....was sich manche Studentinnen von Hochschullehrern bieten lassen müssen!
Ein Kommentar zu einem aktuellen Fall
Hintergrund:
Professor Ain K. der Universität Augsburg wurde wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten und einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt.
Der 58-jährige Hochschullehrer hatte einer ukrainischen Studentin angedroht, sie würde ihre Prüfungen nicht bestehen, es sei denn…
Sie lehnt das „Sex“-„Angebot“ ab und fällt prompt bei der Klausur durch.
Ohne das abgeschlossene Studium bekommt sie aber keinen Job und muss Deutschland verlassen. Damit wären Studium, Lebens- und Berufsplanung umsonst gewesen. Das weiß der Professor und erpresst und nötigt weiter. Die Studentin ist jedoch mutig und gewitzt und geht in die nächste Besprechung mit versteckter Kamera und Mikrofon. Außerdem engagiert sie einen Detektiv. Erst danach lässt der Professor von ihr ab, geht zum Dekan und macht eine Selbstanzeige. Der Richter bleibt weiter unter dem Strafmaß, spricht den Täter vom Vorwurf der versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall frei, der Beamtenstatus des Täters bleibt so erhalten. Demnächst muss jedoch die Studentin, die ihre Prüfung inzwischen bei einem anderen Professor bestanden hat, vor Gericht. Wegen versuchter Nötigung und Bestechung!
Kommentar:
Der Fall ist wieder sehr typisch und bestätigt, dass Hochschullehrer, die sexualisierte Gewalt ausüben, ein hohes Maß an krimineller Energie und Niedertracht haben. Gerne suchen sich diese Männer die besonders verletzlichen Phasen im Studium (entscheidende Prüfungen, Magister- oder Doktorarbeiten) und/oder Studentinnen (Migrantinnen, ausländische Studierende) als Opfer heraus.
Perfide double-binds
Es ist unverständlich, warum man in diesem Fall nicht auch wegen Erpressung angeklagt hat. Völlig unklar ist auch, dass dem Täter das „Geständnis“ als positiv angerechnet wurde. Dieser hätte ohne das Beweismaterial doch nie geredet. Und genau dann hätten wir wieder einmal die klassische Aussage-gegen-Aussage-Situation! Von der wissen wir, dass es vor Gericht so ausgeht wie das berühmte Hornberger Schießen.
Fakt ist, der Täter wurde hier ausnahmsweise ertappt und versuchte danach alles, um Schadensbegrenzung (für sich!) zu erreichen; was ihm leider auch gelang.
Skandalös finde ich, dass sich die Studentin nun vor Gericht verantworten soll. Dabei heißt es immer, die Frauen sollen sich doch wehren!
Ja wie denn?
Diese hier war mal mutig und gewitzt; eine absolute Ausnahme! Prompt landet SIE nun vor Gericht und muss sich verantworten. Dafür, dass sie Schaden von sich und zukünftigen Opfern abgewendet hat?
Das bedeutet im Klartext: zum Thema „Gegenwehr“ können wir den Betroffenen absolut nichts Effektives anbieten, was garantieren würde, dass SIE - als Opfer! - am Ende nicht vor dem Kadi landen. Das ist aus psychologischer Sicht eine absolut katastrophale Botschaft. Double-Bind-Situationen. Und das noch vorprogrammiert: ‚Egal, was du tust oder ob du etwas tust oder nicht, es ist immer das Falsche.’
Ich halte das für ein Unding in diesem Rechtsstaat. Man macht die Frauen wehr- und chancenlos gegenüber solchen Kriminellen. Aber ganz sicher wird beim nächsten Fall, wo sich eine Studentin vielleicht nicht wehren konnte, der berühmte Satz kommen: „Warum hat sie sich nicht gewehrt?“
Entlarvende Sprache und falsche Problemstellung
Und schließlich die übliche Sprachführung, die deutlich darauf hinweist, dass die Verantwortlichen nicht begriffen haben, worum es hier in Wirklichkeit geht. Sie haben die Sprache des Täters kritiklos übernommen und auf dieser falschen Basis geurteilt.
