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Sandra Säckl

Ein ganz normaler Tag


"Schatz, ich habe eine gute Nachricht", sagte mein Mann eines Abends zu mir. Wir saßen im Wohnzimmer und schlürften gerade einen Gute-Nacht-Trunk. "Ich habe überraschenderweise morgen frei bekommen!" - Vor lauter Schrecken verschluckte ich mich beinahe. "Oh, das ist ja toll! Was ist der Grund dafür?", fragte ich ganz verstört. Er erzählte mir, dass sein Büro neu gestrichen werden musste und er deswegen einen Tag frei bekäme, da er ohnehin in letzter Zeit so viele Überstunden gemacht hatte. Ich setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. Ich sah es nicht gerne, wenn etwas nicht planmäßig geschah. Und dieser freie Tag meines Mannes kam so plötzlich, dass ich gar nichts planen konnte. Dabei war Planen doch das halbe Leben, wie ich immer zu sagen pflegte.

Am nächsten Morgen stand ich Punkt 6 Uhr auf. Ich brauchte keinen Wecker. Ich war die ganzen letzten Jahre jeden Tag, unter der Woche, um diese Zeit aufgestanden. Mein Körper hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. Mein Mann bemerkte mein Verschwinden aus dem Ehebett nicht und ich ließ ihn weiterschlafen. Das hatte er sich schließlich verdient! Immerhin arbeitete er das ganze Jahr hindurch hart.
Ich ging in die Küche, schaltete die Kaffeemaschine an, und verschwand kurz im Bad, um meine Morgentoilette zu erledigen. Danach war es an der Zeit, um die Kinder zu wecken. Bei Tom hatte ich kaum Probleme, er war nicht so ein Morgenmuffel wie seine Schwester Caroline. Das hatte aber auch seine Vorteile, denn so entstand kein Streit, wer als erster das Bad benützen durfte.
Während Tom bereits im Bad war, ging ich in die Küche und bereitete das Frühstück für die Kinder vor. Ich aß in der Früh nie. Dazu hatte ich keine Zeit. Zuerst mussten die Kinder versorgt werden und normalerweise auch mein Mann. Ein schneller Kaffee musste mir vorerst genügen.
"Tom, weck Caroline wieder auf!", schrie ich und zuckte gleich zusammen. Ich vergaß, dass mein Mann sich noch im Tiefschlaf befand.
Kurze Zeit später konnte ich die beiden Kids schon die Treppen herunter laufen hören. "Pscht, Papa schläft noch", sagte ich zu ihnen, "er hat heute einen freien Tag". Die Kinder nickten und verschlangen ihr Frühstück. Ich machte ihnen ein paar Brote zur Jause und dann war es bereits an der Zeit, um in die Schule zu fahren. Ich nahm den Autoschlüssel von der Kommode, warf mir meinen Mantel über und fuhr mit den Kindern in die Schule. Normalerweise erledigte mein Mann diese Aufgabe, aber er hatte ja seinen freien Tag.

