Ursula Tallafuß - Standard Life

Datum 09.11.2007 09:35 | Kategorie: Texte

Ich wäre heute gerne ein Vogel. Ein Adler oder eine Wildgans vielleicht.
Dann würde ich mich erheben, drei Kreise um bezeigtes Haus oben fliegen und nachher ein großes Kleckserl drauf machen.
Ich wäre aber auch gerne eine Maschine, dann würde ich reibungslos funktionieren in dem Haus – ich bin aber keine Maschine. Reibung erzeugt zuerst Wärme, dann Hitze, man hört es knacken, es krachen, sieht die Risse.
Das Haus bricht. Wehrt sich kein bißchen. Schlägt nicht mit seinen Ziegeln um sich. Klappert nicht verzweifelt mit den Fenstern. Behält den Kopf oben während es in sich zusammenbricht.
Soll man es bewundern oder soll man es auslachen?
Beides.
So wie man es aus tiefstem Herzen hasst.
Und es aus tiefstem Herzen liebt.
Schade dass ich kein Vogel bin, sehr schade.
Aber ich kann unmöglich auf mich selber klecksen, mich selber brechen.
Das verbietet mir mein wildes Herz.
Was wissen die im Haus denn schon von mir und viel wichtiger: Was wollen sie von mir wissen?
Nur die Dinge, die ihren Schlaf nicht stören. Dinge, die sie einordnen können.
Da plötzlich helfen sie zusammen. Merken wie viele sie sind, da drinnen in dem Haus.
Schnappen den Vogel und nehmen es in Kauf, dass sie ihm dabei einen Flügel brechen – im Namen der Ordnung.
Hätte ich meinen Schnabel denn halten sollen?
Hätte ich ihn gehalten, hätte ich niemanden verletzt.
Ich sage: Der Vogel hat aus Notwehr gehandelt.
Und vielleicht ist das auch alles, was er selbst zur Rechtfertigung seiner Existenz braucht – dass er ihren Schlaf stört.
Vielleicht ist das gut, vielleicht ist es wirklich das einzige, was zählt.
Vielleicht ist es aber auch schlecht.
Selig preisen wir die Perfekten.
Ach, scheiß doch wirklich drauf.
MfG, Mit freundlichen Grüßen, bevor wir fallen, fallen wir lieber auf.



© Ursula Tallafuß





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