Home
Frauen Kinder Kueche Mail Impressum
Maenner Kultur Medi-Eck Anzeigen Links

Melanie Demitz

Wenn der Wahnsinn zweimal klingelt
Nach einer wahren Begebenheit


Als Hausfrau hat man es nicht leicht. Das weiß spätestens seit dem berühmten Schlager "Das bisschen Haushalt..." jeder. Oder sollte es jedenfalls wissen.
So gibt es im Leben der Hausfrau immer wieder Zeiten geballten Stresses, in denen sie besonders flexibel reagieren muss. Wenn zum Beispiel genau dann der Sohn laut brüllend mit blutig aufgeschlagenem Knie angelaufen kommt, als Hausfrau gerade ein wichtiges Telefonat mit dem Geldinstitut führt, um eine falsch gelaufene Überweisung zu tilgen, gleichzeitig dringend den in Kürze anfallenden Kindergeburtstag planen und vorbereiten muss und tägliche Handhabungen wie Geschirrspüler aus- und wieder einräumen, aufräumen, Fußboden schrubben und ähnlich überflüssige Handgriffe irgendwo dazwischen nebenher erledigt werden.
Ich glaube, ich brauche das gar nicht näher ausführen, Hausfrauen wissen, wie der Hase läuft.

Ich hatte nun also gerade ein paar Tage ähnlichen Ablaufes hinter mir und war endlich einmal morgens allein in einem halbwegs stillen Haus, als es plötzlich leise, aber doch sehr vernehmlich "Ding Dong" machte.
Ich stutzte. Unsere Türklingel konnte es nicht gewesen sein, die hat einen Dreiklang.
Beim Nachbarn? Schließlich wohnen wir in einem Reihenhaus, da hört man das Eine oder Andere von nebenan schon mal.
Nein, ich war mich sicher, es war im selben Raum, in dem ich mich auch befand – im Wohnzimmer!
Handy? Nein, das klingelt in einer schönen Sinfonie-Melodie, und wenn der Akku leer ist, piept es hektisch. Das war es also auch nicht.
Ich war ratlos, beschloss aber, es zu ignorieren. Die Quelle würde ich jetzt sowieso nicht ausfindig machen, denn das "Ding Dong" wiederholte sich nicht.

Nachmittags waren meine Kinder im Haus, es herrschte eine für Familien mit Kindern unter 10 Jahren übliche Geräuschkulisse.
Da war es wieder: "Ding Dong"! Leise, aber auch bei Nebengeräuschen nicht unbeträchtlicher Lautstärke deutlich vernehmbar!
Meine Kinder reagierten nicht, also hatten sie es nicht gehört.
Was konnte das nur sein?
War ich denn wirklich die Einzige, die es hörte?
Ich merkte, wie langsam ein hysterisches Kichern in mir aufstieg, denn gerade war mir ein Gedanke gekommen, der die Lösung sein musste:
Der Wahnsinn stand vor der Rinde meines Hirnes und bat um Einlass!
Wahnsinn ante portas!
Ha, das war es! Nur das konnte es sein!
Das Kichern in meinem Kopf weitete sich aus, meine Nervenbahnen tanzten bereits fröhlich Polka und eine wohlige Leichtigkeit machte sich in meinem Inneren breit.
So ist das also, wenn man wahnsinnig wird. Man braucht sich über nichts mehr Gedanken zu machen, lediglich die Tür musste man öffnen.
Weit genug, damit der Wahnsinn auch einziehen konnte. Der Hausfrauen-Wahnsinn.
Ich war bereit.

Als mein Mann abends nach Hause kam, war mir äußerlich nichts anzumerken. Scheinbar normal und gelassen (denn mir konnte ja nichts mehr passieren) hatte ich den restlichen Tagesablauf bewältigt. Locker-entspannt setzte ich mich auf seinen Schoß und begann, ihm vom Einsetzen meines Wahnsinns zu berichten.
Schweigend hörte er mir zu.
Dann sagte er kurz und trocken:
"Gib mir einfach mein Handheld wieder, dann hört das auf."
???

Des Rätsels Lösung:
Am Wochenende hatte ich für eine längere Fahrt sein Navigationssystem benutzt, welches ihm im Weiteren dazu dient, ihn an anstehende Termine zu erinnern.
Ich hatte also das mobile Teil des Navis mit ins Haus (ins Wohnzimmer!) genommen. Und dort erinnerte es meinen abwesenden Mann im Laufe des Tages zweimal an diverse Termine – mit einem "Ding Dong"!

Schade, die Leichtigkeit des beginnenden Wahnsinns hatte mir eigentlich ganz gut gefallen...