Als ich nach Hause kam, war es kurz vor 8 Uhr. Mein Mann schlief noch immer tief und fest. Aber das war ja kein Problem. Ich konnte mit dem Staubsaugen warten und fing in der Zwischenzeit mit dem Kochen an, damit ich ihn nicht aufwecken würde. Nebenbei warf ich mir einen Toast ein. Im Stehen. So konnte ich gleich nebenbei die Kartoffeln schälen.
Eine Stunde später erschien mein Mann. Er war noch im Morgenmantel. Ganz verschlafen kam er in die Küche und setzte sich an den kleinen Tisch vor dem Fenster. "Wieso bist du schon auf? Ich dachte, wir schlafen uns heute einmal aus?", fragte er mich. "Aber die Kinder mussten doch in die Schule", sagte ich ganz ruhig. "Ach ja!" Er gähnte und blätterte die Zeitung auf, die ich in der Früh von draußen geholt hatte.
Ich schenkte ihm Kaffee ein und machte ihm ein Brot. Dann ging ich in die Waschküche und warf eine Maschine mit dunkler Wäsche an. Als ich wieder in die Küche kam, fragte mich mein Mann, was ich heute vorhätte. "Nicht viel", antwortete ich. Er sagte mir, dass er noch eine Kleinigkeit am Computer ausarbeiten müsste. Fürs Büro. Aber es würde nicht lange dauern. Und dann hätte er Zeit, um mir bei der Hausarbeit zu helfen. Ich nickte und wollte sein schmutziges Geschirr abräumen. "Lass das, Schatz. Ich mach das schon", sagte er zu mir.
Also ging ich nach oben um die Betten im Schlafzimmer zu machen und um zu lüften. Nach dem Schlafzimmer wanderte ich in das Kinderzimmer und sorgte dort für Ordnung.
"Schatz, weißt du wo das Druckerpapier ist?", rief mein Mann aus dem Arbeitszimmer. "Ja, ich bringe es dir gleich", schrie ich zurück. Also ließ ich das Spielzeug wieder fallen und brachte meinem Mann das Papier. Er gab mir einen Kuss und arbeitete weiter.
Nachdem die Kinderzimmer einigermaßen in Ordnung waren und die Wäsche aufgehängt war, ging ich zurück in die Küche. Da sah ich, wie mein Mann das Frühstücksgeschirr weggeräumt hatte: Er hatte einfach alles in die Spüle gestellt, statt gleich in den Geschirrspüler zu ordnen…
Ich räumte alles weg und machte mich an das Mittagessen. Ich warf einen Blick in die Töpfe, die ich am Morgen für das Abendessen aufgestellt hatte. Prima, der Eintopf war fast fertig. Noch ein oder zwei Stunden auf kleiner Flamme ziehen lassen, dann wäre er bis am Abend perfekt.

Punkt Zwölf Uhr. Das hieß: Mittagspause für meinen Mann, wenn er in der Arbeit wäre. Und wie ich erwartet hatte, kam er auch schon in die Küche. Er hatte einen Bärenhunger. "Was gibt es zu Essen? Das riecht ja fabelhaft!", sagte er und blickte in die Töpfe, die für das Abendessen gedacht waren.
Ich hatte den Tisch für uns bereits gedeckt und machte meinen Mann darauf aufmerksam. Er blickte zuerst auf den Tisch, dann auf mich. "Essen wir nicht im Esszimmer, wie sonst?", fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf und sagte: "Für uns zwei decke ich doch nicht den großen Tisch!" Mein Mann zuckte mit den Schultern und setzte sich. Ich servierte Gemüsesuppe und Baguette. Wir ließen es uns schmecken.
"Und was gibt es als Hauptgang?", fragte mein Mann. Ich kniff die Augen zusammen und antwortete, dass wir den Hauptgang soeben zu uns genommen hatten!
"Aber am Wochenende speisen wir auch mittags und abends ausgedehnt!", sagte mein Mann kleinlaut zu mir. Ich musste ihm erklären, dass eben am Wochenende, wenn die ganze Familie zu Hause sei, alles anders sei. "Die Kinder und ich essen mittags immer nur eine Kleinigkeit! Groß aufgekocht wird nur für den Abend und die Wochenenden oder sonstige besondere Tage, wenn alle im Haus sind! Außerdem kann ich unter der Woche nicht den ganzen Tag in der Küche stehen, sonst käme ich im Haushalt gar nicht weiter!", sagte ich bestimmend zu meinem Mann. Dann stand ich auf. "Möchtest du Kaffee?", lächelte ich ihn an. "Wenn es nicht zuviel Mühe macht", antwortete er leise.

Nach der Kaffeepause ging ich wieder an die Arbeit. Das Geschirr musste in der Maschine verstaut werden, das Wohnzimmer geputzt und gesaugt werden. Mein Mann legte sich für ein Stündchen aufs Ohr.
Ich staubte gerade unsere TV-Kommode ab, als mein Mann wieder auftauchte. "Macht das nicht die Putzfrau?", fragte er mich. "Doch Schatz. Aber Miss Hyde kommt nur alle vierzehn Tage einmal. Bis dahin ist schon wieder eine dicke Staubschicht zu sehen", erklärte ich ihm gutmütig. "Oh!" - Schweigend ging er aus dem Zimmer.