Beispiele:
• er verlangte Sex,
• er wollte eine Affäre,
• er verlangt, ein sexuelles Verhältnis einzugehen,
• er hat sexuelle Dienste verlangt usw.
Was hat das, was der Täter seinem Opfer angetan hat, bitteschön mit Sexualität oder einer Affäre zu tun? Antwort: nichts.
Der Täter sexualisiert eine geplante Straftat im Bereich der sexualisierten Gewalt. So herum wird ein Schuh daraus! Da ist ein Satz wie: „Er bietet Sex an“, absolut zynisch. Was soll das für ein „Angebot“ sein? Wenn ich einem Menschen eine Ohrfeige anbiete, ist das auch ein Angebot?
Oder glaubt jemand allen Ernstes, dass dieses „Angebot“ aus der Sicht der Betroffenen etwas mit Sex oder gar mit einer Affäre zu tun hätte? Die Sache geht in den Problembereich der so genannten „Zwangsprostitution“, die jedoch nichts weiter ist als eine fortgesetzte Misshandlung von Seele und Körper; also Gewalt und Sklaverei.
M.a.W.: nimmt man die sexualisierende Darstellung des Täters und deren nachfolgende Bagatellisierung der Tat („Sexangebot“ vs. Erpressung, Nötigung, Angstmache, Existenzbedrohung) sowie der zukünftig geplanten Tat („Affäre“ vs. Vergewaltigung) weg und ersetzt sie durch die Tatbestände aus der Sicht des Opfers, dann hat man einen besonders schweren Fall von Nötigung vor sich. Mindestens!
Und es geht weiter:
Die Heimtücke des Täters wurde ebenfalls vergessen. Denn das, was der Professor da veranstaltet hat, ist heimtückisch. Sein Opfer hatte praktisch keine Freiheitsgrade. Genau auf dieser Klaviatur hat er gespielt und sich obendrein daran ergötzt.
Beispiele:
• Seine Geste, um seine „Forderung“ zu „kommunizieren“: sechs Finger in die Luft halten! Das ist nur ekelhaft und menschenverachtend.
• Dann Äußerungen wie „bei Zuneigung würde die nächste Prüfung mit Gottes Hilfe gelingen“.
Ja, er will sogar die Rolle von Gott übernehmen, als die Studentin erwidert, sie glaube nicht an Gott. So ein Mann gehört doch dringend raus aus einer Lehranstalt.
Solche Lehrenden kann und darf sich eine Universität nicht leisten.
Vorsicht Wiederholungstäter!
Dafür spricht auch seine erneut bagatellisierende Äußerung, nach der er am Ende er nur noch raus aus dem „Schlamassel“ will.
Genau diese Sprachführung zeigt, dass er überhaupt kein Mitgefühl für sein Opfer empfindet; kein Gefühl dafür, was er angerichtet hat. Er(!) sitzt angeblich in einem Schlamassel. Wie ein kleiner Junge, der irgendeinen alterstypischen Blödsinn gemacht hat.
Der Mann hat nichts begriffen und ist vor allem nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen. Hier ist ein Knackpunkt.
Dass Männer, die im Bereich der sexualisierten Gewalt Täter werden, Wiederholungstäter sind, ist übrigens lange bekannt.
Hat vor diesem Hintergrund einmal jemand gefragt, was er vor dieser Tat bereits alles verbrochen hat? Ob er nicht längst Existenzen von angehenden Akademikerinnen zerstört hat? Studentinnen in Panik versetzte, Studentinnen bereits vergewaltigte?
Fragt jemand, was er noch alles tun wird, sobald er sich wieder sicher fühlt?
Oder glaubt man ernstlich, dieser Mann würde hier zum allerersten und letzten Mal ein Studentin genötigt und belästigt haben? Das wäre dann der Glaube an Märchen.
