Ghita Cleri - Gedanken im Frühling

Datum 06.05.2010 18:42 | Kategorie: Texte

Wenn ein guter Freund für immer geht, dann bleibt einen Augenblick lang die Zeit stehen, es wird etwas dunkler und Gedanken kommen, die meist verdrängt im Hintergrund der Ängste lauern.
Es ist die Zeit des Abschieds, das Loslassens und des Nachfühlens. Selbtsvorwürfe wegen verpaßter Gelegenheiten, vernachlässigtem Hinterfragen, des verdrängten Wahrnehmens und der verschobenen Hilfestellung machen es nicht ungeschehen und schaffen Gräben die ohne Sinn sind und nichts mehr ändern können.
Ich sitze nun hier und schaue in die Helle eines Frühlingsgefüllten Aprilmorgens und weiß, daß mich in Zukunft nur noch die Erinnerung an diesen Freund in solchen Augenblicken begleiten wird. Er wird das nicht mehr genießen können - ist für immer gegangen.

So scheint heute die Sonne auch auf auf die Schatten meines Herzens.

Und doch ist alles schön und gut, das leichte helle Grün der Knospen und jungen Blätter kitzelt meine Augen, Magnolienblüten prall und stolz, laden mich zum Innehalten ein, schon rieseln die ersten Blüten wie zartrosa Schnee auf die rissigen grauen Bürgersteige und ich schaue mit einem entzückten Lächeln auf die Wiese vor meinem Fenster, in der die Fühlingsblumen um die Wette blühen.
Der leichtblaue Himmel schmückt sich mit einem feinen Dunst und ich kann die frischgemähten satten grünen Halme riechen von dem Rasen etwas weiter weg von hier.

Das Leben platzt aus alles Nähten, so kommt es mir vor. Es läßt sich nicht zurückhalten, es ist wie jedes Jahr und jedes Jahr doch immer wieder neu.

Ich zähle die Frühlinge meines Lebens, der bewußt gelebten sind es wenige auch wenn es schon viele insgesamt sind.
Wie oft geht man an diesem Wunder vorbei?
Wie oft erkennt man erst spät den Wert?
Reicht es, einfach nur älter zu werden um es zu bemerken oder ist mehr erforderlich, als die bloße Ansammlung von Lebensjahren?

Wieder schaue ich aus dem Fenster und nehme wahr, was die Natur mir bietet.
Alles ist kostenlos, alles geschenkt alles für jeden und alles für mich.

Ein wahrer Grund für Dankbarkeit.


Er fehlt.

© Ghita Cleri



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