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Margot Tarisch

Die Schule


Meine Schwester ist Lehrerin. Ihre Schule liegt in einer Gegend, wo die sozial Schwachen
und viele Ausländer wohnen, also keine gute Adresse.
Ich hatte in der Stadt für meine Schwester etwas eingekauft. Am Weg nach Hause fiel mir ein, eigentlich könnte ich über ihre Schule fahren, denn es ist gleich Pause. Ich parkte vor der Schule, ging über den Schulhof in die Aula und wartete dort. Ich wusste, sie würde die Treppe hier runter kommen. Noch war es ganz ruhig doch dann läutete der Gong die Pause ein.
Aus allen Ecken kamen Kinder, nein eigentlich Jugendliche in die Aula. Manche gingen weiter in den Schulhof. Ich stand neben der Eingangstür, sah nur zu und hörte einen Lärmpegel, der sehr laut war und immer lauter wurde. Diese Lautstärke klang aggressiv in meinen Ohren, richtig unangenehm. Ich hörte genauer hin. Ja, sie sprachen deutsch, aber wie sie sprachen. Der Wortschatz war primitiv und widerlich, eigentlich warfen sie sich gegenseitig nur Beleidigungen zu. Jeder wollte den anderen übertrumpfen. Teils sah ich, es wurde gestoßen, getreten, geschupst, diese Jugendlichen bedrohten sich gegenseitig.
Ich konnte zusehen, wie sich die Aula in eine Müllhalle verwandelte. Sämtliche Abfälle landeten auf dem Boden. Es wurde ausgiebig durch die Halle gespukt.
Ich stand ganz still, fast erstarrt und sah mir das an. Es hätte mich nicht gewundert, wenn jemand seine Hosen ausgezogen hätte um sich zu erleichtern. Es war richtig schrecklich und ich dachte, sie sind nicht mal wie die Tiere. Jede Tierherde hat eine gewisse Ordnung, Tiere haben voreinander Respekt.
Dann sah ich meine Schwester. Sie kam die Treppe herunter , ging einfach zwischen den Jugendlichen durch, wich manchem Dreckhaufen aus und machte einige Bögen um Gruppen. Sie kam auf mich zu. Wir begrüßten uns und ich sagte zu ihr, dass ich es mir so schlimm nicht vorgestellt hatte. Sie sagte nur: „Ja, so geht es bei uns zu.“ Wir hatten schon öfter über ihre Schule gesprochen, aber die Realität überwältigte mich. „Das hältst Du aus,“ sagte ich. „Weißt Du, es gibt hier auch ein paar, die wollen wirklich etwas lernen. Der Rest sitzt seine fünf Jahre in unserer Schule ab und geht dann. Im Sportunterricht, wenn sie Ball spielen, sind sie manchmal richtig fröhliche Kinder.“
Die Glocke erklang, die Pause war zu Ende. Meine Schwester verabschiedete sich. Ich stand noch einen Moment da und sah zu, wie alle in ihren Klassenzimmern verschwanden. Ich hatte das Gefühl, als erwache ich aus einem Alptraum. Noch etwas benommen und auch etwas traurig über das, was ich gesehen hatte, ging ich zu meinem Auto und fuhr nach Hause.