Es ist an der Zeit, dass Hochschulen Flagge zeigen und mit dem Täterschutz aufhören. Sie haben die Pflicht, Studierende auszubilden. Studentinnen wie Studenten. Die Erfahrung von Gewalt gehört nicht dazu.
© Monika Gerstendörfer 2009
Quellen:
http://www.abendblatt.de/daten/2009/03/19/1091369.html
http://www.abendzeitung.de/bayern/94023
http://www.bild.de/BILD/news/2009/03/19/gute-noten-fuer-sex/hochschul-lehrer-erhaelt-bewaehrung.html
http://www.tz-online.de/aktuelles/bayern/tz-gute-noten-gegen-sex-bewaehrung-hochschullehrer-103471.html
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Aktueller BuchTIPP:
Monika Gerstendörfer: „Sine Laude - Sexismus an deutschen Hochschulen, Eine Kampfansage“, Diametric Verlag, ISBN 978-3-938580-19-6.
Kart.; ca. 160 Seiten
Erscheinungstermin: November 2009
EUR 19,90
Subskriptionspreis bis Erscheinen: EUR 16,90
www.diametric-verlag.de
Bestellfon +49(0)931/7841230
Bestellfax +49(0)931/7841231
email: diametric.verlag@web.de
Klappentext aus dem Buch von 1994:
„Bei sexueller Diskriminierung, Belästigung und Gewalt geht es weder um „Bettgeschichten“ noch um „erotische Beziehungen“ zwischen einzelnen Lehrenden und Studentinnen. Es geht überhaupt nicht um Sex oder gar Liebe! Es geht um Sexismus, um geschlechtsspezifische Diskriminierungen, Herabwürdigungen und Ausgrenzungen, um Erpressungen, um Karriereknicks (bevor die Karriere überhaupt begonnen hat), um blanke Unverschämtheiten; ja, und auch um Sprech- und Denkverbote.“
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User | Diskussion |
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lunka | Geschrieben am: 28.03.2009 21:16 Aktualisiert: 29.03.2009 15:19 |
![]() ![]() User seit: 19.07.2007 aus: Beiträge: 1222 |
![]() es gibt auch schwule Professoren, und sicherlich auch ukrainische Jungs (vermutlich in Unterzahl, trotzdem).
Und, durch Studiengebühren "zwingt" man manch eine Sudentin oder einen Studenten sich zu verkaufen, um Kohle für das Studium aufzutreiben. Geschickt eingefädelt, was kann ich da noch zu schreiben? Gut, dass es auch gute und ehrliche Professoren und Professorerinnen gibt, nicht alle sind so wie manch einer geiler Sack. |
MonikaGe | Geschrieben am: 27.03.2009 08:17 Aktualisiert: 27.03.2009 10:48 |
![]() ![]() User seit: 23.09.2008 aus: Beiträge: 74 |
![]() Genau, liebe Helga!
Diese Gesetze wurden vor Gericht auch verhandelt. Die Staatsanwaltschaft plädierte für 1,5 Jahre auf Bewährung. Der Richter blieb weit darunter, DAMIT dieser Prof seinen Beamtenstatus nicht verliert... Zudem sprach er ihn wg. schwerer Nötigung frei! Er sei ja geständig gewesen. Ha ha. Der redete nur, weil die Studentin ihn gefilmt hatte; dafür muss SIE nun demnächst vor Gericht. Also da frage ich mich schon, was solche Gesetze sollen, wenn am Ende das Opfer vor Gericht landet und der Täter einen Persilschein. Herzlich Monika |
Gast | Geschrieben am: 26.03.2009 14:04 Aktualisiert: 26.03.2009 19:52 |
![]() Monika, da gibt es schon Gesetze, aber die müssen natürlich auch angewandt werden.
