ALLEIN.
Es kam die Zeit in der ich glücklich war, endlich allein zu leben.
In der ich die Farbe meiner Wände selbst bestimmte.
In der ich die Bilder an die Wand hängte, dich ich mir raussuchte.
In der ich in dem Sofa saß das mir am bequemsten schien.
In der ich dann aß wann ich wollte.
In der ich das aß was ich wollte.
In der ich schlafen ging auch wenn ich nicht müde war
In der ich nicht schlafen ging sogar wenn ich müde war.
In der ich schweigen konnte wann immer ich wollte.
In der meine Wohnung wie ein Schlachtfeld aussah.
In der ich meine Wohnung um die Uhrzeit aufräumte wann ich wollte.
In der ich mein Bett so hinstellen konnte wie ich Lust hatte.
In der ich das zu jedem Zeitpunkt wieder ändern konnte.
In der die Farbe der Bettwäsche allein mir zu gefallen hatte.
In der ich alle Pflanzen entsorgen konnte die nicht blühen wollten.
In der ich die Vögel vorm Fenstern füttern konnte und
In der ich mir keine Gedanken um Vogeldreck machen musste.
In der ich die Musik hörte die mich allein erfüllte.
In der ich den Fernseher mit Büchern zubauen konnte.
In der ich sie erst wegnahm wenn ich mal wieder fern sah.
In der ich nachts von der Liebe träumte wie sie mich erfüllt.
In der ich tagsüber die Liebe vergessen konnte die mich nie erfüllte.
In der ich unentschuldigt weinen durfte.
In der ich unbegründet lostanzte.
In der ich schrie.
In der ich lachte.
In der ich träumte.
NICHT ALLEIN.
Dann tratst du in mein Leben.
Ich fragte mich ob dir das Weiß meiner Wände gefällt.
Mochtest du überhaupt das Bild von Judith mit Holofernes’ Haupt in der Faust?
Ich bot dir mein Sofa an.
Ich kochte Abendessen.
Fragte dich ob du Lachs magst.
Wartete auf dich um schlafen zu gehen
und begleitete dich ins Bett wenn du müde warst.
Die vielen Sofakissen habe ich weggepackt.
Meine Wohnung war immer aufgeräumt.
Ich kaufte ein Doppelbett
und es füllte mein kleines Schlafzimmer.
Du wolltest in roter Satin-Bettwäsche räkeln und ich räkelte mit.
Du stelltest dein Usambara-Veilchen auf mein Fensterbrett.
Ich verdrängte den Gedanken an die hungrigen Vögel draußen
weil du Vogeldreck verabscheust.
Ich lernte durch dich unverdauliche Musikrichtungen kennen.
Die Bücher vorm Fernseher verkaufte ich bei booklooker.
weil Sportfernsehen deine tägliche Dauerberieselung war.
Ich sehnte mich in schlaflosen Nächten nach erfüllender Liebe .
Tagsüber drängten sich Gedanken an nicht erfüllende Liebe auf.
Ich lernte Fassung zu bewahren und Traurigkeit zu unterdrücken.
Du fordertest mich auf, weniger durch die Wohnung zu hüpfen,
und nicht so laut zu sein.
Ich vergaß zu lachen.
Und wagte nicht mehr zu träumen.
FAZIT.
Ich habe dich rausgeschmissen.
Die Blumen auch.
Das alte Bett aus dem Keller geholt und das neue verschenkt.
Zehn Kilo Bücher vom Flohmarkt nach Hause geschleppt.
Essen schmeckt wieder.
Im Vibratoren-Katalog die drei schönsten Exemplare rausgesucht.
Die Satin-Bettwäsche in die Tiefen eines Schranks vergraben.
Bundesliga-Ergebnisse kommen aus dem Radio.
Der Fernseher verstaubt endgültig.
Endlich ein Vogelhaus gebastelt.
Aus den Alpträumen aufgewacht.
Mein Chaos begrüßt mich am Morgen
ich tanze, singe, fluche, weine.....
und ich begrüße endlich wieder
MEIN LEBEN!
© Ghita Cleri
User | Diskussion |
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MonikaGe | Geschrieben am: 07.01.2009 12:48 Aktualisiert: 07.01.2009 20:58 |
![]() ![]() User seit: 23.09.2008 aus: Beiträge: 74 |
![]() Zu diesem Gedicht möchte ich nur einen sehr kurzen Kommentar abgeben:
BRAVO! Herzlichst Monika |
Gast | Geschrieben am: 04.01.2009 18:48 Aktualisiert: 04.01.2009 22:00 |
![]() Liebe ghita, ich habe dein Gedicht aufmerksam gelesen. Vieles von dem, was du beschreibst, habe ich selbst erlebt bzw. erlebe es noch.
Obwohl das Ende oder wie du es nennst Fazit nur folgerichtig ist, habe ich selbst die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es auch anders sein könnte. Dass Mann und Frau alles, was du im ersten Teil beschreibst, gemeinsam erleben können. Es muss doch möglich sein, dass wir einander lieben, miteinander leben ohne uns selbst aufzugeben oder einzuengen. Es muss doch möglich sein, sich zu lieben und miteinander zu leben und sich gleichzeitig gegenseitig eine gewisse Freiheit zu lassen. Wie gesagt, ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Helga |
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Blackforest | Geschrieben am: 04.01.2009 13:14 Aktualisiert: 04.01.2009 13:34 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 1927 |
![]() Stimmt!
