Mascha Kurtz- Lob der Hausfrau?

Datum 04.05.2007 11:36 | Kategorie: Texte

Familienarbeit ist ein Fundament unserer Gesellschaft, darüber muss man nicht mehr diskutieren. Auch nicht darüber, dass diese Arbeit zu wenig anerkannt wird – von Politik, Gesellschaft, dem eigenen Mann, ganz zu schweigen von den undankbaren Sprösslingen. Man muss es aber immer wieder sagen, auf die Gefahr hin, als frustiert abgestempelt zu werden.
Wenn man gehört werden will, muss man sich zusammentun – in einer Hausfrauengewerkschaft zum Beispiel. Die gibt es in Deutschland schon über 25 Jahre und seit 2004 auch in der Schweiz ( Hausfrauengewerkschaft.ch ). Eine gute Sache, sollte man meinen, und in Vielem kann man den Absichten der Gewerkschaft zustimmen. Aber wenn man sich ihre Ziele näher betrachtet, schleicht sich Unbehagen ein. Da wird allenfalls ein Teilzeitjob toleriert, eine „mehrheitliche Fremdbetreuung“ der Kinder als geradezu schädlich angesehen. Auf der Seite „Lesestoff“ findet man (allerdings nicht nur) Artikel verschiedener Publikationen, die das Lob der Nur-Hausfrau singen. Die Zeitschrift „Annabelle“ ruft die „neue Hausfrau“ aus, die keine Lust auf Doppelbelastung hat und findet, dass der Hausfrauenberuf eine „größere Gestaltungsfreiheit“ bietet (ich kenne keine Arbeit, die fremdbestimmter ist, ausser vielleicht am Fließband) – allerdings werden in „Annabelle“ auch die Schattenseiten nicht verschwiegen. In der Coop-Zeitung dürfen dagegen passionierte Hausmütterchen ihre Top-Five der Hausarbeiten aufstellen („ich bin verliebt ins Fensterputzen“).

Um dem zu großen Druck zu entgehen, der entsteht, wenn man Familie und Beruf vereinbaren will, weicht die Frau zurück an den Herd und verklärt ihr Hausfrauendasein zum Lifestyle, statt bessere Infrastrukturen für arbeitende Mütter zu fordern. Dabei darf man nicht vergessen, dass viele Frauen es sich gar nicht leisten können, zu Hause zu bleiben, weil die Familie ohne ein zweites Einkommen nicht über die Runden kommt. Wenn diese Superhausfrauen verkünden, nur die ständige Präsenz der Mutter garantiere glückliche Kinder, welches Licht wirft das auf die Frauen, die arbeiten gehen müssen?

Auch die Gewerkschaftshausfrauen sagen, sie seien nicht grundsätzlich gegen ausserhäusliche Kinderbetreuung. Wenn die Frau wirklich arbeiten wolle (igitt!) oder müsse oder die Familienverhältnisse schwierig seien, sei ein Hort natürlich eine gute Sache.

Sicher, jeder kann sein Leben so einrichten, wie es das Einkommen erlaubt und die persönlcihe Überzeugung gebietet. Mit Haus, Garten und Kindern ist ein Mensch mehr als ausgelastet, und wie schon erwähnt, kann die unglaubliche Leistung, die von Familienmüttern unentgeltlich erbracht wird, nicht genug gewürdigt werden. Aber Frauen, die sich ganz auf die häusliche Sphäre konzentrieren, schneiden sich langfristig ins eigene Bein.

Sie stehen nämlich dumm da, wenn der Gatte sich trennt oder sie selbst sich scheiden lassen wollen: Obwohl man als Familienfrau stressresistent ist, über hervorragende Kenntnisse in Menschenführung, Projektleitung und -koordination sowie Konfliktmanagement besitzt, wird man nach Jahren fern des Arbeitsmarktes Probleme haben, einen menschenwürdigen Job zu finden. Wer nicht dranbleibt, verliert den Anschluss an neue Technologien und Entwicklungen.

Es gibt sie zwar noch, die Ehen, die ein Leben lang halten, aber eine Frau, die sich die Möglichkeit erhalten will, sich trennen zu können, ohne in Armut zu sinken, die nicht gezwungen sein will, aus finanzieller Abhängigkeit bei einem ungeliebten Sesselpupser ausharren zu müssen, sollte auf keinen Fall ganz aufhören, sich weiterzubilden.

Fähigkeiten und Begabungen, die brachliegen, verkümmern. Auch deswegen sollten Frauen ihren Horizont nicht an der Wäscheleine enden lassen. Als Hausfrau braucht man viele Talente, aber ein Leben in einer Aussenwelt, in der sich nicht alles um Kindererziehung und Kochrezepte dreht, tut jedem Menschen gut, der seine Persönlichkeit entfalten will. Es mag Frauen geben, die völlig in ihrer Hausfrauenrolle aufgehen – getroffen habe ich allerdings noch keine.



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