Home
Frauen Kinder Kueche Wer Mail Impressum
Maenner Kultur Medi-Eck Anzeigen Chat Links

Interview mit Marie Theres Kroetz Relin von Sylvie-Sophie Schindler
erschienen im Münchner Merkur am 22.11.2004


Frau Kroetz-Relin, Sie sind die Initiatorin der "Hausfrauenrevolution". Liegt Ihnen die Kämpfernatur im Blut?

Ja, ich denke schon, dass mir eine gewisse Kämpfernatur im Blut liegt und erst recht, seit ich ein Muttertier bin.

Wann und warum in mussten Sie in Ihrem Leben kämpfen?

Der „Kampf“ begegnet uns doch täglich. Kämpfen kann man aber auch gleichsetzen mit „wollen“. Mir gefällt das Sprichwort: „Und Sterne reißt’s vom Himmel, das kleine Wort ich will.“ Der einzige „Kampf“ den ich scheue, ist der um die Gesundheit, weil er auch unvorhergesehen eintreffen kann.

In Ihrem Vorwort schreiben Sie, dass "If pigs could fly" ein Buch über Einsamkeit ist. Was meinen Sie damit?

Ich will mit der Einsamkeit ein Tabu-Thema ansprechen und es gleichzeitig neu definieren.
Denn eine seelische Einsamkeit kann auch dazu führen, dass in uns „ein Samen keimt“, den wir wahrnehmen sollten, statt ihn zu verdrängen.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Hausfrauenrevolution?

Für mich ist der Weg das Ziel. Ich kann nicht voraus sagen, was wir in der Zukunft alles Umsetzen können. Wir wollen ein Umdenken und eine Umwälzung bewirken. Jede Veränderung beginnt aber bei uns selbst. Erst wenn wir eine Veränderung in uns zulassen und unsere Sprachlosigkeit durchbrechen, können wir durch unser gestärktes Selbstbewusstsein auch nach Außen etwas bewirken.
Ich kann immer nur träumen und mir verrückte Projekte ausdenken. Wenn von 10 Projekten eins klappt, dann bin ich zufrieden. Dabei möchte ich nichts Großes verändern, aber viel Kleines.
Und wenn ich „meine“ Frauen dazu bringe, mit mir viel Kleines zu verändern, erreichen wir damit auch irgendwann etwas Großes.

Sie sprechen vom "Kreativpotenzial Hausfrau". Wie sieht dieses Potenzial aus und wie kann es die Hausfrau nutzen?

Wir Hausfrauen sind Multi-Talente. Aber wir haben zu wenig Mut zur Kreativität. Unser Kreativpotenzial steckt in einem Schnellkochtopf und wir haben kein Ventil dafür.
Mit der Hausfrauenrevolution haben wir endlich ein Ventil gefunden. Jede/r bringt seine eigenen Erfahrungen mit, wieder gespiegelt in authentischen Texten. Über die eingefangene Emotion kann der Leser sich besser identifizieren und so wird das Geschriebene sowie das Gelesene zum Ventil.

Warum fehlt es den Hausfrauen immer noch an Anerkennung?

In unserer Gesellschaft wird Leistung leider immer nur über das Einkommen definiert. Da wir kein Einkommen haben, sind wir auch wenig „wert“. Leider. Dabei wäre die Gesellschaft ohne ihre Hausfrauen aufgeschmissen!

Kann frau auch als Hausfrau emanzipiert sein? Wenn ja, warum?

Warum denn nicht? Es ist ein absoluter Blödsinn uns in die konservative Schublade stecken zu wollen, bloß weil wir zu unserem Beruf und unserem gewählten Leben stehen. Das Wort „emanzipiert“ heißt übrigens „unabhängig; frei von überkommenen Vorstellungen“ – auch das passt zu uns und muss dabei nicht gegen unsere Männer verwendet werden.

Warum gefällt Ihnen Ihre Rolle als Hausfrau und Mutter?

Wegen meinen Kindern und meiner Familie. Es ist nun mal einzigartig, Kinder groß zu ziehen.
Mit allen Höhen und Tiefen.

Warum hassen Sie das Wort Hausfrau? Welche andere Bezeichnung schlagen Sie vor?

In Spanien ist die „ama de casa“ die „Herrin des Hauses“. Das klingt doch gleich ganz anders. Das Wort Hausfrau hasse ich nur, weil wir uns nicht trauen, mit einem Selbstbewusstsein unseren Beruf auszusprechen. Im Gegenteil, wir hängen sogar noch ein „Nur“ vorne dran. Seitdem wir das Wort „Hausfrau“ neu definieren, kommt es uns leichter über die Lippen, insbesondere mit dem Anhang „Revolution“. Reaktionen sind somit 100% garantiert.

Warum haben Sie sich für ein Schwein als Logo entschieden?

Hausfrauen und Schweine haben viele Gemeinsamkeiten:
beide werden unterschätzt, sind intelligent, sehr reinlich und müssen trotzdem in einem Saustall leben. Beide sind Allesfresser, geraten in Gefangenschaft unter Stress, sind ein Synonym für Glück, aber auch für viel Negatives.

Welche Philosophie steckt hinter dem Titel Ihres Buches?

„If pigs could fly“ (Wenn Schweine fliegen könnten) ist ein englisches Sprichwort und bedeutet „das Unmögliche möglich machen“.
In meinem Schlusswort schreibe ich:
Und sollte sich der Himmel über Ihnen verdunkeln und Sie ein Rauschen vernehmen, dann sind es fliegende Schweine, die gelernt haben zusammenzuhalten um zu verändern.
Sie sind auf dem Weg, das Unmögliche möglich zu machen.
Mehr nicht.

Wie viele Menschen haben sich Ihrer Bewegung angeschlossen?

Wir haben um die 800 „feste Mitglieder“ und in den 2 Jahren über 3 Millionen Klicks auf der Homepage gezählt.
Sehr viele Freundschaften sind entstanden und unsere User sind über den ganzen Erdball verteilt.

Inwiefern interessieren sich auch Männer für das Thema?

Hausmänner werden von der Gesellschaft noch viel weniger anerkannt. Die sind tatsächlich arme Schweine! Deshalb bin ich froh über jeden Hausmann der bei uns mitmischt. Auch diese Vorurteile müssen gekippt werden. Ist ja auch ’ne Form von Gleichberechtigung, gell?

In Ihrem Buch ist ein Text von Erich Fromm abgedruckt. Da heißt es.... keine Stufe des Lebens als endgültig zu betrachten. Wie also sieht die Zukunft von Hausfrauen aus?

Wir können nicht nur fordern, aber wir können für bessere Lebensbedingungen für Frauen und Kinder kämpfen. Das wäre schon ein wichtiger Schritt. Und den Politikern das Unwort „Humankapital“ als Bezeichnung für unser Kinder wieder „entreißen“. Unser Zukunft? Es wird höchste Zeit, dass wir uns selbst organisieren!
Und der Rest steht in den Stern. Aber da steht ja groß geschrieben, das kleine Wort: Ich will!



Mit freundlicher Genehmigung von Münchner Merkur