Er müsse kurz zur Post, sagte er mir etwas später. Ob ich etwas brauchen würde. Ja sicher! Die Post lag in der Nähe des Supermarktes und ich hatte noch keine Nudeln und Getränke gekauft. Schnell zog ich mich an und wir waren auf dem Weg. Ich flitzte durch die Gänge im Supermarkt und wartete bereits vor dem Gebäude, als mein Mann von der Post kam. "Na, du warst aber schnell!", grinste er mich frech an. "Ja, wir müssen nämlich noch zu den McCains und frische Milch, Eier und Brot besorgen, bevor die Kinder aus der Schule kommen!"
Mein Mann blickte mich verdutzt an. "Gab es keine Milch im Supermarkt?", fragte er mich. Ich erklärte ihm, dass ich doch alle zwei Tage zu den McCains fahren würde. Bio-Lebensmittel vom Bauern schmeckten doch einfach viel besser. Und gesünder sei es auch!
"Ach ja, ich vergaß…" - Irgendwie sah mein Mann bedrückt aus.

Es ging sich alles gut aus und wir kamen genau rechtzeitig zur Schule, um die Kinder abzuholen. Sie freuten sich sehr, dass Papi heute auch mit dabei war. Aus dem Nachhauseweg erzählten sie, was in der Schule so passiert sei. Dann gab es Gemüsesuppe für die Kinder und die Hausaufgaben mussten erledigt werden. Mein Mann arbeitete am Computer weiter und ich beaufsichtigte die Kinder und stand ratend zur Seite, wenn sich einer nicht auskannte. Nebenbei konnte ich prima bügeln.
"Nanu, hast du nicht gestern erzählt, dass du einen Stapel Wäsche gebügelt hast? Wo kommt denn dieser Berg Wäsche her?", fragte mein Mann, als er sich etwas zu trinken holte. Anscheinend wusste er nicht, wie viel Wäsche eine vierköpfige Familie am Tag verbrauchen konnte… Die Waschmaschine lief schließlich jeden Tag. Manchmal auch zweimal pro Tag.
"Übrigens, ich bin fertig! Ich lege mich etwas auf die Couch und schaue fern. Wann gibt es Abendessen?" - "Um die gleiche Zeit wie jeden Abend", sprach ich. Mein Mann nickte und verschwand ins Wohnzimmer.
Nach den Hausaufgaben schickte ich die Kinder für eine Stunde in den Garten. Schließlich sollten sie etwas frische Luft schnappen. Als es draußen dunkel wurde, kamen sie wieder ins Haus. Sie sollten sich umziehen und konnten dann zu Papi ins Wohnzimmer gehen, bis das Essen fertig sein würde.
Ich blickte in den Backofen, um zu sehen, wieweit der Kuchen war, den ich vorhin schnell gerührt hatte.
Dann war es ohnehin Zeit für das Abendessen. Ich zog mich um, deckte den Tisch und rief nach meiner Familie. Der restliche Abend verlief so, wie alle anderen Tage unter der Woche. Mein Mann fühlte sich sichtlich wieder wohler, nachdem ich ihn untertags anscheinend etwas verwirrt hatte.

Am nächsten Abend kam mein Mann mit einem großen Blumenstrauß nach Hause. "Für dich, weil du dich um uns so gut kümmerst und ich das bis jetzt als selbstverständlich hingenommen habe. Es war mir bis gestern nicht bewusst, wie viel du erledigen musst und um was du dich alles kümmern musst!" Ich war gerührt. "Bekomme ich jetzt auch eine Gehaltserhöhung, weil ich so gute Arbeit leiste?", fragte ich ihn schelmisch. Wir lachten und setzten uns zum Abendessen an den Tisch.