber nicht so feministisch-verbissen, sondern eher mit einem Augenzwinkern...

Was passiert denn da auf Ihrer Internetplattform?
Schilken: Wenn eine ein Problem hat, bekommt sie im Forum Hilfe. Bei Erziehungsproblemen etwa gibt es Rat von überallher: Von der Hausfrauenkollegin bis zur Ärztin oder Psychologin machen Frauen bei der Hausfrauenrevolution mit. Man kann anonym bleiben und kann einfach abladen, mitdiskutieren.... Da stehen auch unterhaltsame Texte und auch Sachwissen – zu den Rubriken Frauen, Männer, Kinder, Küche und Kultur...

Im Buch zur Revolution ist auch einiges von Ihnen drin. Machen Sie mal Werbung!
Schilken: Es ist gut zu lesen, weil es sehr kurze Texte sind, also hausfrauenkompatibel – zum Nudelwasseraufsetzen! Es umfasst wirklich das breite Spektrum der Hausfrauen, vom täglichen Durchwurschteln bis zur einsamen Erotik. Man findet sich wieder, fühlt sich getröstet: Es geht nicht nur mir alleine so! Ist auch ein Super-Geschenk – jeder hat ja irgendwo eine Hausfrau sitzen...

Nun zu Ihnen: Da geht es ja ganz schön rund...
Schilken: Ja! Für mich ist im vergangenen Jahr so alles, was ich mir für mein Leben erträumt habe, wahr geworden. Ich wollte immer zur Buchmesse als Autorin, das hab ich geschafft, und es war für mich toll, zum ersten Mal geschäftlich in einem Hotel zu übernachten, so ganz businessmäßig. Mittlerweile bin ich auch oft zu Lesungen unterwegs, ich bin ein friedlich grunzendes fliegendes Schwein geworden!

Ganz Deutschland kennt nun Ihr Wohnzimmer.
Schilken: Ich bin ein offener Mensch, ich habe gern Besuch. Mich interessieren Menschen. Jeder hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Man muss sie nur rauskitzeln... Mit Gottschalk habe ich mich wirklich gut verstanden. Ich glaube, für ihn war ich eine Exotin. Wann hat er schon mit Hausfrauen zu tun? Ich habe mich auch mit dem ganzen Team befreundet, die waren ja sieben Tage da und Thomas vier. Ich hab der Aufnahmeleiterin die Hosen gebügelt, dem Ton-Ingenieur die Wäsche gewaschen und mich um alle gekümmert. Die haben ja auch ihre Probleme... Ich habe mein Herzensfenster weit geöffnet, und alle haben sich bedient.

Info-Kasten:
Marie-Theres Kroetz-Relin (38) ist die Tochter der Schauspieler Maria Schell und Veit Relin. Mit 21 war die vielversprechende Nachwuchsschauspielerin "zu blöd zum Verhüten", wie sie sagt, wurde schwanger, Gattin des Schriftstellers Franz Xaver Kroetz - und Hausfrau. Im Jahre 2002 befand die dreifache Mutter: "Ich fühle mich in diese dämliche Hausfrauenrolle gepresst, eine Rolle, die ich so nicht mehr spielen möchte: depressiv, schweigend, lustlos, dumm und unattraktiv – eben ein Hausmütterchen. Ich will wieder meine Weiblichkeit tragen, unbefangen und offen, herzlich, lustig und sexy sein. Ich will raus aus dem Knast in meinem Hirn und meine Sprachlosigkeit durchbrechen." Das Resultat: Die Hausfrauenrevolution. Zunächst als Internet-Projekt, inzwischen hat Marie-Theres die besten Texte davon in einem Buch versammelt (2004) und ist gern gesehener Gast in den Fernsehstudios dieses Landes.

Internet: www.hausfrauenrevolution.com