"§ 48 BBG (Bundesbeamtengesetz) Das Beamtenverhältnis eines Beamten, der im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder 2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, endet mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn dem Beamten die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat." "§ 24 Beamtenstatusgesetz ab 01.04.09: Verlust der Beamtenrechte (1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder 2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat. (2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen." |
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MonikaGe | Geschrieben am: 26.03.2009 11:14 Aktualisiert: 26.03.2009 11:51 |
![]() ![]() User seit: 23.09.2008 aus: Beiträge: 74 |
![]() Danke für die Fallbeschreibung, liebe Brigitta!
Für das social setting "Schule" müsste man die Problematik auch einmal aufbereiten. Mir geht es momentan um die Hochschulen. Wozu ich noch keinen Kommentar gehört habe, ist die Tatsache, dass der feine Professor weiterhin seinen Beamtenstatus hat und damit von unseren Steuergeldern ein ausgezeichnetes Leben weiterführen kann. Das ist typisch und gleichzeitig ungeheuerlich. Was könnte man dagegen nur tun? Liebe Grüße von Monika |
Brigitta-B | Geschrieben am: 24.03.2009 16:47 Aktualisiert: 24.03.2009 19:18 |
![]() ![]() User seit: 23.10.2005 aus: Beiträge: 4761 |
![]() Ich kenne einen Bio-Lehrer, der sich den Ski-Lager-Aufenthalt, wo er als erwachsener Begleiter dabei war, zum Anlass nahm, die Oberstufen-Mädchen zu "besuchen" in ihren Hotelzimmern. Auch hier ging es um Prüfungsnoten: "Wenn du mit mir, dann..."
Zum Glück war die Tochter der Verwaltungsleiterin der Schule mit in dem Ski-Lager. Sie rief sofort zu Hause bei ihrer Mutter an und erzählte, was los war. Da ja nur die Oberstufe im Ski-Lager war, lief der ganze restliche Schulbetrieb weiter, d.h. Direktor etc. waren alle da. Letzterer mit sofortiger Kündigung und einem Ersatz-Lehrer als Aufpasser für den Rest des Ski-Lagers kam dann auch gleich am selben Tag angerast: Ersatz-Lehrer abgeladen, "Fummler" eingepackt, nach Hause gefahren, damit er seine sieben Sachen hat packen können und zum Flughafen gebracht, gewartet, bis der Flieger weg war. Arbeitszeugnis? Da er Amerikaner war, wurde der Vorfall beim amerikanischen Erziehungsdepartement gemeldet, d.h. der Kerl wird in USA niemals mehr einen Job an einer Schule finden. Brigitta-Barcelona |
MonikaGe | Geschrieben am: 24.03.2009 08:43 Aktualisiert: 24.03.2009 09:46 |
![]() ![]() User seit: 23.09.2008 aus: Beiträge: 74 |
![]() Liebe Helga und all anderen!
Ich wäre sehr, sehr dankbar, wenn Du mir diesen Fall - natürlich anonymisiert - beschreiben könntest. Also: was hat er getan, wie ging es Dir dabei, was hast Du getan, welche Auswirkungen hatte es? Und danke für diesen und weitere Kommentar/e! Herzlichst Monika |
Gast | Geschrieben am: 23.03.2009 19:09 Aktualisiert: 23.03.2009 21:36 |
![]() Vorab, ich stimme dir in allem vollkommen zu. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber es gibt Studentinnen, die sich den Umstand, dass Profs hier tätig werden zu Nutze machen und es gibt auch Profs, die nicht darauf eingehen.
Eine angehende Lehrerin, mit uns sehr gut bekannt und bekannt dafür, dass sie ihre weiblichen Reize für das Erreichen ihrer Ziele einsetzt, ist da ganz schön auf die Nase gefallen. Das ist natürlich ein Einzelfall. In der Regel nutzen die Profs ihre Position aus und nicht umgekehrt. Auch mir ist das schon vor über 30 Jahren passiert. Da ich keinerlei Interesse an einem Verhältnis mit einem ekligen ältlichen Herren hatte, hab ich ganz schön Probleme in einem Studienfach gehabt. Ich kann das gut nachvollziehen deshalb und wundere mich, dass sich nichts aber absolut gar nichts geändert hat. Helga |
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