Wir sind in einer Umbruch-Phase. Das 'Alte' geht und das 'Neue' kommt. Eine Sklaverei-Gesellschaft war noch nie gerecht! Armut ist ein Produkt davon. Ich bin froh darüber, daß sich das ändert. Konservatismus ist der Feind von Veränderung. Die 'bewahren' wollen fehlt auch die Bereitschaft zum lernen. Und wer im Leben Erfolg haben möchte, darf auch nicht aufhören zu lernen. Grüße Wolfgang End |
ghic | Geschrieben am: 04.01.2009 00:21 Aktualisiert: 04.01.2009 12:02 |
![]() ![]() User seit: 18.01.2008 aus: Braunschweig Beiträge: 124 |
![]() Lieber Wolfgang,
wenn der Zusammenbruch der Gesellschaft dadurch bedingt ist, dass sich die Frau ihre Freiheit erkämpft hat, dann wurde die Gesellschaft auf der Unfreiheit der Frau aufgebaut. Und eine Gesellschaft die auf die Unfreiheit der Hälfte ihrer Mitglieder aufgebaut ist, ist erstens immer irgendwann zum Zusammenbruch bestimmt und zweitens eine sehr schäbige Gesellschaft die es nötig hat, auf Unterdrückung aufgebaut zu sein. Klar ist, daß wir Menschen Produkt von Mann und Frau sind, das ist biologisch unverzichtbar. Dafür müssen wir aber nicht auf Kosten des einen Teils, nämlich der Frau, eine Form der Gesellschaft aufrechterhalten, nur damit sie scheinbar funktioniert. Nur Mann schreit der alten Zeit nach, denn schlußendlich ist er in seinen Augen das Opfer des femininen Egoismus. Nein, Mann sollte lernen, dass es auf ein neues Zusammenleben ankommt und deshalb anfangen eine Form der Toleranz und des Hinzulernens zu üben. Die Frauen die ihre Freiheit haben wollen sind nicht GEGEN Männer sondern fordern von ihnen bloß einen selbstverständlichen Respekt gegenüber ihren Bedürfnissen. So lange das nicht MIT Mann lebbar ist, muss es leider ohne Mann sein. Manchmal denke ich, Mann glaubt, der Sinn des Lebens für eine freie Frau sei das Leben ohne Mann, dabei ist es eher der Wunsch nach einem Leben gemeinsam mit Mann in dem sie sich und ihr ganzes Wesen für ihn nicht aufgeben muß damit er sich wohl fühlt und nichts hinzulernen muß. Männer, zieht euch an der eigenen Nase - ihr seid der Anlaß für den von euch angeklagten modernen Freiheitswahn der egostischen Frauen. Erst wenn ihr anfangt euer Verhalten zu ändern, dann kann wieder ein Schuh daraus werden. In dem Sinne...... frohes und vom Lernen geprägtes neues Jahr Ghita |
lunka | Geschrieben am: 03.01.2009 23:03 Aktualisiert: 04.01.2009 12:02 |
![]() ![]() User seit: 19.07.2007 aus: Beiträge: 1222 |
![]() weiß nicht mehr, wer das mal gesagt hat:
"wenn man mit sich selbst sich einsam fühlt, ist man in schlechter Gesellschaft" Danke, Ghita, dafür, dass ich mir durch dein Gedicht das Alleinsein nicht so schlimm vorstelle, wie vorher. Irgendwann werde ich die Erfahrung auch machen müssen, werde mich an den FAZIT in deinem Gedicht dann gern erinnern. |
manati | Geschrieben am: 03.01.2009 13:38 Aktualisiert: 03.01.2009 22:05 |
![]() ![]() User seit: 01.10.2006 aus: dem Ländle Beiträge: 4705 |
![]() Ganz genau - so ist´s!
Im zarten Alter von fast 37 Jahren bezog ich meine erstes eigenes Zimmer, gleich in Form einer Wohnung. Von Unterbrechungen abgesehen, genieße ich die dadurch erhaltene persönliche Freiheit bis heute sehr, auch wenn sie im Chaos endet! Habe nur einmal einen Mann hier einziehen lassen, er brachte mir alles durcheinander (nur die Bücher hab ich nicht verkauft) und es endete wie von Dir beschrieben... ![]() |
Erika | Geschrieben am: 03.01.2009 09:57 Aktualisiert: 03.01.2009 22:04 |
![]() ![]() User seit: 03.02.2006 aus: Beiträge: 12428 |
![]() Der erste Teil ist mein Leben - und ich genieße es. Darum verkneife ich mir den zweiten Teil, um den 3. Teil nicht erleben zu müssen...
Es gefällt mir ausnehmend gut, wie du das Leben beschreibst, Ghita. Liebe Grüße, Erika. |
Blackforest | Geschrieben am: 02.01.2009 16:32 Aktualisiert: 03.01.2009 22:02 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 1927 |
![]() Aufgehen und aufblühen als Individium scheint Mode zu sein, nachdem die Frau die Freiheit erlangte.
Ja geniese es, es hat ja auch lange gedauert, bis ins 20ste Jahrhundert hinein, die Befreiung! Die viele Singels ist das Ergebnis davon, weil sich die Ehe im Wandel befindet. Vergiß aber unsere Gesellschaft nicht, die eigendlich das Produkt von Mann und Frau ist. Grüße Wolfgang End |