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Gudrun Schilken

Er hat es ja nur gut gemeint


SIE ist fortgefahren zur Entspannung. Er ist süß. Er ermöglicht ihr diese kleinen Fluchten ab und an, denn er weiß, dass SIE das braucht im Hausfrauenalltag. Es wird ihr sonst zu eng und dann wird SIE ungenießbar. Dabei genießt er SIE doch so gern.
So übernimmt er das Ruder und sitzt mit den Kindern ohne SIE im Boot. Er kann das. Die Kinder wollen auch rudern! Zunächst rudern alle gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen. Aber dann hören sie auf sein Kommando. Sie rücken ihm näher, je länger SIE weg ist. Holen all die Distanzen auf, die arbeitsbedingte Abwesenheit anwachsen lässt. Es tut ihnen allen gut.
Sie lieben sich, das Leben ist schön. Alles ganz easy.

Am zweiten Tag beginnt er aufzuräumen. Er meint es gut. Er will ihr nur helfen. So nimmt er sich die Schublade mit all dem nutzlosen Zeugs vor, die überzuquellen droht. Alles voller vermeintlich unwichtiger Zettel, Zeitungsausschnitte und Kassenzettel.
Danach nimmt er sich die Zeitschriftenstapel vor. Alte Illustrierte, Frauen- und Wohnmagazine, Elternratgeber. Weg damit! Wenn er wüsste, was er da tut....
Dann geht er in den Garten. Weg mit den verblühten Narzissen, deren vergilbte Blätter schlaff über dem Topf hängen. (Der arme Mann hat keine Ahnung, dass man die Zwiebeln einpflanzen kann, um sich nächstes Jahr an prächtig blühenden Osterglocken im Garten zu erfreuen.)
Im Kühlschrank wird sorgfältig das Verfallsdatum der Lebensmittel überprüft und die Vorräte werden von ihm auch durchgesehen. (Das war mal nötig.) Alles in Ordnung. Er nimmt seine Arbeit ernst. Schließlich heißt er so.
Die Kinder sollen am zweiten Tag auch endlich erzogen werden. Aber sie ziehen sich zurück.
Zum Mittagessen bei einer Fast-Food-Kette tauchen sie auf und finden alles kurzzeitig ganz lustig, bevor sie wieder Unterschlupf bei ihren Freunden oder vor der Playstation finden. Sie lassen sich sicherheitshalber erst beim Abendessen kurz sehen. Er fragt nach den Hausaufgaben und will gern behilflich sein. Sie lehnen dankend fliehend ab und gehen freiwillig zeitig schlafen. Bald kommt SIE wieder.


SIE kehrt zurück. Mit neuer Kraft und freiem Kopf. Nun rudert SIE wieder. Zunächst in ruhigen Gewässern. Wie angenehm.
Hey, der Kühlschrank ist aufgeräumt und der Vorratsraum ausgemistet. Klasse! Dazu fehlte ihr immer die Zeit. SIE freut sich.
Fröhlich sucht SIE vergebens in der Schublade nach dem Kassenzettel, um den zu klein geratenen Pullover ihrer Tochter umzutauschen. Er ist weg.
Wann war noch der Termin für den Elternabend in der Schule? Seltsamerweise ist der Zettel, auf dem SIE sich alles notiert hatte, nicht mehr auffindbar.
Nicht anders geht es ihr mit dem Zeitungsartikel aus der WELT am SONNTAG . Darin berichtet eine Journalistin über eine „Hausfrauenrevolution“. SIE hat den Artikel wegen der Internetadresse aufgehoben. Was das wohl sein mochte – Hausfrauenrevolution? Doch der sorgfältig ausgeschnittene Beitrag ist verschwunden.

Seltsam. SIE stutzt. Und beruhigt sich, ohne sich vorher beunruhigt zu haben. Ein Kunststück!

Was kocht SIE denn heute? Anregungen findet SIE immer in ihrem alten Zeitschriftenstapel –
Wenn er denn da wäre! Wo ist er denn nur? Ein leiser Verdacht beschleicht sie. Könnte es sein, dass... Ob ihr Mann wohl..... Das wäre doch.....

Nun denn. Ganz ruhig bleiben. Er hat es ja nur gut gemeint.

Und das klingt so ähnlich wie: „Er will nur spielen.“
Das harmlose Sätzchen, das Besitzer von freilaufenden Bullterriern erschrockenen Passanten gern um die Ohren hauen.