Journalisten sitzen in den Bäumen und wollen nur eins: ein Foto von der 42-jährigen Frau mit dem Aussehen einer Mittsechzigerin. Durchsichtige Haut, verfaulte Zähne, 24 Jahre ohne Licht und ohne Hoffnung. Sissi aus dem Keller.
Liebste Josephine,
schick´ mir bloß keine Alibi-Blümchen zum Muttertag, nur weil wir derzeit nicht zusammen sein können! Ich weiß auch so, dass Du mich lieb hast. Mich nervt dieser von der Blumen- und Pralinen-Industrie gesponserte Gedenktag! Massen, die einmal im Jahr ihr schlechtes Gewissen beruhigen. So ein Schwachsinn!
Wir hatten beschlossen, den Samstag gemeinsam herumzubringen, meine Schwägerin und ich mit unseren Kindern. Unsere beiden Männer mussten trotz des Wochenendes arbeiten, es regnete und war eiskalt. Ein idealer Tag fürs Kino, dachten wir.
Es war einmal eine kleine Insel mitten im Atlantik. Am Fuße der vulkanischen Berge, lag ein kleines Dorf. Umgeben von Bananenplantagen, und vor sich die unendliche Weite des Meeres, plätscherte das Leben südländisch vor sich hin.
Ich hatte ja hier schon angekündigt, mich über das Buch von Josephine Man muss die Welt nicht verstehen, man muss bloß in ihr zurechtfinden, noch mal zu lamentieren. Jetzt geht das zwischen leerem Koffer und Showdown vor dem Abflug.
Lydia – Lü – lebt im antiken Griechenland. Das aufgeschlossene Mädchen mit den für das Teenageralter typischen Ich-will-mich-aber-nicht-fügen-Zügen liebt das Theater, darf allerdings, weil weiblich und vor längst vergangenen Zeiten, ihrer Leidenschaft nicht nachgehen, die ausschließlich den Männern vorbehalten ist.
Vor ziemlich genau zwei Jahren, um die Osterzeit herum, haben wir für unsere Kinder einen Hasen besorgt. Wir hatten genug von überzüchteten Zwergkaninchen und rotäugigen Meerschweinchen, darum holten wir von einem benachbarten Bauern einen Deutschen Riesen, der alsbald seinem Namen Goliath gerecht wurde und sich zu einem kapitalen Rammler auswuchs, der unseren Hund an Größe überragte und von den Jungs nur mühsam herumgeschleppt werden konnte.
Scheidungen sind immer ein aktuelles Thema. Nein, ich spreche nicht über das eben erschiene Buch meiner Tochter Josephine „Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich bloß in ihr zurechtfinden“. Obwohl sich der Titel wieder einmal bestätigt, denn ich verstehe die Welt nicht mehr. Zwei Meldungen sprangen mir ins Auge:
Es ist Sonntag Abend, kurz nach Neujahr - vier Stunden im Zug von Süden nach Norden
Mir war danach, mit Deiner Feder zu schreiben, die, die Du mir an Weihnachten geschenkt hast. Stell Dir vor, ich brauche mittlerweile sogar eine Brille dazu, unbegreiflich!
Ich stehe zirka 2 Meter von meinem Hund entfernt und sage: „Frischhaltefolie.“ Müde hebt er das Augenlid und schließt es langsam wieder. Streng sage ich nun: „FRISCHHALTEFOLIE!“ Er stellt das Ohr auf und guckt mich ziemlich dämlich an. Bei dritten Mal flöte ich „Frischhaltefolie?“ im lieblichsten Ton. Na endlich, mein Hund erhebt sich und kommt wedelnd auf mich zu. 3 Punkte für das Sprachverständnis!
Die Bedeutung des Miteinander-Redens
Josephine Kroetz' Debutroman
Von Susan Müller
"Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich bloß in ihr zurechtfinden" - ein anspruchsvoller Titel für ein Buch, das Seite um Seite bestätigt: Der Mut zu einem so vielsagenden Satz ist gerechtfertigt, und wie absolut zutreffend er ist, wird vor den Lesern auf erzählerisch kunstvolle Art entfaltet.