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Marie-Theres Kroetz Relin
Muttern, der alte Mann und das Mehr
(erschienen in "Die Aktuelle" Heft 28 am 03.07.04)


Sonntag Mittag, die ganze große Familie ist versammelt und erfreut sich an Mutterns Kochkünsten und der Liebe, die durch den Magen geht.
Bis auf einen. "Jetzt iss halt auch etwas, oder schmeckt es Dir nicht?" fragt Muttern vorsichtig an. Er blättert weiter abwesend in seiner Zeitung. "Hallo? Du scheinst wirklich schwerhörig zu sein! Leg doch jetzt die Zeitung weg, wir essen!" fordert sie schon etwas genervt. "Fleisch schneiden, bitte." murmelt er, ohne von seiner Lektüre aufzublicken. Muttern ist fassungslos "Also wirklich, das Fleisch ist so zart, das wirst Du wohl selber schneiden können!"
In Zeitlupe nimmt er einen Happen und kaut mühsam darauf herum. "Schmeckt´s?" hakt sie nach. Keine Antwort. "Seine Haferflocken mit Milch wären Ihm lieber..." kichert Girlie frech, aber er unterbricht sie mit "Ich muss aufs Klo." und verzieht sich ins Bad. "Senile Mittagstischflucht oder schwache Blase?" murmelt Muttern ironisch und ruft hinterher "Aber den Hintern putz ich Dir nicht!"
Die Familie wendet sich wieder dem Essen zu. Nach 10 Minuten erscheint er aus dem Bad, mit einer anderen Zeitung, setzt sich und stochert weiter kommentarlos im Essen rum. Und Muttern steht langsam am Rande des Wahnsinns. "Ich kann nicht mehr." entschlüpft es ihm da. "Woran erinnert mich das nur? Der alte Mann und das MEHR? Immer das Gleiche! Manchmal hab ich das Gefühl, Du bist mehr mein Opa als mein Sohn!" antwortet sie resigniert "Altersstarrsinn gibt es scheinbar in jeder Lebensphase!"
Ruhig Blut Muttern, auch aus deinem Sohn kann ein Hemingway werden!