Brigitta Pucher - Deutsche in Spanien

Datum 20.05.2008 11:28 | Kategorie: Texte

Da ich im Nachbardorf der Deutschen Schule von Barcelona lebe, begegne ich sehr vielen Deutschen rundherum.
Jawohl, Dorf, auch wenn es zwischenzeitlich mehr oder weniger verwachsen ist mit Barcelona, es hat seinen dörflichen Charakter behalten, somit „kennt“ man sich halt, wenn auch nur vom Sehen, z.B. in der Bäckerei, die ein paar wenige Tische drin stehen hat, wo man gemütlich Kaffee trinken und Zeitung lesen, bzw. dem Geschimpfe der deutschen Mütter am Nebentisch zuhören kann. Man kennt sie ja seit Jahren, kennt auch das Geschimpfe seit Jahren:

Die Spanier sind das Letzte vom Letzten, sie haben einfach keine Kultur, keine Erziehung, gar nichts.
Glaubst du, ich hätte in all den Jahren, die ich nun hier bin, jemals eine g’scheite Bratwurst gefunden? Aber nix du, das kriegen die doofen Spanier einfach nicht hin.
Du sagst es, die schaffen es ja nicht mal, ein Schnitzel so zu schneiden, dass man es selbst zu Hause panieren könnte, um ein Wienerschnitzel zuzubereiten!

.... und so weiter und so fort. Irgendwann müssen dann auch diese „Damen“ zur Kasse, um ihre Konsumation zu bezahlen. Huch, so lange schon hier in Spanien und immer noch kein g’scheites Spanisch sprechen?

Kein Wunder, dass sie die Kultur und die Erziehung der Spanier weder mitkriegen noch verstehen. Ganz logisch, wenn man die Sprache des Gastlandes nicht spricht. Und wir sind nun mal Gäste in diesem Land. Egal, woher wir kommen, egal, wie lange wir schon hier sind.
Es ist auch ganz klar, dass sie weder eine g’scheite Bratwurst noch ein richtig geschnittenes Schnitzel finden. Die Bratwurst gibt es entweder vakuum-verpackt (recht ungenießbar) oder auf dem riesigen Markt (sehr gut) in der Stadt. Das Schnitzel gibt es bei jedem halbwegs normalen Metzger. Aber man muss halt mit ihm reden können, ihm erklären, was man will.

Dies gilt jedoch alles nicht nur für die „Deutschen in Spanien“, es gilt für sämtliche Ausländer in einem Gastland.

Was ich immer am schlimmsten empfinde, sind diejenigen, die vom ersten bis zum letzten Tag jammern, dass zu Hause alles besser sei. Dann sollen sie doch ihre Koffer packen und heim gehen! Diejenigen, die absolut nicht anpassungsfähig sind, es auch nicht sein wollen, sind die Amerikaner. Ich kannte sie ja als sehr liebenswerte und herzensgute Menschen, bevor ich nach Barcelona kam, da ich zuvor in USA gelebt hatte. Lernte sie hier an der Schule unserer Kinder von einer total anderen Seite kennen. Hätte ich den Amerikaner von vorher nicht gekannt; mit dem, den ich hier kennenlernte, hätte ich niemals in meinem Leben etwas zu tun haben wollen.

© Brigitta Pucher



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