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Gudrun Schilken

Augen zu und unten durch!


Besuch beim Frauenarzt. Pflichttermin. Muss ja sein. Besonders gründliche Körperpflege vorher. Besonders untenrum. Ihr versteht. Düftchen hier und Düftchen da. Man will ja gut riechen. Man versetzt sich in den Arzt mit diesem (nicht) beneidenswerten Job. Mentale Vorbereitung. Ist auch nötig. Peinlichkeit ade. Oder auch nicht?
Nun denn. Ich stehe an der Rezeption. Ernsthaft guckend, alles möglichst schnell hinter mich bringend. Bisschen wie Zahnarzt. Aber keine Angst. Nee, nach drei Kindern nicht mehr. Die Gynäkologen haben ja schon überall bei einem rumgewühlt. In sämtlichen Körperflüssigkeiten und Eingeweiden. Brrr. Neben mir meldet sich Frau "Untenzu“ an. Kann man echt so heißen? Und dann auch noch hier? Kein Wunder, dass die arme Person hier gelandet ist. Zur Erklärung ihres Namens fügt sie auch noch hinzu: "Untenzu wie Untenauf!“ Ich kriege fast einen Lachkrampf. Das wird ja ein lustiger Termin heute. Prustend, hustend und um Fassung ringend melde ich mich bei der freundlichen - oder ist die doch nicht freundlich? - Arzthelferin an.
Dann werde ich ins Wartezimmer geschickt. Zum Warten, wie der Name schon sagt. Warten warten warten. Aber auch in diesem Raum wird es lustig. "Frau Lindner, bitte in Zimmer 1“ ruft die Arzthelferin dominamäßig die nächste Patientin auf. Es rauscht in der Sprechanlage. Frau Lindner zieht sich den Rock glatt und eilt dem Arzt mehr oder weniger eifrig entgegen.
Es rauscht noch immer. Die Damen der Rezeption haben vergessen, das Mikrofon auszuschalten. Es wird spannend.
"Die Meier ist schon wieder wegen ihrem Ausfluß da. Möchte mal wissen, was die in ihrer Freizeit so alles treibt“ tönt es durch die Anlage. Ich schaue kurz amüsiert von meiner Lektüre auf und frage mich, wer im Wartezimmer wohl Frau Meier ist. Es kommt noch besser. "Frau Merz, die nervige Schwangere schicken wir gleich in Zimmer 2. Die macht ja immer ein Theater und fragt mir ein Loch in den Bauch. Gehst du?“ tratscht die andere Dame an der Rezeption. Ich suche den dicken Bauch im Wartezimmer. Aber sie ist wohl schon im Labor zur Urinprobe, denke ich mir, weil sie nicht mit mir in einem Raum sitzt. Frau Meier muss die Schmach auch nicht ertragen, sie ist ebenfalls nicht da. Lediglich eine ältere Dame ganz in rosa und ein junges Mädchen bauchfrei mit Piercing sitzen noch erwartungsvoll im Wartezimmer. Wir grinsen uns nervös ein bisschen schadenfroh an, sind wir doch (gottseidank) nicht Thema der Bemerkungen der Damen an der Rezeption.
Ich suche mir eine neue Zeitschrift. Interessant, welcherart die angebotene Lektüre hier ist. Es gibt die "Neue Revue“ mit vielen bunten Nackedeis. Dort erfahre ich viel über das Sexualleben meiner Mitmenschen und die ein oder andere Dame darf ich auch ihrer Kleidung entledigt betrachten. Mitsamt ihrem Partner. Als Pärchen der Woche, das sich was traut. Interessant. Aber nicht unbedingt als Vorbereitung einer gynäkologischen Untersuchung geeignet. Irgendwie fühle ich mich im falschen Film. Ein bisschen Spaß muss sein, aber das ist vielleicht doch ein bisschen viel, was hier die Atmosphäre stört. Wenn ich dann noch bedenke, dass man mich gleich in eine Kabine steckt, wo ich untenrum unbekleidet warten muß, bis sich der Arzt meiner erbarmt und den Sitz meiner Spirale überprüft...
Muss ich mir eigentlich alles bieten lassen bei einem Arzt? Ich denke laut "Nein“. Meine Mitwarterinnen schauen erschrocken auf. Ich sage nachdrücklich noch einmal: "Nein“ und stehe auf. An der Rezeption fordere ich von den unsympathischen Tratschbasen meine 10 Euro zurück, weise auf das offene Mikrofon hin und rausche von dannen.
Ärzte gibt es zuhauf. Ich bin frau genug, mir nicht alles bieten lassen zu müssen.
Bist du das auch?